Hierarchie unter Sklaven: So lebte die Unterschicht in Pompeji

In einer Villa nahe Pompeji haben Forschende ein Zimmer ausgegraben, in dem vor 2.000 Jahren mehrere Sklaven wohnten. Der Fund offenbart spannende Erkenntnisse über das Leben der Leibeigenen im römischen Reich.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 25. Aug. 2023, 09:42 MESZ
Zwei Kommoden aus Gips und mehrere Tonkrüge stehen an einer Wand des Zimmers. darüber ein kleines ...

Viel Eigentum besaßen Sklaven in Pompeji und den umliegenden Orten nicht. Neben diesen beiden Schränken und den wenigen Tontöpfen befanden sich in dem Zimmer nur zwei Betten.

Foto von Parco Archeologico di Pompei

Als der Vulkan Vesuv im Jahr 79 n. Chr. das antike Pompeji unter sich begrub, war die Stadt nicht die einzige, die dem Untergang geweiht war. Auch umliegende Orte wie Civita Giuliani wurden unter Lava und Asche begraben. So auch die Villa Civita Giulianis, die sich nur etwa 600 Meter von Pompeji entfernt befand.

In dieser Villa wurde bei archäologischen Grabungsarbeiten nun ein altes Zimmer entdeckt, in dem einst Sklaven hausten, die den Bewohnern der Villa dienten. Das Zimmer, das fast 2.000 Jahre unter Schutt und Asche begraben war, zeigt eindrucksvoll, wie die Sklaven in und um Pompeji zur damaligen Zeit lebten – und dass unter ihnen offenbar eine Hierarchie herrschte, nach sich auch der Komfort ihres Gemachs richtete.

Sklavenzimmer unter Vulkanasche nahe Pompeji

Um nachvollziehen zu können, wie das Zimmer einst eingerichtet war, nutzen die Forschenden eine altbewährte Methode. Die Gebäude in Pompeji und im Umland wurden durch Vulkanasche und Lava vollständig begraben. Diese erhärteten sich mit der Zeit, während das eingeschlossene organische Material verrottete. Die dadurch entstandenen Hohlräume können von den Archäolog*innen mit Gips aufgefüllt werden – und offenbaren so, welche Möbel sich einst in den Gebäuden befanden.

Eines der Betten, die in dem Raum entdeckt wurden.

Foto von Parco Archeologico di Pompei

Im Falle des nun entdeckten Raums „a“ konnten so zwei Betten und zwei kleine Schränke sichtbar gemacht werden, die den engen Raum einst füllten. Dabei fiel auf: Eines der Betten war ein komfortables, mit Matratze versehenes Bett, während das andere ein ungemütliches, hartes Modell war. Die beiden Sklaven, die in dem Raum schliefen, scheinen also einen unterschiedlichen Stand gehabt zu haben.

In einem weiteren, 2021 entdeckten Sklavenzimmer fanden die Archäolog*innen ebenfalls eine simple Einrichtung mit drei Betten, mehreren Möbelstücken und Artefakten, die über die Jahrtausende erhalten geblieben waren. Die Sklaven mussten sich diesen Raum allerdings mit weiteren Bewohnern teilen: Zwischen den Möbeln fanden die Forschenden Hinweise auf Mäuse und Ratten. 

Römisches Reich: Rivalität zwischen Sklaven?

Besondere Schutzvorrichtungen, um die Sklaven in den Räumen gefangen zu halten, konnten die Archäolog*innen in keinem der Zimmer finden. In Raum „c“ gibt es zwar Hinweise auf ein Schloss, mit dem die Tür abgeschlossen werden konnte, allerdings war das kleine Fenster in dem Zimmer nicht mit Gittern versehen, Ähnliches gilt für Raum „a“.

BELIEBT

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    Die Forschenden schließen daraus, dass die Sklaven anderweitig dazu gebracht wurden, nicht auf Fluchtgedanken zu kommen. Hinweise liefern dabei die zwei unterschiedlichen Betten in Raum „a“. „Das komfortablere Bett könnte einem Sklaven in einer etwas gehobenen Position gehört haben, vielleicht einer Art Aufpasser“, schreiben die Forschenden. Solchen Sklaven seien oft Privilegien gewährt worden, um sie zu Verbündeten ihres Herrn zu machen. Darunter zum Beispiel die Erlaubnis, mit einer Frau in einer Ehe-ähnlichen Gemeinschaft zusammen zu sein oder eben – wie in Raum „a“ – den „Luxus“ auf einem weniger harten Bett zu schlafen als andere Sklaven.

    „Es scheint, dass die Kontrolle vor allem durch die interne Organisation der Bediensteten und nicht durch physische Barrieren und Zwänge erfolgte“, sagt Gabriel Zuchtriegel, Direktor des Archäologischen Parks Pompeji. Die soziale Struktur der Dienerschaft Pompejis und des Umkreises sei bisher nur wenig erforscht worden und soll nun Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.

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