Haarentfernung: Schmerzhafter Trend aus der Römerzeit

In England haben Forschende unzählige Pinzetten gefunden, die im Alten Rom zur Haarentfernung dienten. Eine Ausstellung zeigt nun anhand dieser und unzähliger weiterer Kosmetikprodukte, welche Beauty-Trends es bei den Römern gab.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 20. Juni 2023, 09:02 MESZ
Eine nackte Frau liegt auf einer Muschel und ihr wird von zwei Engeln mit Luft zugefächelt.

In Malereien und Skulpturen lässt sich das haarlose Schönheitsideal aus dem Alten Rom oft schon erkennen – wie in diesem Fresko aus Pompeji, das von einem unbekannten römischen Maler aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stammt. 

Foto von Wikimedia Commons

Lange bevor die Menschen sich die Haare durch Wachsen, Sugaring oder Rasieren entfernten, nutzten die Römer bereits ein anderes, extrem schmerzvolles Instrument, um ihre Körperbehaarung in Schach zu halten: Pinzetten. Diese wurden, im Gegensatz zu heute, nicht nur zum Zupfen der Augenbrauen, sondern auch zum Entfernen von Achsel- und anderen Haaren genutzt. 

Wie gängig diese Praxis tatsächlich war, zeigt nun eine Ausstellung des britischen Amtes für Natur- oder Kulturdenkmalschutz English Heritage, bei der – neben anderen Kosmetikprodukten der Römer – auch mehr als 50 Pinzetten ausgestellt werden. Gefunden wurden sie bei Ausgrabungen in der ehemaligen römischen Siedlung Wroxeter in England, die einst über 15.000 Einwohner*innen hatte und über ein eigenes Badehaus verfügte.

Neben den Pinzetten, die auf die Zeit zwischen dem 2. und 5. Jahrhundert n. Chr. datiert wurden, zeigt die Ausstellung auch, welche weiteren Beauty-Trends bei den Römern beliebt waren.

Die römischen Pinzetten sehen unseren heutigen Pinzetten erstaunlich ähnlich. Die etwa 1.500 bis 1.900 Jahre alten Utensilien waren damals aber wohl umfangreicher im Einsatz als heute.

Foto von English Heritage

Vorreiter in Sachen Schönheit

Die Alten Römer sind bekannt für ihre ausgiebigen Ausflüge in öffentliche Badehäuser, in denen verschiedenste kosmetische Behandlungen gängig waren. Laut English Heritage besaßen viele wohlhabende Römer aber sogar private Körperpflege-Sets. Diese beinhalteten meist Utensilien zum Reinigen der Ohren und Fingernägel – und kleine Pinzetten. 

Laut Cameron Moffett, Archäologe und Kurator der neuen Ausstellung, wurden alleine in Wroxeter bisher 50 solcher Pinzetten gefunden. „Das deutet darauf hin, dass es sich um ein beliebtes Accessoire handelte“, sagt er. Aber nicht nur das eigenmächtige Zupfen war im Trend – auch Sklaven wurden in den Badehäusern als sogenannte hair-plucker, also Haarzupfer, eingesetzt. Das erwähnte bereits der römische Philosoph Seneca in seinen Briefen.

In der neuen Ausstellung, in der die English Heritage die Pinzetten vorstellen will, sind diese allerdings nicht das einzige Beauty-Zubehör. Unzählige weitere Artefakte zeigen, wie wichtig den Alten Römern die Schönheit war: Ätherische Öle, Parfümflaschen, Behälter für Tinkturen und Cremes sowie Applikatoren für Eyeliner und Lippenstift zeichnen ein eitles Bild der römischen Gesellschaft.

Schönheit hat ihren Preis

Das Schönheitsideal des haarlosen Körpers hatte allerdings schon damals seinen Preis. „Der Vorteil der Pinzette war, dass sie sicher, einfach und billig war, die Haarentfernung mit ihr war aber leider nicht schmerzfrei“, sagt Moffett. So berichtete Seneca in seinem Brief schon von dem Brüllen und Kreischen der Menschen, deren Haare gezupft wurden. 

BELIEBT

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    Im Gegensatz zur heutigen Zeit galt der haarlose Trend damals allerdings nicht nur hauptsächlich für Frauen. „Es mag manche überraschen, dass im römischen England die Entfernung von Körperhaaren bei Männern ebenso üblich war wie bei Frauen“, sagt Moffett. Die Gründe der Haarentfernung unterschieden sich allerdings schon damals. Während Frauen ihre Körperbehaarung hauptsächlich entfernten, um Männern zu gefallen, ging es bei den Männern zwar auch um Ästhetik, allerdings im sportlichen Sinne. Sie zupften sich die Haare vor allem vor dem Ausüben von Sportarten, die knapp bekleidet verrichtet wurden.

    Außerdem gehörte es bei den römischen Eliten zum guten Ton, sich durch haarlose Körper von vermeintlich weniger zivilisierten Gruppen abzuheben.

    Für Moffett ist es besonders spannend, dass sich dieser Trend auch Jahrtausende später in vielen Teilen der Welt immer noch durchsetzt – auch wenn es mittlerweile angenehmere Methoden gibt als die kleinen Pinzetten.

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