Immer mehr tote und verletzte Igel in deutschen Gärten

Die Zahl der Mähroboter in heimischen Gärten steigt kontinuierlich – und mit ihnen die Schnittverletzungen, die Igel durch die Rasenmäher erlangen. Die Gefahr für die Igel ist groß: immer mehr der kleinen Tiere sterben an ihren Verletzungen.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 16. Juni 2023, 15:41 MESZ
Ein Igel sitzt im grünen Gras.

Die ohnehin schon gefährdeten Igel haben es immer schwerer. In den letzten Jahren kam noch eine weitere Gefahr für sie hinzu: heimische Mähroboter.

Foto von Soho A studio / Adobe Stock

Mit dem Sommer beginnt auch die Zeit der Mähdrescher und Rasenmäher – und damit ebenfalls die Zeit der Unfälle, die geschehen, wenn die Maschinen auf Wildtiere treffen. Bekannt ist mittlerweile beispielsweise, dass frisch geborene Rehkitze im Mai und Juni immer wieder von großen Mähmaschinen erfasst und dabei verletzt oder sogar getötet werden. Helfer*innen suchen deshalb im Rahmen des Projektes Kitzrettung 2023 bei Rehen beliebte Gebiete vor der Mahd mit Drohnen und Wärmebildkameras ab – vor allem Felder, auf denen hohes Gras wächst, sind dabei im Fokus.

Doch nicht nur auf dem Feld, auch in den deutschen Gärten spielen sich tagtäglich Horrorszenarien ab. Die Gefahr: heimische Mähroboter. Ihre Opfer: Igel, die an den von den Robotern verursachten Schnittverletzungen sterben.

Laut dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) steigen die Zahlen verletzter und toter Igel aktuell rasant an – ähnlich wie die Absatzzahlen von Mährobotern. 

Immer mehr Igel fallen den Robotern zum Opfer

Einige der verletzten Igel werden in der Pathologie des Leibniz-IZW untersucht. Die Schnittverletzungen sind nicht immer so extrem wie in diesen Fällen, können aber dennoch schnell zum Tod führen, etwa durch Entzündungen.

Foto von Gudrun Wibbel/Leibniz-IZW

Für viele Menschen sind die kleinen Mähroboter eine willkommene Hilfe bei der unliebsamen Gartenarbeit: Sie erledigen das Rasenmähen im Garten ganz automatisch und ohne Aufsicht. Nicht selten lassen Gartenbesitzer*innen die Roboter nachts laufen – um tagsüber den frisch gemähten Rasen genießen zu können.

Für kleine Gartenbewohner kann das tödlich enden. Zwar werben viele Hersteller von Mährobotern damit, dass kleine Tiere und Hindernisse von den Maschinen erkannt werden, Studien zeigen aber, dass diese Angaben nicht der Realität entsprechen. Und auch die hohe Anzahl der verletzten Igel, die in die Auffangstationen gebracht werden, zeichnet ein anderes Bild. 

„Wir gehen zudem von einer sehr hohen Dunkelziffer aus, da viele Tiere erst gar nicht gefunden beziehungsweise gemeldet werden“, sagt Anne Berger vom Leibniz-IZW. Sie begleitet eine Zählung von durch Mähroboter verletzten Igeln, die das Institut aktuell gemeinsam mit freiwilligen Auffangstationen durchführt. Die Datensammlung gibt es seit September 2022 und umfasst schon Anfang Juni 2023 mehrere hundert Fälle – Tendenz steigend. Seit dem Frühjahr 2023 verzeichnen die Stationen einen Anstieg von 30 bis 50 Prozent.

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    Laut Berger sind die vorprogrammierten, unbeaufsichtigten Mähroboter und das Verhalten von Igeln bei Gefahr eine fatale Kombination. „[Igel] flüchten nicht, sondern rollen sich zusammen und warten so Gefahren ab“, sagt die Ökologin. Die Mähroboter lassen sich davon allerdings nicht beirren – und fahren weiter. Dabei verletzen die scharfen Schneideblätter die Igel dann an Körper oder Schnauze. Der nächtliche Betrieb der Mähroboter ist dabei besonders gefährlich: Zu dieser Zeit sind Igel oft auf Nahrungssuche. 

    Sobald sie sich eine Verletzung zugezogen haben, ziehen sich die Tiere meist in Hecken oder Büsche zurück. Dort sind sie schwer zu entdecken und Hilfe kommt oft zu spät oder gar nicht.

    Erst im Jahr 2020 wurde der Igel auf die Vorwarnliste der Roten Liste gefährdeter Tierarten des BfN gesetzt. Die Mähroboter stellen laut IZW nun ein weiteres Risiko dar, das die Igelpopulationen in Deutschland langsam dezimiert. Das belaste auch die bisherigen Hilfsangebote, so Berger. „Die Verletzungen haben in den letzten Monaten ein Ausmaß angenommen, das viele Stationen physisch, psychisch und finanziell überfordert. Nicht wenige stehen kurz vor der Aufgabe, wenn nicht von politischer Seite Unterstützung kommt.“

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