Mei Xiang ist wieder Panda-Mama: Warum Pandazucht so schwierig ist

Das blinde, nackte Jungtier ist völlig hilflos und vollständig von seiner Mutter abhängig. Die Pfleger helfen, wo sie können – und überwachen die Pandas rund um die Uhr.

Von Christine Dell'Amore
Veröffentlicht am 26. Aug. 2020, 12:14 MESZ
Panda Mei Xiang

Der Große Panda Mei Xiang, der am 21. August 2020 ein Junges zur Welt gebracht hat, frisst 2016 Bambus im National Zoo in Washington, D.C.

Foto von Linda Davidson, Getty Images

Washingtons 22 Jahre altes Pandaweibchen Mei Xiang hat ein Junges zur Welt gebracht, wie der National Zoo des Smithsonian am 21. August 2020 mitteilte. Das Jungtier, dessen Geschlecht noch unbekannt ist, wurde um 18.35 Uhr Ortszeit geboren. Dem Zoo zufolge kümmert sie sich aufmerksam um ihren Nachwuchs. Es kann mehrere Tage dauern, bis die Tierpfleger das Junge für eine erste Untersuchung abholen können. In der Zwischenzeit werden Mutter und Kind rund um die Uhr überwacht. (Mei Xiang und ihr Junges können über die Panda-Kameras des Zoos beobachtet werden).

„Große Pandas sind ein internationales Symbol der Hoffnung und der bedrohten Wildtiere. Wir freuen uns sehr, der Welt mit der Geburt dieses kostbaren Jungtieres einen dringend benötigten Moment der ungetrübten Freude zu bieten“, sagte Steve Monfort, der Direktor des Zoos, in einer Pressemitteilung.

Neugeborene Pandas sind winzig, blind und notorisch empfindlich. Das Überleben des Jungen ist alles andere als sicher. Nichtsdestotrotz beendet die Geburt eine Phase des nervösen Wartens, die im März mit der künstlichen Befruchtung von Mei Xiang begann.

Der Große Panda Mei Xiang beugt sich auf diesem Foto aus der Panda-Live-Kamera des Zoos über ihr neugeborenes Jungtier.

Foto von Smithsonian’s National Zoo

Mei Xiang hat insgesamt drei überlebende Nachkommen: Tai Shan, geboren im Jahr 2005, Bao Bao, geboren im Jahr 2013, und Bei Bei, geboren im Jahr 2015. Alle drei leben heute in China.

Es gibt vier große Herausforderungen, die junge Pandas bewältigen müssen:

1. Neugeborene Pandas sind besonders hilflos und pflegebedürftig.

Mit einem Geburtsgewicht von 85 bis 140 Gramm ist ein Jungtier des Großen Panda nur 1/900 so schwer wie seine Mutter – eines der extremsten Ungleichgewichte zwischen der Masse von Mutter und Nachwuchs im Tierreich. Nur bei Beuteltieren ist der Unterschied noch größer.

Da das Jungtier die ersten zwei Monate lang weder krabbeln noch sehen kann, ist es auf die Wärme, die Milch und den Schutz der Mutter angewiesen.

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    Seit in den 1980ern die Züchtung von Pandas in menschlicher Obhut begann, wurden das Wissen über das Verhalten und die Ernährung der Tiere sowie die Technologie zu ihrer Überwachung so sehr verbessert, dass „fast alle in Gefangenschaft geborenen Pandas überleben“, sagte Marc Brody 2015 in einem Interview mit National Geographic. Er ist der Gründer und Präsident von Panda Mountain, einer gemeinnützigen Gruppe, die sich für den Erhalt und die Wiederherstellung des Lebensraums von Pandas im chinesischen Wolong-Naturreservat einsetzt.

    „Pandas sind so kostbar, dass man nichts dem Zufall überlässt“, so Brody, der außerdem ein Stipendiat der National Geographic Society ist.

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    Trotzdem ereignen sich mitunter Tragödien. Meis zweites Jungtier, ein Weibchen, wurde im September 2012 geboren. Es starb eine Woche später aufgrund von Lungen- und Leberschäden, wie der Zoo mitteilte. Eine schlecht entwickelte Lunge verhinderte wahrscheinlich, dass das Junge ausreichend Sauerstoff bekam.

    Und im Jahr 2013 brachte Mei einen totgeborenen Zwilling zur Welt – ein sehr seltenes Ereignis.

    2. Panda-Zwillinge benötigen besondere Pflege.

    Große Pandas gebären häufig Zwillinge. In der Wildnis „ist es der natürliche Instinkt der Mutter, sich für den stärkeren der beiden Pandas zu entscheiden und den anderen zu verstoßen“, erklärte Brody.

    Aber Zoos haben eine Möglichkeit entwickelt, das zu umgehen: Sie tauschen die Zwillinge alle paar Stunden aus – einer kommt zur Mutter, der andere in den Brutkasten.

    Leichter gesagt als getan: Als Mei Xiang 2015 Zwillinge gebar, berichtete das Panda-Team des National Zoo zunächst von einigen Schwierigkeiten bei der Panda-Rotation.

    Als das Team spät abends um 23 Uhr versuchte, die Jungen zu vertauschen, wollte Mei Xiang das Jungtier in ihrer Obhut nicht absetzen. „Folglich kümmerte sich das Team bis 7.05 Uhr morgens um das kleinere Jungtier. Erst dann konnte es den Nachwuchs erfolgreich tauschen“, hieß es damals in einer Erklärung des Zoos.

    Wenn diese Strategie aufgeht, bedeutet das, dass jedes Junge genügend Zeit mit seiner Mutter verbringt, um von ihr gesäugt zu werden. Falls nötig, wird ihre Milch mit einer Mischung aus Säuglingsnahrung, Welpenfutter und Wasser ergänzt. Das Verfahren habe in China schon viele Male funktioniert, sagten Zoobeamte.

    3. Pandamütter können ihren Nachwuchs versehentlich erdrücken.

    Die winzigen Pandas leben angesichts ihrer rund 90 Kilogramm schweren Mutter besonders gefährlich. Im Jahr 2006 tötete ein Großer Panda in China versehentlich sein Neugeborenes beim Säugen.

    Wenn man den Größenunterschied bedenkt, „ist es überraschend, dass sie nicht öfter zerquetscht werden“, sagte Brody.

    Die Panda-Kameras des Zoos werden rund um die Uhr überwacht.  Die Zoo-Mitarbeiter behalten das Jungtier sorgfältig im Auge, um sicherzustellen, dass seine Mutter ihm nicht versehentlich etwas antut.

    Tai Shan ist Mei Xiangs Erstgeborener. Auf diesem Bild aus dem Jahr 2010 ist er in der Bifengxia Panda Base zu sehen, einer Panda-Zuchteinrichtung im Südwesten Chinas.

    Foto von Imaginechina, Ap

    Zuchteinrichtungen verfügen über hochempfindliche Aufnahmemikrofone, sodass sofort eingegriffen werden kann, wenn die Angestellten etwas Ungewöhnliches hören.

    Außerdem achten Zootierärzte auch darauf, dass der Nachwuchs gut isst und genügend Milch bekommt. Junge Pandas können acht bis neun Monate lang gestillt werden. Wenn das Jungtier älter wird, geben die Tierärzte ihm mitunter Zusatznahrung, falls es zu langsam wächst.

    „Ein großer Teil der Wissenschaft ist einfach Beobachtung“, sagte er. Die Mitarbeiter des Zoos hätten enorm viel daraus gelernt, zu beobachten, wie sich die Pandamütter um ihre Babys kümmern.

    Beispielsweise haben Forscher auf diese Weise entdeckt, dass Pandamütter die Bäuche ihrer Babys lecken, um ihnen bei der Ausscheidung zu helfen. Die Muskeln der jungen Pandas sind noch zu schwach, um das selbst zu tun.

    „Sie haben herausgefunden, dass es wirklich wichtig ist, den Pandas beim Ausscheiden zu helfen. Mittlerweile gibt es eine Technik, mit der sie die Jungtiere dabei unterstützen können“, sagt er.

    4. Es gibt nicht genügend Lebensraum für Pandas.

    Auch wenn Große Pandas sich in menschlicher Obhut gut machen, sieht es in der Wildnis düster für sie aus. Möglicherweise streifen nur noch um die 1.600 Pandas durch die Bergwälder Zentralchinas. Größtenteils ist der Bestandsrückgang auf die Fragmentierung ihres Lebensraums durch menschliche Einflüsse zurückzuführen.

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    „Solide Wissenschaft hat zu Durchbrüchen bei der Zucht und Pflege von Pandas in Gefangenschaft geführt. Und ebenso haben wir jetzt fundierte wissenschaftliche Forschung, die zeigt, dass die Wiederherstellung des Lebensraums Wald möglich ist“, sagte er.

    Zu diesem Zweck sind Bemühungen im Gange, einheimische Pflanzen und Bäume im Wolong-Naturreservat anzusiedeln, um die Wälder und den Lebensraum des Pandas wiederherzustellen. Außerdem gibt es Bemühungen zur Schaffung eines neuen Nationalparks für Pandas. Dafür sollen mehrere bestehende Pandareservate und Schutzgebiete miteinander verbunden werden.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

     

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