Walsturz: Das passiert mit Walen nach ihrem Tod

Wenn Wale sterben, sinken sie meist auf den Meeresgrund der in Tiefsee und werden dort zum Festmahl für unzählige Meeresbewohner. Den sogenannten Walsturz bekommen wir Menschen nur selten zu sehen – für das Ökosystem Meer ist er aber enorm wichtig.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 18. Okt. 2023, 08:50 MESZ
Ein halb verwester Walkadaver am Meeresboden, den Oktopusse und Fische umschwärmen.

Walsturz im Monterey Bay National Marine Sanctuary, einem Meeresschutzgebiet in Kalifornien. In 3.200 Metern Tiefe schwärmen Oktopusse und andere Meeresbewohner um den Kadaver.

Foto von OET/NOAA / CC-BY 2.0

Ein toter Wal fällt frei durch die Tiefen des Ozeans, gleitet durch Hunderte Meter Wasser, bis er schließlich auf dem Meeresgrund aufschlägt und zur Ruhe kommt. Lange dauert es nicht, bis er Gesellschaft bekommt. Kleine und große Fische, Oktopusse und andere Meeresbewohner machen sich über seinen Körper her. Das Phänomen nennt sich Walsturz – und ist für das Ökosystem Meer unabdingbar.

Durch die verschiedenen Stadien des Verfalls kann ein toter Wal teilweise jahrelang als Nahrungsgrundlage dienen. So auch ein Walkadaver, der vor einigen Jahren im Benthal – so heißt der Lebensraum am Boden eines Gewässers – des Pazifiks, etwa 1.250 Meter unter der Meeresoberfläche entdeckt wurde. Beobachtet wird der Kadaver seit 2009. Er zeigt, wie lange das organische Material eines Wals Nährstoffe liefern kann.

Bewohnter Walsturz in 1.250 Metern Tiefe

Generell bekommen Menschen einen Walsturz nur selten zu Gesicht. In der Tiefsee ist der Wasserdruck so hoch, dass nur spezielle Tauchroboter und Unterwasserkameras die Chance haben, Bilder des dortigen Meeresgrundes aufzunehmen. Die Untersuchungen, die Wissenschaftler*innen des EV Nautilus Exploration Programs unter der Leitung des Ocean Networks Canada (ONC) bei dem 2009 entdeckten Walkadaver anstellen, sind ebenso selten. 

Links: Oben:

Nahaufnahme des Walsturzes, der seit 2009 von Wissenschaftler*innen des Ocean Networks Canada immer wieder mit Kameras besucht wird.

Rechts: Unten:

Auf dem Kadaver leben bis heute Schnecken, Krabben und einige Fische.

bilder von Screenshot Video EVNautilus

Der jüngste Besuch bei dem etwa 16 Meter langen, bislang nicht konkret identifizierten Wal zeigt, dass er auch 14 Jahre nach seiner Entdeckung noch Nahrung und Lebensraum für Fische, Krabben und Schnecken liefert. Konkret konnten die Forschenden unter anderem Granadierfische, die zu den Dorschartigen gehören, Riesenasseln und sogenannte Röhrenwürmer nachweisen. Letztere haben sich auf dem linken Kieferknochen des Wals eingenistet und leben dort nachweislich schon seit 2009.

Walkadaver als unabdingbare Lebensgrundlage

Doch wie läuft die Zersetzung so eines Walkadavers ab? Laut dem National Ocean Service (NOAA) sind Aasfresser meist die ersten, die nach einem Walsturz zur Stelle sind. Dazu gehören einige Hai- und Aalarten sowie Krabben, die das Weichgewebe gemeinsam innerhalb weniger Monate verzehren. Daraufhin siedeln sich kleinere Krabben und Würmer an, die die letzten Reste des organischen Materials verspeisen. „Organische Fragmente oder Detritus reichern darüber hinaus über ein Jahr lang die Sedimente in der Nähe des Kadavers an“, so die Organisation.

BELIEBT

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    In den folgenden Jahren bis Jahrzehnten dient das Skelett dann als Siedlungsfläche für viele wirbellose Tiere wie Oktopusse, Schnecken und Würmer. Außerdem können Mikroben von der Energie, die durch die Verwesung freigesetzt wird, jahrzehntelang leben – diese reinigen wiederum das Wasser und liefern Sauerstoff. „So bildet sich um den Walkadaver ein ganz neues Nahrungsnetz“, so die NOAA.

    Der Wal gibt am Ende seines Lebens also viel an den Lebensraum, den er einst nutzte, zurück – und reiht sich durch sein Ableben nahtlos in den Kreislauf des Lebens unter Wasser ein.

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