Gender Gap: Frauen sind beim Sport im Vorteil
Wer Sport treibt, lebt länger. Frauen haben dabei einen ganz entscheidenden Vorteil.
Frauen sind in unserer Gesellschaft häufig im Nachteil: Sie bekommen weniger Lohn, sind bei der Altersvorsorge benachteiligt und werden weniger in wissenschaftlichen Datenerhebungen berücksichtigt als Männer. All diese Phänomene sind Symptome des Patriarchats und Zeichen einer sogenannten „Gender Gap“ – einer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.
Nun konnte eine Studie aus den USA und China eine solche Ungleichheit einmal in die andere Richtung nachweisen: Männer haben Frauen gegenüber Nachteile bei der Steigerung ihrer Lebenserwartung durch sportliches Training – man könnte sozusagen von einer „Gender-Exercise-Gap“ sprechen. Frauen müssen insgesamt weniger Sport treiben als Männer, um den gleichen Erfolg für ihre Gesundheit zu erzielen. Das überraschende Ergebnis erschien in der Zeitschrift Journal of the American College of Cardiology (JACC).
Frauen, die Sport treiben, leben länger
Die Wissenschaftler*innen vom Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles, USA, und von der Tsinghua Universität in Peking untersuchten in der Studie, wie sich körperliche Aktivität auf die Lebenserwartung der Geschlechter auswirkt. Dabei berücksichtigten sie Häufigkeit, Dauer, Intensität und Art der körperlichen Aktivität. Die Forschenden arbeiteten mit Datensätzen von über 400.000 Erwachsenen aus den USA, die aus der Datenbank des National Health Interview Survey (NHIS) stammen, einer jährlichen Erhebung zum Gesundheitszustand von US-Amerikaner*innen.
Galerie: Ein Blick in die vergessenen Olympiastadien

Das allgemeine Ergebnis überrascht zunächst weniger, da es deckungsgleich mit anderen Befunden der letzten Jahre ist: Erwachsene, die irgendeine Form von regelmäßiger physischer Aktivität in ihren Alltag einbauen, haben ein niedrigeres Sterberisiko als solche, die sich nicht regelmäßig bewegen. Doch: „Interessanterweise wurde das Sterberisiko durch sportliche Betätigung bei Frauen um 24 Prozent und bei Männern lediglich um 15 Prozent gesenkt“, so Susan Cheng, Leiterin des Institute for Research on Healthy Aging am Smidt Heart Institute und Hauptautorin der Studie.
Männer müssen mehr als doppelt so viel trainieren wie Frauen
Das bedeutet: Männer müssen länger oder öfter trainieren als Frauen, um einen ähnlichen Vorteil für ihre Gesundheit zu erreichen. „Männer erreichen den maximalen Überlebensvorteil, wenn sie sich 300 Minuten pro Woche mäßig bis stark bewegen, während Frauen den gleichen Nutzen aus 140 Minuten pro Woche ziehen“, sagte Martha Gulati, Leiterin der Präventivkardiologie in der Abteilung für Kardiologie im Smidt Heart Institute am Cedars-Sinai und Co-Autorin der Studie.
Die Forschenden untersuchten Ausdauer- und Krafttraining genauer. Während bei Frauen schon zweieinhalb Stunden mäßige Bewegung pro Woche ausreichen – zum Beispiel schnelles Gehen oder Radfahren –, müssen sich Männer etwa fünf Stunden pro Woche diesen Aktivitäten widmen, um den gleichen Überlebensvorteil zu erzielen. Ähnliches gilt für muskelstärkende Übungen wie Gewichtheben: Um den maximalen Nutzen des Trainings zu erreichen, reicht es für Frauen, etwa einmal pro Woche ins Fitnessstudio zu gehen. Männer dagegen müssen den Gang ins Fitnesscenter dreimal pro Woche antreten, um denselben gesundheitlichen Effekt zu erreichen.
Bewegung im Alltag: Kleine Schritte, großer Nutzen
Und damit nicht genug: Wenn Frauen sich – wie Männer – bis zu 300 Minuten pro Woche bewegen, steigt ihr Überlebensvorteil sogar noch. „Das Schöne an dieser Studie ist die Erkenntnis, dass Frauen aus jeder Minute mäßiger bis starker Aktivität mehr herausholen können als Männer“, sagt Gulati.
Die Forschenden hoffen, dass sie mit ihrer bahnbrechenden Studie Frauen, die sich derzeit noch nicht regelmäßig körperlich betätigen, zu mehr Bewegung im Alltag motivieren können. Mit jedem Schritt und jeder kleinen Übung können Frauen bereits einen enormen Nutzen für ihre Gesundheit erzielen – und dadurch länger und fit leben.
