So habt ihr den Mount Everest noch nie gesehen

Mit einer modifizierten Drohne fing der Fotograf in der dünnen Himalaya-Luft ein atemberaubendes Panorama vom Dach der Welt ein.

Von Sadie Quarrier
bilder von Renan Ozturk
Veröffentlicht am 28. Mai 2020, 17:08 MESZ
Dieses zusammengesetzte Bild besteht aus 26 Aufnahmen. Im Artikel ist das vollständige Bild zu sehen, aus ...

Dieses zusammengesetzte Bild besteht aus 26 Aufnahmen. Im Artikel ist das vollständige Bild zu sehen, aus dem sich ein 360°-Panorama ergibt.

Foto von Renan Ozturk

Seit ein britischer Offizier im Jahre 1903 das vermutlich erste Foto des Mount Everest geschossen hat, ist der weltberühmte Berg ein beliebtes Motiv von Fotografen. Allerdings machen seine schieren Ausmaße es fast unmöglich, in einem einzigen Bild sowohl seine gewaltige Größe als auch seine Lage in der Landschaft des Himalaja einzufangen

2020 machte sich der 39-jährige Bergsteiger und Filmemacher Renan Ozturk im Auftrag von National Geographic auf, um ein ebensolches Foto zu schießen. Sein Plan: Mit einer modifizierten Drohne wollte er ein 360°-Panorama erstellen, das den Everest in seiner ganzen Herrlichkeit zeigt, aber auch seine vorherrschende Stellung in einer der eindrucksvollsten Landschaften des Planeten verdeutlicht.

Dieses Mosaik, das aus 26 Bildern zusammengesetzt wurde, zeigt die Nordwand des Mount Everest und dessen Umgebung. Wenn der linke und der rechte Rand des Bildes zusammengeführt werden, entsteht ein durchgehendes 360°-Panorama.

Foto von Renan Ozturk

Und so fand sich Ozturk zitternd in der eisigen Kälte auf dem Nordsattel des Berges wieder. In der dünnen Luft auf etwa 7.000 Metern Höhe fiel ihm das Atmen schwer. Er hatte acht Monate mit der Planung für diesen Moment zugebracht – und seinen Berechnungen zufolge hatte er nur 15 Minuten, um das Bild zu machen, bevor der Akku seiner Drohne in der bitteren Kälte den Geist aufgeben würde. Mit tauben Händen ließ er das Gerät in den Himmel steigen und lauschte dem hochfrequenten Jammern der Propeller, die sich abmühten, in der dünnen Atmosphäre an Höhe zu gewinnen.

Es war nicht das erste Mal, dass Ozturk versuchte, eine Drohne auf dem Everest zu fliegen. Er und sein Team hatten auf derselben Reise bereits mehrere erfolglose Versuche hinter sich gebracht. „Wenn der Wind zu stark ist, kann man die Drohne sofort verlieren“, sagte er in einem Telefoninterview. „Manchmal, wenn man sie mit Vollgas nach unten lenkt, steigt sie trotzdem auf, oder das genaue Gegenteil passiert – alles wegen der Auf- und Abwinde. Man ist dem Wind völlig ausgeliefert.“

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Aber Ozturk hatte sich auf die extremen Bedingungen vorbereitet. Bevor er zum Himalaja reiste, hat er seine Drohne in einer Überdruckkammer in Kalifornien getestet, um zu sehen, wie sie mit der dünnen Bergluft zurechtkommen würde. Außerdem arbeitete er mit dem Drohnenhersteller DJI zusammen, um bestimmte Sicherheitsfunktionen auszuschalten. So war es der Drohne möglich, schneller wieder abzusteigen und sich in größerer Entfernung zu ihrem Piloten zu bewegen. Aber trotz all dieser Maßnahmen rechnete er mit Schwierigkeiten. „Als wir unsere ersten Flüge damit gemacht haben, wussten wir nicht, ob es funktionieren würde“, sagte er. „Man ist einfach immer gespannt und ein bisschen nervös.”

Als die Sonne unterging und die Temperaturen noch weiter fielen, schickte Ozturk seine Drohne hoch über die Spitze des Gipfels. Er schätzte, dass nur noch genug Akkuladung übrig war, um knapp 1.800 Meter zu fliegen. Also ließ er sie etwa eine Minute in der Luft schweben, machte eine 360°-Aufnahme und holte sie zurück. Seine Schätzung war korrekt gewesen.

Als er die Drohne wieder in den Händen hielt, warf er einen Blick auf das Bild, das er aufgenommen hat. „Ich war richtig aufgeregt, weil es wie eine Vogelperspektive wirkt, die man nur selten zu Gesicht bekommt. Es sah wie ein Satellitenfoto aus, nur nicht so mechanisch und plastikhaft.“

Ozturks Bild ist der nächste Schritt in der jahrzehntelangen Geschichte der Fotografie und Kartografierung des Berges. Bradford Wahsburn, ein Kartograf und Wegbereiter im Bereich der Luftfotografie, machte schon in den 1950ern Luftaufnahmen für die erste Karte des Everest, die von National Geographic erstellt wurde, erzählt Ozturk. „Aber er konnte natürlich keine so detaillierten und nahen Aufnahmen machen.“

„Er wäre total begeistert von dieser neuen Technologie“, sagt Ozturk, der auf die technischen Leistungen hinter seinem Foto verweist. „Das ist im Grunde wirklich ein Triumph der Technologie. Wir haben nur ihr volles Potenzial ausgeschöpft.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

 

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