Blinder Höhlenfisch: Kerngesund trotz hohem Blutzucker

Die dicken Fische sind unersättlich, insulinresistent und für die Diabetesforschung damit höchst interessant.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 27. März 2018, 09:53 MESZ
Ein mexikanischer Süßwasserfisch der Art Astyanax mexicanus im Zoo von Tulsa, USA.
Ein mexikanischer Süßwasserfisch der Art Astyanax mexicanus im Zoo von Tulsa, USA.
Foto von Joël Sartore, National Geographic Photo Ark

In Deutschland leiden etwa 6 Millionen Menschen an Diabetes und täglich werden um die 1.000 Neuerkrankungen registriert. Was einem dazu sicher nicht als Erstes einfällt, ist ein blinder Fisch, der in der Dunkelheit mexikanischer Höhlen lebt.

Aber genau diesen kleinen Fisch der Art Astyanax mexicanus untersuchen Wissenschaftler der Universität Harvard, um herauszufinden, wie sie die Krankheit bekämpfen können.

Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen wurden vor Kurzem im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht und zeigen, dass das Tier auf einzigartige Weise seinen Blutzucker reguliert.

„Wir wissen nicht, ob die Untersuchung des Fisches uns auf direkte Weise helfen wird, aber die Evolution hat im Laufe von Jahrmillionen eine Menge Genvarianten ausprobiert und ich denke, das ist eleganter als alles, das wir selbst mit Hilfe von maschinellem Lernen zu bieten haben. Ich glaube, es wäre töricht, sich das nicht anzusehen“, sagte einer der Studienautoren, Nicolas Rohner, in einer Pressemitteilung.

Mit Hilfe der CRISPR/Cas-Methode zur Geneditierung haben die Genetiker herausgefunden, dass die Fische eine Insulinresistenz haben.

Insulin ist der entscheidende Faktor für die Regulierung des Blutzuckerspiegels, da es die Zellen des Körpers dazu anregt, die Glukose im Blut aufzunehmen und in Energie umzuwandeln.

Menschen mit Typ-2-Diabetes produzieren entweder nicht genügend Insulin oder es wirkt im Körper nicht richtig, sodass es zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel kommt. Auch die Höhlenfische haben hohe Blutzuckerwerte – allerdings scheint sich das kaum auf ihre Gesundheit auszuwirken.

Vorherige Studien zu dieser Tierart haben nachgewiesen, dass die Fische ein Gen haben, welches einen unstillbaren Hunger verursacht. Bei Menschen ist das ein gefährlicher Zustand, aber den Fischen hilft es dabei, Fettreserven für Zeiten der Nahrungsknappheit anzulegen. Auf diese Weise können sie in den Höhlen überleben, in denen die Algen, die ihnen als Hauptnahrungsquelle dienen, nur unregelmäßig wachsen.

Dann verglichen die Forscher die blinden Höhlenfische mit ihrem schlankeren Cousin, einem sehenden Flussfisch, der die Insulinresistenz der Höhlenfische nicht besitzt. Beide Arten zeigten die gleiche Lebenserwartung.

Im Labor wurden Hybriden aus dem Flussfisch und dem Höhlenfisch gezüchtet – der Nachwuchs war ebenfalls eher pummelig und wies die Insulinresistenz des Höhlenfisches auf. Im Anschluss hat man die entsprechende Mutation für die Insulinresistenz Zebrabärblingen eingesetzt. Auch sie legten an Gewicht zu und wurden insulinresistent.

Wenn Menschen einen hohen Blutzuckerwert haben, sind die Proteine in ihren Zellen im Prinzip mit Zucker überzogen und können nicht mehr richtig funktionieren.

„Die Höhlenfische haben hohe Blutzuckerwerte, aber keine Proteine mit Zuckerüberzug. Wie machen sie das?“, fragt eine Autorin der Studie, Misty Riddle, in einer Mitteilung.

Wenn sie ein besseres Verständnis dafür entwickeln können, wie diese Fische dennoch ein gesundes Leben führen, so die Hoffnung der Forscher, könnten sie eventuell auch Strategien entwickeln, die Menschen mit Diabetes helfen können.

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