Zweite Chance für Tiere dank Prothesen aus 3D-Drucker
Experten entwerfen preiswerte Prothesen für Wild- und Haustiere.
Paolo Miamoto kümmert sich für gewöhnlich um Schäden am menschlichen Gebiss. An stolzesten ist er aber vermutlich darauf, dass er der Gans Vitória ihr Lächeln zurückgegeben hat.
Als die Graugans im Dezember 2015 in ein Tierrettungszentrum bei São Paulo in Brasilien gebracht wurde, fehlte ihr der Großteil des Schnabels. Freiwillige Helfer fütterten sie mit Babynahrung. Allerdings war das zeitaufwendig und sorgte dafür, dass der Vogel vollständig von seinen menschlichen Pflegern abhängig war.
Das Rettungszentrum nahm daraufhin Kontakt zu Miamoto auf, einem Zahnarzt, der auf Zahn- und Gesichtsrekonstruktion spezialisiert ist. Mithilfe eines 3D-Druckers sollte er eine Schnabelprothese für Vitória anfertigen.
Miamoto ist Teil der Gruppe Animal Avengers – einem Zusammenschluss aus freiwilligen Tierärzten, Experten für Computermodellierung und dem Zahnarzt selbst, die mit 3D-Druckern maßgeschneiderte Prothesen für Wild- und Haustiere herstellen.
EINE ZWEITE CHANCE
Vitórias erste Schnabelprothese fiel zu groß aus und löste sich wieder ab. Also ging es für die Avengers zurück ans Zeichenbrett und an den Computer, wo sie einen zweiten Prototyp entwarfen. Diesen druckten sie mit einem biologisch abbaubaren Polymer aus Mais und Zuckerrohr.
Vitórias neuer Schnabel passte perfekt und wurde bei einer zweiten OP angebracht. Danach konnte das Tier nach Hause zurückkehren, an die Sandstrände der Gemeinde Ilha Comprida.
„Wir geben vielen Tieren eine zweite Chance. Ohne diese Prothesen hätten die meisten von ihnen eingeschläfert werden müssen, weil sich niemand um sie kümmern kann“, sagt Miamoto.
Das klingt nach einer teuren Hightech-Lösung, ist aber tatsächlich deutlich billiger, als jede Prothese per Hand zu bauen, wie er hinzufügt. Die Avengers nutzen für ihre Arbeit nur Handyfotos, Open-Source-Software und einen 3D-Drucker.
Außerdem achten sie darauf, dass ihre Kreationen auch zum Verhalten des Tieres und seinem Lebensraum passen.
„Wenn man einem Tukan einen weißen Schnabel gibt, dann akzeptieren ihn die anderen Tukane vielleicht nicht. Darum muss er orangefarben sein.“
Auf der ganzen Welt nutzen immer mehr Tierärzte 3D-Drucker, um maßgeschneiderte Prothesen und orthopädische Hilfsmittel für Haustiere und Wildtiere anzufertigen.
DER HUND DERBY
Die Vorderbeine des Malamutes Derby waren schon bei der Geburt nicht voll ausgebildet. Der Hund konnte nicht laufen, geschweige denn rennen. Mit der Hilfe von Derbys Haltern entwarf das Unternehmen Animal OrthoCare für ihn maßgeschneiderte Prothesen aus dem 3D-Drucker. Mittlerweile läuft Derby wie jeder andere Hund durch seine Nachbarschaft.
DAS PFERD HOLLY
In Australien hatte sich das Pferd Holly eine Hufrehe zugezogen. Die schmerzhafte Entzündung befällt das Gewebe, welches den Huf mit dem Fußknochen verbindet, und kann im Extremfall zum Ablösen des Hufes führen. Die behandelnde Tierärztin kontaktierte John Barnes von der wissenschaftlichen Forschungsbehörde CSIRO in Canberra, der dem Pferd mit einem 3-D-Drucker ein spezielles Hufeisen aus Titan anfertigte.
„Ich hatte keine Ahnung, ob das funktionieren würde. Ich hatte vorher nur einmal auf einem Pferd gesessen“, sagte Barnes. Aber das Hufeisen funktionierte, nahm den Druck vom entzündeten Bereich und sorgte dafür, dass das Pferd wieder laufen konnte.
DIE KATZE CYRANO
Die damals zehn Jahre alte Katze aus Virginia hatte bereits Knochenkrebs überlebt. Allerdings hatte die Krankheit ihr Kniegelenk geschädigt, das konstante Schmerzen verursachte. Tierärzte der North Carolina State University erzeugten mit einem 3-D-Drucker ein vollständiges Knieimplantat. Das Team befestigte das neue Knie an den Knochen des Ober- und Unterschenkels, um einen normalen Bewegungsradius zu gewährleisten.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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