Daheim bei den Drachen
Komodowarane speien vielleicht kein Feuer, aber tödlich sind sie dennoch. In ihrem indonesischen Zuhause gilt bei Besuchen deshalb: Immer einen Stock dabeihaben.
Komodowarane können bis zu drei Meter lang werden und mehr als 130 Kilogramm wiegen. Damit sind sie die größten Echsen der Welt. In freier Wildbahn leben sie im Komodo-Nationalpark in Indonesien, aber viele von ihnen sind auch in Zoos anzutreffen.
Drachen gibt es wirklich. Sie speien kein Feuer. Und man wird sie definitiv nicht durch die Luft fliegen sehen (es sei denn, man sieht sich einen Start von SpaceX an: Die wiederverwendbaren Crew-Kapseln heißen Crew Dragon). Aber mit einer Länge von drei Metern und mehr als 130 Kilogramm kommen die Komodowarane den mythischen Bestien am nächsten.
Um sie in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen, müsste man auf eine von vier indonesischen Inseln reisen. Dort sollte man allerdings nicht allein umherstreifen – denn in den Wäldern lauern zahlreiche Drachen.
Tourismusindustrie geführt, denn die großen, fleischfressenden Reptilien sind ein wahrer Besuchermagnet. Vor dem Betreten des Komodo-Nationalparks gilt es jedoch, einige Sicherheitsregeln zu beachten. Um den Lebensraum der Warane zu schützen, sind weniger als 5 Prozent des Parks für Touristen zugänglich. Jeder Besucher muss von einem Führer oder Ranger begleitet werden, der mit einem sechs Meter langen Holzstab bewaffnet ist.
Galerie: Warane: Es war einmal ein Drache
„Den benutzen sie, um den Waran wegzuschieben, wenn er sich ein bisschen zu sehr für einen interessiert“, sagt Rob Pilley, ein Herpetologe und Tierfilmer.
„Wir sagen gern: Wir halten Komodowarane für tödlich, aber nicht für gefährlich“, scherzt Tim Jessop, ein integrativer Ökologe an der Deakin University in Australien.
Jessop beschäftigt sich seit etwa 20 Jahren mit Komodowaranen. Er meint, es wäre durchaus im Bereich des Möglichen, dass eines dieser Reptilien einen erwachsenen Menschen erlegt. Die Tiere können ihre Kiefer fast 180 Grad weit öffnen. Ihre Zähne sind flache Klingen und ähneln denen Weißer Haie, und sie können blitzschnell aus dem Unterholz hervorschießen, um ihre Beute aus dem Hinterhalt zu überfallen. Und: Der Speichel des Komodowarans enthält ein Gift, das den Blutdruck senkt und Blutungen verstärkt.
Trotz allem macht es eine Vielzahl von Faktoren äußerst unwahrscheinlich, dass ein Mensch durch einen Komodowaran stirbt.
Sonnenbaden und Zweikampf
Die größten Eidechsen der Welt sind wechselwarm, was bedeutet, dass ihr Energieniveau mit der Tagestemperatur schwankt. Aber selbst wenn sie sich durch ein Sonnenbad aufgeladen haben, muss mit dieser Energie für die Nahrungssuche und Paarung sorgfältig gehaushaltet werden. Deshalb neigen die Riesenechsen hauptsächlich zum Faulenzen.
Komodowarane beim Dominanzkampf im Komodo-Nationalpark in Indonesien.
Im Jahr 2018 war Rob Pilley im Komodo-Nationalpark und drehte dort Szenen für einen Dokumentarfilm. Es war Anfang August und der Höhepunkt der Paarungszeit für die Komodowarane. Das bedeutet: Männliche Warane von der Größe eines Krokodils waren in Kämpfe verwickelt, bei denen sie ihre Vorderbeine umeinanderschlingen und sich aufrichten, bevor sie wieder zu Boden stürzen.
„Letztendlich gewinnt derjenige, der den anderen mit dem Körper auf den Boden wuchtet“, sagt Pilley.
„Diese Warane sind mit Testosteron vollgepumpt. Sie sind auf Ärger aus. Und sie sind wirklich ziemlich sauer, weil sie außerdem einen Mordshunger haben.“
Das alles ergibt natürlich großartiges Filmmaterial. Aber wenn Pilley und seine Crew ihre ganze Aufmerksamkeit den Drachen widmeten, die sie gerade filmten, waren sie leichte Beute für andere Drachen, die im Gestrüpp lauerten. Und genau da kamen die Ranger und ihre Stöcke ins Spiel.
„Man muss buchstäblich Augen im Hinterkopf haben, denn die Warane kommen einfach aus dem Gebüsch“, sagt Pilley. Wir saßen mehrmals da und filmten, wie die Männchen miteinander kämpften, und plötzlich tauchte hinter uns ein anderes Männchen auf und die Ranger riefen: ‚Steht auf, steht auf, steht auf!‘“
Das Wichtigste sei laut Pilley, dass man niemals vor einem Komodowaran wegläuft. Denn was läuft vor einem Raubtier weg? Beutetiere wie Rehe und Schweine. Und mit einem Beutetier will man einfach nicht verwechselt werden, wenn ein ausgewachsener Komodowaran vor einem steht. Glücklicherweise sind gefahrlose Besuche bei den Drachen mit einem fachkundigen Führer problemlos möglich.
Rettung für die Drachen
Das Vieh der Einheimischen hat jedoch nicht so viel Glück. Darüber entbrennen dann nicht selten Konflikte zwischen Komodowaranen und Menschen, ähnlich wie das auch bei Löwen in Afrika oder Tigern in Indien der Fall ist. Aber Achmad Ariefiandy arbeitet daran, das zu ändern.
Ariefiandy ist ein Ökologe, der für eine gemeinnützige indonesische Organisation namens Komodo Survival Program arbeitet. Jedes Jahr fangen und chippen er und sein Team so viele Warane wie möglich. Ihr Programm liefert einige der ersten Daten über den Alltag der Echsen, die je aufgezeichnet wurden. Die Organisation arbeitet auch daran, die Einheimischen über den Wert der gemeinsamen Nutzung ihres Lebensraums mit den Komodowaranen aufzuklären. Und sie informiert darüber, wie bessere Weidepraktiken dazu beitragen können, die Verluste durch die wichtigsten Raubtiere der Inseln zu verringern.
Komodowarane existieren nur in Indonesien, sagt Ariefiandy, und die Weltnaturschutzunion listet sie bereits als vom Aussterben bedroht.
„Wenn diese Tiere aussterben, können die Menschen sie nie wieder sehen“, sagt Ariefiandy. „Also müssen wir sie wirklich schützen.“
Ein Komodowaran sonnt sich im Komodo-Nationalpark. Die seltenen Reptilien sind wechselwarm, was bedeutet, dass ihr Energieniveau von ihrer Körpertemperatur abhängt.
Der Komodo-Nationalpark ist derzeit wegen der COVID-19-Pandemie für Besucher geschlossen. Aber das könnte am Ende eine gute Sache für die Drachen sein. Im Juli 2019 hatten die Behörden geplant, den Nationalpark für das gesamte folgende Jahr zu schließen, da sich die Anwesenheit so vieler Besucher langsam auf die Paarungs- und Fressgewohnheiten der Tiere auszuwirken begann. Diese Entscheidung wurde jedoch im September rückgängig gemacht und der Park blieb offen – bis Indonesien begann, den internationalen Reiseverkehr einzuschränken, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen. Es scheint also, als hätten die Komodowarane doch noch ihre Ruhepause bekommen.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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