Spektakulärer Fund in Stuttgart: Römische Gigant-Figur entdeckt
Bei Ausgrabungen im Römerkastell an der Altenburger Steige in Bad Cannstatt wurde eine seltene römische Steinfigur entdeckt.
In ihren Siedlungen errichteten die Römer nicht nur kolossale Gebäude, sondern auch zahlreiche Statuen, mit denen sie ihren Göttern huldigten. Darunter Säulen, die von sogenannten Giganten geziert wurden: Mischwesen aus der römisch-germanischen Götterwelt, die meist einen menschlichen Torso und einen tierischen Unterleib hatten.
Ein solcher Gigant wurde nun in Bad Cannstatt, einem Stadtteil Stuttgarts, gefunden. Die etwa 30 Zentimeter große Figur war einst vermutlich Teil einer Jupiter-Giganten-Säule, die dem Wettergott gewidmet war und vor über 1.700 Jahren in einer römischen Siedlung im heutigen Stuttgart errichtet wurde.
Seltenes römisches Denkmal
Der Gigant aus Bad Cannstatt wurde bei Ausgrabungen der Firma ArchaeoBW und des Landesamts für Denkmalpflege (LAD) Baden-Württemberg entdeckt und wirkte zunächst unscheinbar. Doch der schlammbehaftete Sandstein stellte sich schnell als kleine Sensation heraus: Es handelt sich um einen knienden Giganten, dessen menschlicher Oberkörper in einen Schlangenleib übergeht.
Jupiter-Giganten-Säulen waren in römischer Zeit beliebte Denkmäler, um den Göttern zu huldigen. An ihrer Spitze befand sich Jupiter, auf einem Pferd reitend, direkt darunter kniete dann der Gigant. Unklar ist bislang, ob der Gigant Pferd und Reiter stützt oder von ihnen überfahren wird. Unter diesem Gebilde befindet sich außerdem der Sockel, den der Viergötterstein bildet und auf dem weitere römische Gottheiten dargestellt werden.
Teil einer römischen Jupiter-Giganten-Säule des Römischen Gutshofs Weißenhof in Löchgau. Viele der Gigantenreiter, wie die Denkmäler auch genannt werden, befanden sich an solchen Gutshäusern oder villa rusticae.
„Diese Denkmale vereinen klassisch-antike mit vermutlich germanischen Glaubensvorstellungen: Der Blitze schleudernde Jupiter reitet dabei auf seinem Pferd über eine am Boden kauernde, meist nackt und bärtig dargestellte Gestalt“, sagt Andreas Thiel, leitender Archäologe am LAD. Dass nun ein intakter Teil einer solchen Säule entdeckt wurde, sei ein wahrer Glücksfall.
Jupiter-Giganten-Säule aus ehemaliger Römersiedlung
Die Archäolog*innen des LAD ordneten den Stein einem Viergötterstein zu, der vor etwa 100 Jahren in einem Brunnen nahe des aktuellen Fundorts entdeckt wurde. Dieser zeigt die römischen Gottheiten Merkur, Juno, Herkules und Minerva und diente einer Jupiter-Giganten-Säule als Sockel.
Der neue Fund soll nun bei der Rekonstruktion dieser Säule helfen und bildet ein weiteres Puzzleteil der römischen Vergangenheit Stuttgarts. Im heutigen Stadtteil Bad-Cannstatt befand sich zu römischer Zeit ab etwa 100 v. Chr. zunächst ein Kastell für eine Reitereinheit und schließlich eine ausgedehnte Zivilsiedlung, die bis etwa 260 n. Chr. bestand.