Von Goethe bis Pestalozzi: Das sind die beliebtesten Schulnamen Deutschlands

Fast die Hälfte aller deutschen Schulen sind nach bekannten Persönlichkeiten benannt. Welche Namen es besonders oft gibt, welche selten, und was das über uns verrät.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 4. Feb. 2025, 08:52 MEZ
Ein Schulgebäude mit Schulnamen und einer Silhouette Goethes.

Das Goethe-Gymnasium in Germersheim, Rheinland-Pfalz.

Foto von CC BY-SA 3.0

40 Prozent der über 30.000 Schulen in Deutschland sind nach prominenten Persönlichkeiten benannt. Das hat eine Studie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) in Zusammenarbeit mit dem Sender KiKa herausgefunden. Das Projekt Wir geben Schulen den Namen bildet das Jahr 2023/24 ab und offenbart einige Kuriositäten. Darunter eine Schule, die nach dem Sänger Udo Lindenberg benannt ist.

Doch die Analyse des Studienteams zeigt auch, an welchen Stellen noch Ungleichheit herrscht: Frauen und Personen des jüdischen Widerstands sind bei der Namensgebung bislang unterrepräsentiert.  

Wie heißen Deutschlands Schulen?

Insgesamt sind nur ein Sechstel der Schulen mit Namenspaten nach Frauen benannt. Eine von ihnen steht allerdings sogar auf Platz eins der Liste: Maria Montessori. Ganze 273 Schulen in Deutschland tragen den Namen der Reformpädagogin und funktionieren nach dem Maria-Montessori-Schulkonzept. Unter den Top 10 finden sich ansonsten nur zwei weitere Frauen: die Autorin Astrid Lindgren (Platz 4 mit 173 Schulen) und die Bibelfigur Maria (Platz 6 mit 158 Schulen). Auf Platz 3 der Liste (182 Schulen) findet man außerdem die Widerstandskämpferin Sophie Scholl – allerdings zusammen mit ihrem Bruder Hans als Geschwister Scholl. Schulen, die nur ihren Namen tragen, gibt es deutlich weniger: Insgesamt 24 verzeichnete die Studie.

Weitere beliebte Namenspaten sind der Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi, mit dem ebenfalls ein repräsentatives Schulkonzept verbunden ist (Platz 2 mit 253 Schulen), der Arzt Albert Schweizer (Platz 5 mit 171 Schulen) und der Autor Erich Kästner (Platz 7 mit 152 Schulen). Die Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller stehen auf Platz 8 (138 Schulen) und 9 (136 Schulen) des Rankings. Den letzten Platz der Top 10 ergattert der als Sankt Martin bekannte Heilige Martin von Tours (Platz 10 mit 92 Schulen).

Kurioser wird es auf den letzten Rängen: Dort findet man zum Beispiel die Udo-Lindenberg-Mittelschule im bayerischen Mellrichstadt. Die Ehre kam dem Sänger und Künstler laut Schulhomepage deshalb zuteil, weil er sich – ähnlich wie die Schule – für die „Rechte von Minderheiten, für Frieden, Menschlichkeit und einen respektvollen Umgang in einer bunten Republik Deutschland“ einsetze. In Rhumspringe in Südniedersachsen gibt es außerdem eine Schule, die nach dem Kinderliedermacher Reinhard Horn benannt ist.

Auf der niederländischen Halbinsel Walcheren besuchen Jungen und Mädchen die Schule. Das Foto erschien 1910 in ...

Namen spielen eine Rolle in der Erinnerungskultur

Insgesamt sind die Namensgeber der Schulen hauptsächlich Schriftsteller*innen, Geistliche und Heilige, Pädagog*innen und Politiker*innen. Wie wichtig der Name einer Schule ist, darf man laut den Studienautor*innen nicht unterschätzen, immerhin bilden sie einen zentralen Ort für die deutsche Erinnerungskultur. „Namen sind eben mehr als Schall und Rauch – die erinnerten Personen geben uns schließlich auch ihre Werte mit“, sagt Sascha Feuchert, Leiter der Studie sowie der Arbeitsstelle Holocaustliteratur (AHL) der JLU. „Deshalb darf es Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern sowie den Eltern nicht egal sein, wie eine Schule heißt.“

Aus diesem Grund kritisitert das Studienteam auch die ungleiche Geschlechterverteilung der Namenspat*innen. Sie spiegele die gesellschaftliche Nachrangigkeit und Unsichtbarkeit von Frauen bis heute wider.

Kritik an Namenspaten mit NS-Bezug

Auch beim Gedenken an den Holocaust sieht das Studienteam Nachholbedarf. Zwar sind rund 970 deutsche Schulen nach Opfern des Nationalsozialismus sowie 700 Schulen nach Figuren des Widerstandes gegen das NS-Regime benannt, es fehlen aber Namen jüdischer Widerstandskämpfer*innen. Nur 20 Schulen tragen ihre Namen, darunter die Else Hirsch-, Leonore Goldschmidt- oder Max Windmüller-Schule. 

Zusätzlich tragen einige Schulen bis heute Namen historischer Persönlichkeiten, die nicht unumstritten sind. Das zeigt eine Debatte um die Gottfried-Neukam-Mittelschule in Kronach. Die Frauenliste Kronach kämpft seit Jahren gegen die Benennung der Schule nach einem Menschen, der von 1933 bis 1945 Mitglied der NSDAP war und dessen „Rolle im dritten Reich“ als Fördermitglied der SS und Propaganda-Filmemacher nicht abzustreiten sei. Stand heute darf die Schule ihren Namen dennoch behalten. Insgesamt sind 80 deutsche Schulen nach Menschen benannt, die Mitglied in der NSDAP waren.

Laut Studie sollte in Zukunft mehr Wert auf die Namensgebung von Schulen gelegt werden – und damit auch auf die Biografien der Menschen, die Namenspat*innen werden. „Rund 60 Prozent der deutschen Schulen haben zudem gar keine Patin oder Paten – auch da liegt ein großes Potenzial“, sagt Jennifer Ehrhardt, Mitautorin der Studie und Mitarbeiterin der AHL.    

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