Die Deutschen und das Händewaschen: Aus der Pandemie nichts gelernt?
Viele Menschen in Deutschland nehmen es mit der Handhygiene nicht so genau. Das hätte sich durch die Aufklärungskampagnen während der Corona-Zeit eigentlich ändern sollen – doch das Gegenteil ist der Fall.
Kurz die Hand unter fließendes Wasser halten: Zum Schutz vor Infektionskrankheiten reicht diese Form der Handhygiene nicht aus.
Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen es alle: Zum Schutz vor ansteckenden Infektionskrankheiten sollte man sich regelmäßig und prinzipiell nach jedem Toilettengang die Hände waschen. Und das gründlich: mindestens 20 Sekunden lang mit Wasser und Seife, sowohl die Handflächen als auch die Fingerzwischenräume.
Doch dieses Wissen wird erschreckend selten umgesetzt, wie eine aktuelle wissenschaftliche Erhebung der privaten SRH Hochschule Heidelberg nun schon zum zweiten Mal zeigt. Bereits im Jahr 2018 untersuchte das Forschungsteam die Handhygiene der Deutschen, nun legte es die Untersuchung neu auf. Das Ergebnis war damals wie heute ernüchternd. Die intensiven Aufklärungskampagnen während der Pandemie haben offenbar zu keiner positiven Veränderung geführt. Stattdessen wäscht die Bevölkerung ihre Hände heute sogar noch schlechter als zuvor.
Frauen achten mehr auf Hygiene als Männer
Die aktuelle Erhebung verlief nach demselben Muster wie schon im Jahr 2018. Damals beobachteten Studierende der Hochschule in einem Zeitraum von einem Monat unauffällig das Händewaschverhalten von 1.000 Besuchenden öffentlicher Toiletten in und um Heidelberg. Die dabei erhobenen Daten wurden unter der Leitung von Frank Musolesi, Psychologieprofessor an der SRH, ausgewertet.
Basierend auf diesen Vergleichswerten konnte nun nachvollzogen werden, wie sich die Handhygiene in Deutschland seit 2018 entwickelt hat. Damals verzichteten im Schnitt sieben Prozent aller beobachteten Personen nach der Toilettenbenutzung auf Wasser und Seife. 2023 stieg dieser Anteil um drei Prozentpunkte auf zehn Prozent.
Schon in der Vorgängerstudie 2018 fiel ein deutlicher Unterschied zwischen den Geschlechtern auf: Während damals 82 Prozent der Frauen ihre Hände wuschen, waren es bei den Männern nur 51 Prozent. An dieser Diskrepanz hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Auch bezüglich der Qualität der Reinigung schnitten Frauen besser ab.
Die meisten beobachteten Personen gingen falsch vor und wuschen sich die Hände nicht lang und nicht gründlich genug. Unter den Frauen nahmen immerhin 15 Prozent die Handhygiene ernst genug, um sich an die Empfehlungen zu halten. Unter den Männern waren es lediglich sechs Prozent.
Nachholbedarf beim Händewaschen
„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass die Notwendigkeit einer gründlichen Handhygiene dringender ist, denn je“, sagt Musolesi. Obwohl wieder mehr Corona-Fallzahlen verzeichnet würden, wachse der Anteil der Menschen, die das Waschbecken nach dem Toilettengang links liegen lassen. Das unterstreiche, dass es nötig sei, das Bewusstsein für die Bedeutung des Händewaschens weiter zu stärken und bessere Gewohnheiten zu etablieren.
Eigentlich hatte das Studienteam damit gerechnet, dass durch die Aufklärungskampagnen im Zuge der Corona-Pandemie die Zahl der „Händewaschverweigerer“ signifikant abgenommen hätte. Dass nun das Gegenteil der Fall ist, überrascht sie sehr und wirft Fragen zur Wirksamkeit der Maßnahmen auf – und dazu, welche anderen Mittel die Menschen nachhaltiger für das Thema sensibilisieren können.
Da es sich bei der Forschungsarbeit um eine reine Beobachtungserhebung handelt, könne er nur darüber spekulieren, was eine Verbesserung des Händewaschverhaltens herbeiführen könnte, so Musolesi. „Ich kann mir vorstellen, dass durch gezielte Aufklärung über audiovisuelle Verfahren – digitale Infoscreens, Deckenlautsprecher oder Plakate – etwa in Raststätten und Bahnhöfen auf längere Sicht entsprechende Gewohnheiten zum richtigen Händewaschen aufgebaut werden können“, sagt er.
Ob diese Strategien wirklich Wirkung zeigen, will die Forschungsgruppe um Musolesi im kommenden Jahr im Rahmen einer weiteren Erhebung untersuchen.