Psychologie auf dem Dancefloor: Wer tanzt, ist weniger neurotisch

Eine Studie des Max-Planck-Instituts hat sich mit der Persönlichkeit von Menschen, die regelmäßig tanzen, beschäftigt. Welche Merkmale sie auszeichnen und welchen Einfluss der Tanzstil hat.

Was sind das für Leute, die tanzen? Forschende des Max-Planck-Instituts haben es herausgefunden.

Foto von Los Muertos Crew
Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 14. Juni 2024, 16:32 MESZ

Persönlichkeit hat einen großen Einfluss darauf, wie wir unser Leben gestalten – zum Beispiel hinsichtlich der Berufswahl und den Hobbys, denen wir nachgehen. Womit jemand seine Zeit verbringt, sagt viel darüber aus, was für ein Mensch er oder sie ist.

Das zeigt auch eine Studie, die unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main durchgeführt und in der Zeitschrift Personality and Individual Differences veröffentlicht wurde. Im Fokus der Forschungsarbeit standen Hobby- und Profi-Tänzer*innen und die Frage, ob sie Persönlichkeitsmerkmale haben, die sie verbinden.

Big-Five-Modell: Sozial und emotional stabil

Zur Bestimmung der Persönlichkeit arbeiteten die Studienautoren mit dem in der Psychologie oft verwendeten Big-Five-Modell – auch Fünf-Faktor-Modell genannt. Dieses berücksichtigt fünf Persönlichkeitsdimensionen: Extraversion, Verträglichkeit, Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus, also emotionale Stabilität. Sie sind bei verschiedenen Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt.

“Generell weisen sowohl Tänzer*innen als auch Sänger*innen in ihrer Persönlichkeit ein hohes Maß an Extraversion auf.”

von Julia Christensen
Neurowissenschaftlerin, Max-Planck-Institut

Die Studie hat ergeben, dass Personen, die tanzen, besonders hohe Werte in den Dimensionen Extraversion, Verträglichkeit und Offenheit erreichen. Sie sind also gesellig, durchsetzungsfähig und aktiv, haben viel Mitgefühl für und Vertrauen in ihre Mitmenschen und sammeln gern neue Erfahrungen und Eindrücke. Frühere Studien haben gezeigt, dass dies auch für Sänger*innen gilt.

„Generell weisen sowohl Tänzer*innen als auch Sänger*innen in ihrer Persönlichkeit ein hohes Maß an Extraversion auf – was eventuell darauf zurückzuführen ist, dass beim Tanzen und Singen der eigene Körper als Ausdrucksmittel eingesetzt wird“, sagt Julia Christensen, Erstautorin der Studie und Neurowissenschaftlerin am Max-Planck-Institut.  

Unterschied zwischen Tänzer*innen und Sänger*innen

Es gibt allerdings auch einen Punkt, in dem sich Sänger*innen von Tänzer*innen auffällig unterscheiden: Während bei Sänger*innen Neurotizismus, der sich unter anderem in einer hohen Stressanfälligkeit und Gefühlsschwankungen äußert, stärker ausgeprägt ist als bei Menschen, die nicht singen, erreichen Menschen, die tanzen, in dieser Dimension niedrigere Werte als Nicht-Tänzer*innen. Wer tanzt, ist also weniger neurotisch.

BELIEBT

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    Das Studienteam fand auch Hinweise darauf, dass es innerhalb der Tanzgemeinschaft Unterschiede in den Persönlichkeitsdimensionen gibt, die mit dem Tanzstil in Verbindung stehen. Ihnen zufolge scheinen Menschen, die Swing tanzen, deutlich weniger neurotisch zu sein als Latein- oder Standardtänzer*innen. Diese These wollen die Forschenden anhand größerer Datenmengen als nächstes untersuchen und ihre Studie außerdem auf weitere Kulturen und Tanzstile ausweiten.

    Große Stichproben machen Studie besonders

    Die Daten für die Studie stammen sowohl aus Deutschland als auch aus Schweden. Für die deutschen Teilnehmenden entwickelte das Studienteam eigens einen Online-Fragebogen, der von verschiedenen Tanzinstitutionen beworben wurde. 574 Personen füllten ihn aus. Die Daten aus Schweden lagen bereits in einer Datenbank vor und gaben Auskunft über das kreative Engagement und die Tanzleistung von 5.435 Menschen.

    „Das Besondere an dieser Arbeit ist, dass wir eine hohe Anzahl an repräsentativen Stichproben aus zwei verschiedenen Ländern zusammengeführt haben“, sagt Frederik Ullén, Studienautor und Direktor am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik. Die Datenlage sei für Studien dieser Art im Allgemeinen spärlich, sodass ähnliche Forschungsarbeiten bisher mit sehr viel kleineren Stichproben gearbeitet hätten.

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