7 Fakten über Haare, die (fast) keiner kennt

Wie lang kann ein Haar wirklich wachsen? Wie viel Haarausfall ist normal? Und inwiefern kann ein Haar das Risiko das für einen Herzinfarkt bestimmen? Ein haargenauer Blick auf die Köpfe der Menschen.

Warum werden unsere Haare grau? Was bestimmt, ob wir Locken oder glatte Haare haben? Unser Haar steckt voller Mysterien – und kann sogar Informationen zu unserer Gesundheit speichern.

Foto von Кристина Павлова / Adobe Stock
Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 6. März 2024, 09:04 MEZ

Von blond bis schwarz, glatt bis lockig, Glatze bis Afro: Unsere Haarpracht ist so vielfältig wie unsere Charaktere. Das menschliche Haupthaar erfüllt schon lange nicht mehr nur eine Schutzfunktion, sondern ist seit Jahrtausenden auch Fashion Statement, Persönlichkeitsausdruck oder politisches Zeichen. Abseits von Style-Entscheidungen ist unser Kopfhaar gleichermaßen biologischer Spiegel unseres Gesundheitszustands als auch unseres Alters. 

Tagtäglich beschäftigen wir uns mit unserer Frisur, trotzdem bleiben Fragen offen: Warum, zum Beispiel, unterscheiden sich Haarfarben von Mensch zu Mensch und wieso sind unsere Haare nicht von Natur aus blau? Was bestimmt, ob wir Locken, Wellen oder glatte Haare haben? Und warum bekommen Männer häufiger Haarausfall? 

Wir gehen den Mysterien unserer Kopfbehaarung auf den Grund. 

Inhalt

Warum haben wir so viele Haare auf dem Kopf – und an anderen Stellen weniger?

Unsere Körperbehaarung ist ein Relikt der Evolution, erfüllt allerdings nach wie vor eine wichtige Funktion. Haare an Armen und Beinen können beispielsweise wärmen, indem sie sich bei Kälte aufstellen und dadurch die vom Körper erwärmte Luft an der Hautoberfläche halten. Wimpern, Augenbrauen, Ohren- und Nasenhaare schützen uns vor Krankheitserregern, die sich im Staub und Schmutz der Umwelt befinden. Und unser Kopfhaar schützt unsere empfindliche Kopfhaut – zum Beispiel vor einem Sonnenbrand. 

Laut einer Statistik der deutschen Online-Plattform Statista herrscht allerdings ein großes Ungleichgewicht zwischen den Mengen von Wimpern, Körperhaaren und Kopfhaaren. So besitzt ein Mensch rund 420 Wimpernhärchen, 25.000 Körperhaare und zwischen 90.000 und 150.000 Kopfhaaren. Die genaue Anzahl variiert je nach Haarfarbe. Blonde Personen haben mit durchschnittlich 150.000 Haaren das meiste Haupthaar – aber das dünnste –, gefolgt von brünetten (110.000 Haare) und schwarzhaarigen (100.000 Haare) Personen. Rothaarige besitzen die wenigsten Kopfhaare: rund 90.000.

Doch wieso haben wir knapp vier- bis sechsmal so viele Haare auf dem Kopf wie am gesamten Rest des Körpers? Das ist – genauso wie die Ursache des evolutionären Rückgangs unserer Behaarung – bis heute nicht abschließend geklärt. Wissenschaftler*innen vermuten, dass das menschliche Haar an allen Körperstellen durch DNA-Mutationen zurückging, als der Mensch erstmals in heißen Regionen wie Afrika unterwegs war. Auf dem Kopf blieben sie allerdings in voller Pracht: vermutlich zum Schutz der Kopfhaut vor schädlichen UV-Strahlen in den sonnigen, warmen Gebieten. 

BELIEBT

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    Wie lang können Haare werden?

    Die Wachstumsphasen unserer Haare sind unterschiedlich lang: Während Wimpern nur circa 100 bis 150 Tage lang wachsen und am oberen Lid etwa eine Länge von acht bis zwölf Millimetern erreichen, können Kopfhaare ganze zwei bis sechs Jahre lang wachsen und durchschnittlich etwa einen Meter lang werden. 

    Hat ein Haar die Wachstumsphase, auch Anagenphase genannt, beendet, gelangt es in die zwei- bis vierwöchige Übergangsphase – die sogenannte Katagenphase. In dieser wird das Haar von der Blutversorgung getrennt und landet anschließend in der Ruhephase, auch Telogenphase genannt. In dieser Zeit wird die Stoffwechselaktivität des Haarfollikels eingestellt, wodurch das Haar im Durchschnitt nach drei Monaten ausfällt. Insgesamt befinden sich ständig etwa acht bis vierzehn Prozent der Kopfhaare in dieser Phase. So hat auch eine gesunde Person stetig natürlichen Haarausfall – bei Erwachsenen handelt es sich um etwa 70 bis 100 Haare am Tag. 

    Verstärkter Haarausfall – ein männliches Phänomen?

    Obwohl jede Person ein bisschen von natürlichem Haarausfall betroffen ist, fallen vor allem Männern mit zunehmendem Alter die Haare aus – und zwar langfristig. Sie tendieren zu ausgeprägten Geheimratsecken bis hin zur (Halb-)Glatze. Der häufigste Grund: erblich bedingter Haarausfall. Schuld daran sind bestimmte Genvarianten, von denen fünf signifikante erst kürzlich von einem Bonner Forschungsteam entdeckt wurden. Seine Studie, die 2023 in der Zeitschrift Nature Communications erschien, deutet darauf hin, dass Gene, die seltene Erbkrankheiten auslösen können, auch bei der Entstehung des männlichen Haarausfalls eine Rolle spielen könnten. 

    Kürzlich zeigte eine Studie der Tsinghua University in Peking allerdings: Haarverlust muss nicht immer genetische oder krankheitsbedingte Gründe haben. Auch der Konsum zuckerhaltiger Getränke könnte – besonders bei Teenagern und jungen Männern zwischen 13 und 27 Jahren – dazu beitragen. Schon eine Cola, ein Energy-Drink oder ein Saft pro Tag könnte laut den chinesischen Wissenschaftler*innen dafür sorgen, dass das Haarausfallrisiko um 30 Prozent steigt. Je mehr zuckerhaltige Getränke ein Mann in der Studie konsumierte, desto höher wurde sein Risiko im Gegensatz zu Männern, die keine gesüßten Drinks zu sich nahmen. 

    Ist verstärkter Haarausfall also ein rein männliches Problem? Nicht unbedingt. Eine Studie der Universität Zürich, an der über 800 Frauen teilgenommen haben, ergab, dass weibliche Personen im Herbst unter stärkerem Haarverlust leiden als sonst. Der Grund für diesen saisonalen Haarausfall: die Ruhephase der Haare. Laut den Forschenden sind im Juli die meisten Haare in der Telogenphase – etwa 24 Prozent. Dadurch ist die Haarpracht im Sommer am dichtesten und schützt uns vor der UV-Strahlung der Sonne, im Herbst fallen dann jedoch vermehrt Haare aus. Schuld daran sind vermutlich die kürzeren Tage – und damit ein Mangel an dem vorher so reichlich vorhandenen Vitamin D. 

    Galerie: Historische Kopfbedeckungen: Gut behütet durch die Zeit

    Lockig vs. glatt: Wie entsteht unsere Haarstruktur?

    Die einen haben so glatte Haare, dass nicht einmal ein Haargummi hält, die anderen haben eine regelrechte Krause, die kaum zu bändigen ist. Welche Haarstruktur eine Person besitzt, hängt mit dem Querschnitt ihres jeweiligen Haares zusammen. Menschen mit glatten Haaren haben runde Haarfasern. Je ovaler oder unregelmäßiger der Querschnitt ist, desto welliger oder lockiger wird das Haar. 

    Im Laufe des Lebens kann sich die Haarstruktur sogar wandeln – durch altersbedingte Veränderungen in den Haarfollikeln. Diese sind größtenteils erblich bedingt, können aber auch manchmal durch Hormonveränderungen oder äußere Faktoren wie bestimmte Shampoos ausgelöst werden. 

    Wodurch entsteht unsere Haarfarbe?

    Welche natürliche Haarfarbe eine Person hat, hängt von ihrem jeweiligen Melaningehalt in den verhornten Zellen ab. Melanine sind die Farbpigmente, die unserer Haut und unseren Haaren ihre charakteristische Farbe geben. Sie werden von sogenannten Melanozyten in den Haarfollikeln – Strukturen, die die Haarwurzel umgeben – produziert. Unterschieden wird dabei zwischen zwei verschiedenen Melanintypen: dem Eumelanin, dem Schwarz-Braun-Pigment, und dem Phäomelanin, dem Rot-Gold-Pigment. 

    Je nachdem, in welchem Mischungsverhältnis die beiden Melanintypen stehen, entstehen die natürlichen Haarfarben. Menschen mit braunen Haaren haben zum Beispiel viele der großen Eumelanin-Farbpigmenten, während die Melanozyten von Menschen mit roten Haaren mehr von den feineren Phäomelanin-Farbpigmenten produzieren. Die vorhandenen Melanintypen erklären außerdem, warum wir von Natur aus lediglich schwarze, braune, blonde oder rote Haare haben können – aber keine blauen. 

    Bestimmt wird der jeweilige Melaningehalt durch unsere Gene. Laut einer gemeinsamen Studie der Universität Rotterdam und dem King’s College London aus dem Jahr 2018 beeinflussen insgesamt 124 Genregionen unsere Haarfarbe. Bereits durch kleinste Mutationen in einer dieser Regionen kann die Haarfarbe verändert werden. Gemäß einer Studie der Stanford University in den USA steuert beispielsweise eine Punktmutation in einer dieser Genregionen, wie aktiv das sogenannte KITLG-Gen ist, das für die blonde Haarfarbe der meisten Nordeuropäer*innen verantwortlich ist. 

    Allgemein geht man davon aus, dass etwa 90 Prozent der Weltbevölkerung braunes oder schwarzes Haar haben. Rothaarige Personen sind dagegen sehr selten: Sie machen nur ein bis zwei Prozent der Weltbevölkerung aus. 

    Warum werden Haare grau?

    Im Laufe des Lebens färben sich die Haare der meisten Menschen grau. Schuld daran sind in den häufigsten Fällen Alterungsprozesse. Bislang vermutete man hinter dem Phänomen eine Abnahme der Melaninkonzentration, erklären konnte man diese allerdings nicht. Forschende der New York University in den USA konnten 2023 aufklären, welcher Mechanismus dahintersteckt. 

    In ihrer Studie, die in der Zeitschrift Nature erschien, schreibt das Forschungsteam, dass die Ursache für das Ergrauen in den Melanozyten-Stammzellen liegt. Diese reifen normalerweise zu Melanozyten heran, welche dann wiederum die Haarfarbe bestimmen. Mit jedem neuen Haar, das nachwächst, altern die Stammzellen im Follikel jedoch – und werden schlechter in ihrem Job. Sie werden immer träger und schließlich im Follikel fixiert. Durch dieses ‚Feststecken‘ können die Stammzellen nicht mehr zu vollwertigen Melanozyten heranwachsen. Die Folge: Die Pigmentproduktion kommt nach und nach zum Erliegen, die Haare erscheinen grau, weiß oder silber. 

    Aber auch (psychischer) Stress kann zu einem kurzfristigen Ergrauen von Haaren führen – auch bei jungen Menschen. Hierbei vermuten Forschende allerdings, dass die grauen Haare reversibel sind. Sobald Entspannung eintritt, würden die nachwachsenden Haare wieder die ursprüngliche Haarfarbe annehmen. Das haben Forschende der US-amerikanischen Columbia University in einer 2021 erschienenen Studie herausgefunden. Diese Art des Ergrauens hängt laut der Studie allerdings nicht mit den Stammzellen im Follikel zusammen, sondern mit den Mitochondrien in der Zelle. Stressbedingte Veränderungen von 300 Proteinen sorgen für die temporäre Graufärbung der Haare. 

    Ein Haar verrät tausend Geheimnisse

    Unser Haupthaar spiegelt nicht nur unseren Style oder unsere Identität nach außen wider, sondern ist auch ein wichtiger Marker für körperinterne Prozesse. So lassen sich an einem einzigen Haar der Gesundheitszustand, die Schadstoffbelastung, Mangelzustände, Substanzmissbräuche oder auch das Stresslevel einer Person ablesen. Wo ein Bluttest nur eine Momentaufnahme zulässt, kann eine Haaranalyse einen umfassenderen Einblick in den Körper gewähren: So kann man den Konsum von Alkohol noch drei Monate später, den Konsum von Drogen sogar noch bis zu sechs Monate später in den Haaren nachweisen. „Bei der Haarbildung werden im Blut vorhandene Wirkstoffe in das Haar eingelagert und können auch durch Haarbehandlung wie Waschen und Tönen nicht vollständig entfernt werden“, heißt es in einer Bekanntmachung des Umweltbundesamtes zur Haaranalyse.

    Diesen Umstand nutzen auch Historiker*innen: Durch Haaranalysen von Mumien konnte zum Beispiel schon ein möglicher Drogenkonsum im Alten Ägypten aufgedeckt werden.

    Wie viel Stress eine Person hatte, lässt sich mit dem Verfahren der Haaranalyse ebenfalls bestimmen – auch noch Jahrtausende später. Cortisol konnte man beispielsweise im Haar 1.000 Jahre alter peruanischer Mumien nachweisen. 

    So sieht das Gesicht einer 1.600 Jahre alten Mumie aus

    Wie Substanzen und Hormone ins Haar gelangen, erklärt Kulturhistoriker Wolfgang Ruppert am Beispiel von Cortisol in einem Artikel vom Friedrich Verlag: „Am Ende jeder Haarwurzel befindet sich die Haarpapille, die von Blutkapillaren durchzogen ist. Hier kann Cortisol aus dem Blut in die Haarwurzel und weiter ins Haar diffundieren.“ Wo genau man die Cortisolkonzentration misst, ist allerdings entscheidend: „Haare [spiegeln] die Cortisol-Konzentrationen im Blut sehr zuverlässig, aber nur über etwa 6 cm oberhalb der Kopfhaut“, so der Experte. 

    Taucht das Hormon Cortisol vermehrt in den Haaren auf, kann es laut einer Studie aus dem Jahr 2023 ebenfalls als Biomarker für künftige Herz-Kreislauf-Erkrankungen fungieren. Denn: Menschen mit erhöhten Langzeit-Cortisolwerten seien doppelt so anfällig für Herzinfarkte und Co. wie Menschen mit geringen Cortisolwerten.

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