Retten und gerettet werden: ein mexikanisches Tierschutzprojekt
In vielen Teilen Mexikos ist Tierquälerei Alltag. Das private Projekt Maison Amatlán stellt sich der Herausforderung und bietet Tieren ein sicheres Zuhause - und Menschen eine Chance zu wachsen.
Mexikos Strassenhunde und andere Tiere finden in den freiläufigen Anlagen der Maison Amatlán ein neues Zuhause. Die Einstellung zum Tierschutz ändert sich in Mexiko nur langsam, deshalb sind solche privaten Projekte selten, aber umso wichtiger.
Vierzig Fahrminuten von der lärmenden Hauptstadt Mexiko City entfernt, in dem kleinen Ort Amatlán de Quetzalcóatl, führt links von der Hauptstrasse eine unscheinbare Strasse vor ein großes Holztor. Dahinter befindet sich die Maison Amatlán - ein Ort, der von der Mexikanerin Claudia García als Wochenendhaus geplant war, sich aber zu einem Refugium für Mexikos misshandelte Tiere entwickelt hat.
Der erste Blick wandert linker Hand von den symmetrischen Reihen eines Agavenfeldes, über die gepflegte Anlage zum ersten ockerfarbenen Gebäude: dem Gästehaus der Maison Amatlán. Gegenüber, ein kleines Stück weiter den Weg entlang, wohnen die Hunde, die jeden Besucher aufgeregt begrüßen und zum Hauptgebäude bei den Pferdeställen begleiten. Hinter dem von einem Studenten des berühmten mexikanischen Architekten Luis Barragán geplanten Haus erstrecken sich die Berghänge von Tepoztlán, die nicht nur bei Sonnenuntergang und einem Glas Wein auf der Terrasse ihre volle, atemberaubende Wirkung entfalten. Im Interieur spiegelt sich die Vorliebe der Besitzerin für französische Eleganz, die hier auf die mexikanische Seele des Hauses trifft. Schnell wird klar, dass man an einem sehr speziellen Ort gelandet ist, dessen besondere und entspannte Stimmung das Verweilen leicht macht.
Die Magie des Ortes
Für Einheimische und internationale Ruhesuchende ist dieser Ort sogar mehr als das, sie sprechen von spiritueller Energie. Man erzählt sich, der legendäre, prähispanische Heldengott Quetzalcóatl sei hier geboren. „Die Lage mitten in der Natur und trotzdem so nah an Mexiko Stadt ist großartig“, findet auch Claudia García, die Besitzerin und Gründerin der Maison Amatlán. „Außerdem befinden wir uns an einem ganz besonderen Ort, den die Tolteken, Azteken und Maya als Geburtsort ihres Schöpfer- und Naturgottes verehrten. Dieser Ort ist magisch und seine heilende Energie wirklich einzigartig. Genau der richtige Ort für ein Projekt wie Maison Amatlán.“
Die Maison Amatlán gibt Tieren eine zweite Chance. In einer Art Schutzgebiet können gerettete Tiere ihr Leben in der Natur genießen. Hauptsächlich leben Hunde und Pferde auf dem großen Anwesen, aber auch andere Tiere sind inzwischen willkommen. Die Liebe zu Tieren begleitet Claudia García schon ihr ganzes Leben: „Bereits als Kind habe ich mit Tieren gelebt. Es war mein Traum, irgendwann genug Platz zu haben, um irgendwann Tieren einen Teil meiner Zeit zu widmen. Welchen Tieren genau, das wusste ich nicht“ erzählt die gebürtige Mexikanerin mit den langen blonden Locken. Vor zehn Jahren bekam die erfolgreiche Geschäftsfrau dann die Gelegenheit ein sehr großes Stück Land in der Nähe von Mexico City zu kaufen. „Die Maison Amatlán war ursprünglich als Wochenendhaus geplant. Ich arbeitete damals sehr viel und hätte mich gar nicht ausreichend kümmern können. Ich hatte nur ein paar Hunde, als sich alles verselbstständigte: Ich fing an mehr Hunde zu retten, dann auch Pferde, schließlich Esel und Ziegen. Mit den Ziegen kam die Idee für ein privates Tierrettungsprojekt, denn ich war mir nicht sicher was ich mit den Tieren machen sollte. Dann entschied ich: Die Maison Amatlán war ihr Zuhause und ich wollte ihnen die dauerhafte Sicherheit und Liebe geben, die sie alle brauchten.“
Tierschutz in Mexiko
Inzwischen leben 130 Hunde und 45 Pferde auf dem großen Grundstück und es könnten leicht noch mehr werden, denn Tierquälerei ist in Mexiko ein großes Problem, weiss die Gründerin: „Überall findet man ausgesetzte, frei umherlaufende Tiere und Hunde. Die Strassenhunde sind in schrecklicher Verfassung. Katzen und Hunde werden häufig einfach erschossen. Die meisten Pferde, die mir übergeben wurden oder die ich kaufte, wurden schwer misshandelt. Schuld ist oft die mexikanische Tradition der tanzenden Pferde. Pferden auf professionellem Wege das Tanzen beizubringen dauert lange. Deshalb werden sie geschlagen, damit es schneller geht. Solche Pferde brauchen lange, um wieder mit Menschen in Beziehung zu treten und ihnen zu vertrauen.“
Während in den mexikanischen Städten langsam das Bewusstsein für den Tierschutz wächst, leben die allermeisten Tiere in den Vororten und ländlichen Regionen nach wie vor unter schrecklichen Bedingungen. „Wir brauchen eine kulturelle Veränderung,“ sagt Claudia García, „die aber nur mit der umfassenden Aufklärung über Respekt einhergeht, die in unserer Kultur immer noch fehlt. Dabei geht es um Bildung. Mein Team und ich arbeiten daran, die Menschen für einen respektvollen Umgang gegenüber Menschen und allen Lebewesen zu sensibilisieren. Wir versuchen Vorbilder für die Menschen zu sein und damit ein Umdenken zu bewirken.“
Mexikos Pferde erfahren oft Gewalt. So sieht ein Pferdetag in der Maison Amatlán aus: Freigang, Fressen, Training und viel Gruppenkuscheln.
Langer Weg zurück in ein gutes Leben
Claudia Garcías langfristiger Wunsch trifft in der Maison Amatlán auf die Realität und erfordert kurzfristige Taten, denn die geretteten Tiere müssen gepflegt und betreut werden. Auf der einen Seite gibt es Hunde die sich auf der Anlage frei bewegen können und die, so García, das beste Leben aller Zeiten führen. Andere leben einzeln auf großen, abgesperrten Flächen. „Wir versuchen sie dazu zu bringen sich der Gruppe anzuschließen. Manchmal ist das nicht so einfach, denn sie kämpfen zum Beispiel erbittert um Fressen. Sie wurden besonders schwer misshandelt und es dauert lange, bis sie Menschen und Hunden wieder vertrauen können. Denn Hunde werden auch von anderen Hunden auf der Straße misshandelt oder gebissen.
Einzelne Helfer pflegen die Hunde zuhause körperlich gesund, bevor sie zur emotionalen Heilung zu uns kommen. Meine Leute widmen sich diesen Hunden, spielen mit ihnen und schwimmen im Pool. Sie werden wirklich verwöhnt und haben auch außerhalb der Gruppe ein schönes Leben. Wenn sie diese positive Beständigkeit erleben und es genug Essen gibt, werden sie in der Regel zugänglicher“, berichtet sie von ihren Erfahrungen.
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Die Aufnahme der vielen Pferde stellte das Team der Maison Amatlán vor neue Aufgaben. „45 Pferde erfordern ein hohes Maß an Professionalität. Um glücklich zu sein, müssen Pferde trainiert werden und brauchen einen sozialen Verbund, denn sie lieben es mit anderen Pferden zusammen zu sein“, erklärt die Gründerin. „Dazu brauchen sie viel Platz und genug zu Essen. Die meisten unserer Pferde leben im Herdenverbund auf einer großen Fläche, wo sie die meiste Zeit fressen. Die auffälligen Pferde stellen wir getrennt, arbeiten mit ihnen und behandeln sie. Wir versuchen ihnen viel Liebe und Fürsorge zu geben. Dafür haben wir einige Freiwillige, denn das ist das Wichtigste.“
Maison Amatlán auch für Besucher geöffnet
Das Team hat in den vergangenen Jahren mit den Aufgaben nicht nur an Professionalität gewonnen, sondern ist auch zahlenmäßig gewachsen. Es gibt ein festes Team vor Ort und externe Retter. „Was als persönliches Projekt begonnen hat, ist mit der Anzahl der Tiere soweit gewachsen, dass wir Unterstützung brauchen“, gesteht Claudia García.“Wir sind jetzt ziemlich voll. Bisher zahle ich alles, bekomme keine finanzielle Unterstützung. Das macht es schwierig, denn wir müssen auswählen und können meist nur noch die allerschlimmsten Fälle aufnehmen, um sie hier zu behandeln.“
Besucher können sich gegen ein geringes Eintrittsgeld intensiv mit den Tieren der Maison Amatlán befassen. Nach jahrelangen schlechten Erfahrungen mit Menschen, hat das Team dem Tier das Vertrauen wiedergegeben.
Auch um die Kosten zu tragen, hat sich die Maison Amatlán nun für Besucher geöffnet. Doch es geht der Gründerin um noch mehr: „Mir scheint, dass die Unterstützung für Tiere und Menschen heute wichtiger ist als je zuvor. Ich glaube an die heilsame Wirkung der Interaktion und die große Kraft der Verbindung mit Tieren. Deshalb haben wir aus dem rein privaten ein öffentlich zugängliches Projekt gemacht, bei dem Menschen mit Pferden und Hunden über verschiedene Aktivitäten in Kontakt treten können. Jeder kann jetzt unser Refugium besuchen. Es geht darum, eine gute Zeit zu haben.“ Gegen eine Gebühr bekommen Besucher die Möglichkeit Tiere zu füttern, ein Pferd zu baden, mit Hunden zu spielen oder am heilpädagogisches Reiten teilzunehmen. Die Preise in Mexiko sind für ausländische Geldbeutel oft erschwinglich. Ein dreistündiger Besuch in der Maison Amatlán kostet ungefähr 35 Dollar, inklusive Snack.
Daneben gibt es auch teurere Angebote, wie die Reittherapie oder ein fantastisches Reiterlebnis mit Picknick in den Bergen. Unternehmen und ihre Mitarbeiter können hier Veranstaltungen abhalten, Coaching-Sitzungen buchen oder einfach dem Chaos der Stadt entfliehen und die Natur genießen. Die Einnahmen jedes Besuchs helfen die Kosten zu tragen. Außerdem ist eine Merchandise-Linie geplant, deren Erlös in die Tierrettung fliesst. Wer lieber Zeit statt Geld investieren möchte, kann das ab dem Sommer 2021 tun: "Dann wird es ein Freiwilligenprogramm in der Maison Amatlán geben. Die Leute können kommen, die gute Sache unterstützen und zwei Monate für Kost und Logie arbeiten. Jeder ist willkommen: Pferdeliebhaber mit medizinischen Fähigkeiten genauso wie Freiwillige, die mit uns und für die Tiere arbeiten und diese erstaunliche Erfahrung machen möchten.“
Bei einem Ausritt in die hügelige Gebirgslandschaft von Tepoztlán kann man als Besucher die mexikanische Natur geniessen und eine Beziehung zu einem Pferd aufbauen. Pferde reagieren sehr empfindlich auf Emotionen, weshalb sie vielseitig in der Therapie eingesetzt werden.
Einzigartige Chance für Tiere und Menschen
Claudia García ist sich sicher, dass alle Besucher die Maison Amatlán mit vielen großartigen Erfahrungen verlassen, „denn wir zeigen, wie man Tiere im Allgemeinen sehen sollte: Als echte Meister. So sollten wir sie behandeln, respektieren und das Töten von Tieren, aus welchem Grund auch immer, vermeiden. Dass ist das Wichtigste, was die Besucher neben der Freude mitnehmen“.
Claudia García erwarb das einzigartige Anwesen als Wochenendhaus. Da die Mexikanerin schon immer ein großes Herz für Tiere hat, entschied sie sich in der Maison Amatlán ein privates Tierschutzprojekt umzusetzen.
Die junge Mexikanerin hat mit der Maison Amatlán im Herzen der Gemeinde Tepoztlán in Morelos, Mexiko ihr Herzensprojekt umgesetzt und hält es mit viele Leidenschaft am Leben. Angetrieben wird sie von „dem Glück in den Augen der Tiere, die ich gerettet habe. Eigentlich geben sie mir mehr, als ich ihnen zurückgebe. Sie sind mir eine große Hilfe im Leben. Es ist ein großartiges spirituelles Projekt, das mir die Möglichkeit gibt mit Tieren zu arbeiten. Es ist einzigartig und das Beste, was ich je gemacht habe“, sagt sie und macht sich auf durch das hölzerne Tor, vielleicht um das nächste Tier zu retten.
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