Deutsche Serienmörder – Peter Kürten: „Der Vampir von Düsseldorf“

Es war der spektakulärste Kriminalfall der Weimarer Republik. Im frühen 20. Jahrhundert versetzte Serienmörder Peter Kürten das Rheinland in Angst und Schrecken. Die Verbrechen des „Vampirs von Düsseldorf“ inspirierten auch einen berühmten Filmregisseur.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 8. Feb. 2023, 15:40 MEZ, Aktualisiert am 4. Mai 2023, 12:43 MESZ
Zwei Polizeifotos in Schwarzweiß vom Serienmörder Peter Kürten

Serienmörder Peter Kürten auf einem Polizeifoto vom April 1931.

Foto von Gemeinfrei; Deutsches Bundesarchiv. Bild 102-11502/CC-BY-SA 3.0. CCBY-SA 3.0 de

Die Lust am Töten erwachte früh. Peter Kürten ist fünf, als er einem Nachbarn dabei hilft, Hundewelpen in einem Bach zu ertränken. Gewalt ist ihm vertraut. Zuhause verprügelt der alkoholsüchtige Vater seine Frau und die Kinder, missbraucht sie sexuell. Der kleine Peter sticht mit dem Messer auf Tiere ein, legt Brände. Irgendwann reicht ihm das nicht mehr. Als Neunjähriger will er zwei Kinder in den Kölner Rhein gestoßen und ihnen beim Ertrinken zugesehen haben. Nachweisen kann man ihm das nicht. 

Kürten kommt 1883 im heutigen Köln-Mülheim zur Welt. Einen Tag vor seinem 30. Geburtstag begeht er nachweislich den ersten Mord. Es ist der 25. Mai 1913, als der gelernte Metallgießer in die Wohnung eines Kölner Gastwirts eindringt und einem neunjährigen Mädchen die Kehle durchtrennt. Unentdeckt kann er fliehen – und tötet weiter.

Zwischen Februar und November 1929 begeht Kürten mindestens acht Morde und weit über 20 Mordversuche. Vermutlich sind es weit mehr. Kürten lebt inzwischen mit seiner Frau Auguste in der Mettmanner Straße 71 in Düsseldorf. Abend für Abend, wenn sie in einem Café in der Graf-Adolf-Straße arbeitet, macht er sich auf die Suche nach einem neuen Opfer. Oft hat er seine Kaiserschere im Gepäck – ein großes Schneidewerkzeug mit Gravuren von Kaiser Wilhelm II. und seiner Frau. 

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Im Blutrausch

Wie besessenen sticht er auf seine Opfer ein, manchmal trinkt er ihr Blut. Einigen gelingt schwerverletzt die Flucht. Trotz zahlreicher Hinweise tappt die Polizei jahrelang im Dunkeln. Kürten treibt ein teuflisches Katz-und-Maus-Spiel. Er schreibt Briefe an die Presse, in denen er Hinweise auf unentdeckte Leichen gibt. Sein jüngstes Opfer ist fünf.

Immer wieder kehrt er an die Orte seiner Gräueltaten zurück, mischt sich dort sogar unter die aufgebrachten Menschenmengen. Mit seiner unscheinbaren Art und seiner gepflegten Erscheinung erregt er kein Misstrauen. Selbst seine Frau scheint keinen Verdacht zu schöpfen. Auf den Straßen aber wächst das Entsetzen. 

Die Brutalität der Verbrechen versetzt das Rheinland in Angst und Schrecken. Die Presse warnt vor dem „Vampir von Düsseldorf“. Später wird sich herausstellen, dass Kürten einem Schwanenküken im Düsseldorfer Hofgarten den Kopf abschlug und das Blut aussaugte. Polizei und Bürgerwehren patrouillieren durch die nächtliche Stadt. Die Polizei setzt 15.000 Mark Belohnung auf die Ergreifung des Täters aus. Sogar der britische Kriminalautor Edgar Wallace bietet seine Hilfe an. Regisseur Fritz Lang greift die Mordserie rasch in seinem Kinoklassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ auf.

Erstmals in Deutschland wird ein Täterprofil erstellt. Kürten steht auf einer Liste. Plötzlich sind ihm die Ermittler ganz nah. Doch die Anwohner versichern, dass der höfliche und adrette Nachbar niemals ein brutaler Mörder sein könne. Die Polizei müsste es eigentlich besser wissen: Wegen verschiedener Gewaltverbrechen, Brandstiftung und anderer Straftaten saß Kürten bereits mehrere Jahre im Gefängnis.

BELIEBT

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    Dein Nachbar, der Serienmörder: Mit seiner gepflegten Erscheinung erregte Peter Kürten kein Misstrauen.

    Foto von Gemeinfrei

    Der Vampir taucht ab

    Düsseldorfer Hauptbahnhof, 14. Mai 1930: Abgetaucht in die Anonymität der Menschenmassen sucht Kürten nach einem weiteren Opfer. Sein Blick fällt auf eine junge Frau, die offenbar von einem Mann belästigt wird. Kürten geht dazwischen und vertreibt den Fremden. Nichtsahnend begleitet Maria Butlies ihren „Retter“ in seine Wohnung. Bald bereut sie den Fehler.

    Der vermeintliche Kavalier wird aufdringlich. Butlies besteht darauf, die Wohnung zu verlassen. Kürten bietet ihr an, sie in ein nahegelegenes Mädchenwohnheim zu bringen. Auf dem Weg dorthin beginnt er sie im Grafenberger Wald zu würgen, lässt aber plötzlich von ihr ab. Butlies entkommt ihrem Peiniger. Auch Kürten kann einmal mehr unerkannt fliehen.

    Erst durch einen kuriosen Zufall wendet sich das Blatt. Butlies schreibt einer Freundin über den schrecklichen Vorfall. Doch der Brief wird falsch zugestellt und landet schließlich bei der Polizei. Mit Hilfe von Butlies können die Beamten den Wohnsitz von Kürten ausfindig machen. Der ist allerdings spurlos verschwunden. Die Polizei hatte ihm eine Vorladung zur Vernehmung geschickt und den Serienmörder damit gewarnt. 

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    „Ich hatte eigentlich dauernd die Stimmung zum Umbringen“

    Die Ermittler knöpfen sich Kürtens Frau Auguste vor. Kurz bevor er abtauchte, hatte er ihr alles gestanden. Völlig aufgelöst berichtet sie von einem bevorstehenden Treffen mit ihrem Mann an der Düsseldorfer Rochuskirche. Dort wird Peter Kürten am 24. Mai 1930 verhaftet. „Neun Morde, 32 Mordversuche, drei Überfälle, eine versuchte Notzucht und 27 Brandstiftungen“ werden ihm zur Last gelegt. Detailliert schildert er seine blutrünstigen Taten.

    Das umfassende Geständnis erschüttert die Ermittler: „Ich hatte eigentlich dauernd die Stimmung, Sie werden es Drang nennen, zum Umbringen. Ich wollte das Blut der Opfer rauschen hören. Wenn ich die Mittel dazu gehabt hätte, hätte ich ganze Massen umgebracht. Jeden Abend, wenn meine Frau Spätdienst hatte, bin ich herumgestreift nach einem Opfer.“ 

    Am Morgen des 2. Juli 1931 stirbt Peter Kürten im Gefängnis Köln-Klingelpütz durch das Fallbeil. Kurz vor seiner Hinrichtung soll er einen Gefängnispsychiater gefragt haben: „Ist es möglich, dass man im Augenblick seines Todes das eigene Blut rauschen hört?“

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