Affenspaß: Haben Tiere einen Sinn für Humor?

Die Verhaltensforschung hat herausgefunden, dass Menschenaffen derben Scherzen nicht abgeneigt sind. Lachen können sie ohnehin.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 13. Mai 2024, 09:30 MESZ
Zwei Schimpansen sitzen nebeneinander und lachen einander an.

 Auch Schimpansen können lachen.

Foto von Joern / stock.adobe.com

Wer hätte gedacht, dass Ratten kitzelig sind? Vor rund 25 Jahren entdeckte der estnisch-amerikanische Psychologe und Neurowissenschaftler Jaak Panksepp in Experimenten, dass die Nager zirpende Geräusche erzeugen, wenn man sie kribbelt. Einige der Laborratten mochten das so sehr, dass sie der Hand folgten, die sie kitzelte. Dabei gaben sie die gleichen hochfrequenten Laute von sich, die sie beim Spielen äußerten. 

Auch die britische Psychologin Marina Davila Ross kitzelte Tiere im Namen der Wissenschaft. Genau genommen junge Menschenaffen, die mit tierischen Lachern darauf reagierten. Ross nannte das „tickle-induced vocalizations“, kitzelinduzierte Vokalisation.

Heute weiß man, dass viele Tiere sich ähnlich verhalten. Eine aktuelle US-Studie listet 65 Arten, die auf ganz eigene Art und Weise lachen – darunter auch Hunde, Robben und verschiedene Vögel. Sie zeigen dieses Verhalten vor allem dann, wenn sie spielen, etwa wenn sie miteinander raufen. Damit signalisieren sie Artgenossen: Ich komme in friedlicher Absicht.

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Was ist Humor?

Tiere können also lachen. Haben sie womöglich sogar einen Sinn für Humor? Das fragte sich auch ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie. Klar ist: Tiere können fröhlich sein oder traurig, Freude und Leid empfinden. Der menschliche Humor scheint aber tiefer zu reichen. 

Generationen von Philosophen, Soziologinnen und anderen Gelehrten haben sich an einer Definition versucht. Oft versteht man Humor als Begabung, den Tücken einer unvollkommenen Welt mit heiterer Gelassenheit zu begegnen. Nicht umsonst heißt es: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Sind Tiere zu einer solchen Gedankenleistung fähig?

Um das herauszufinden, beobachte das deutsch-amerikanische Forschungsteam unsere nächsten tierischen Verwandten: „Menschenaffen sind hervorragende Kandidaten, um spielerisches Necken zu studieren“, erklärt Biologin Isabelle Laumer vom Max-Planck-Institut. Nicht nur, weil sie die meisten Gene mit uns teilen. Sondern auch, weil sie „sich an sozialen Spielen beteiligen, lachen und ein relativ ausgeprägtes Verständnis über die Erwartungen anderer aufweisen“.

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    Laumer und ihre Mitstreiter untersuchten spontane soziale Verhaltensmuster, die als „spielerisches Necken“ gelten. Ein Beispiel: Ein junger Schimpanse stupst ein älteres Tier an und läuft dann weg. Der andere Affe dreht sich kurz um. Immer wieder schleicht sich das Jungtier an, stupst erneut, huscht davon und erwartet die Reaktion des gefoppten Tieres. 

    Schon die legendäre Verhaltensforscherin Jane Goodall hatte vor vielen Jahren ähnliche Verhaltensweisen bei Schimpansen in Tansania beobachtet. Die neue Studie sei jedoch die erste, die das spielerische Necken systematisch untersucht habe, unterstreichen die beteiligten Autorinnen und Autoren.

    Insgesamt dokumentierte das Team 18 solcher Verhaltensweisen. Einige Tiere zum Beispiel zupften ihren Artgenossen am Fell, starrten ihnen überraschend ins Gesicht oder wedelten vor ihren Augen mit Gegenständen herum. „Ähnlich wie das Necken bei Kleinkindern beinhaltet das spielerische Necken von Menschenaffen einseitige Provokation“, sagt Laumer. 

    Tierischer Humor vor 13 Millionen Jahren

    Das alles setze eine enorme gedankliche Leistung voraus. Wer einen Artgenossen necken will, muss nämlich dessen folgende Handlungen vorhersehen können. Es bedarf einer genauen Vorstellung darüber, was das Gegenüber erwartet, um dann gezielt mit dieser Erwartung zu brechen. Auf diese Weise spielt man dem anderen einen Streich. 

    Alles in allem braucht es dafür soziale Intelligenz. Auch, weil das neckende Tier wissen muss, dass es den Bogen nicht überspannen darf, um aggressive Reaktionen zu vermeiden. Laumer betrachtet spielerisches Necken deshalb als Vorläufer des Scherzens – und damit des Humors. 

    Und weil alle Menschenaffenarten spielerisches Necken zeigen, hält die Biologin es für wahrscheinlich, dass sich die Voraussetzungen für Humor schon vor mindestens 13 Millionen Jahren in der menschlichen Abstammungslinie entwickelt haben. 

    Vermutlich saßen unsere frühen Vorfahren schon vor Urzeiten gemeinsam am Lagerfeuer und erzählten sich Witze über Mammuts, Wollnashörner und missglückte Jagdversuche.

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