7 Erfolge für die Umwelt aus 2020
Von wachsenden Walbeständen bis zu einem Aufschwung bei Elektrofahrzeugen gab es 2020 trotz aller Schwierigkeiten auch gute Nachrichten, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft machen.
Die Abenddämmerung bricht am 07. Juli 2020 über den Naturattraktionen des Yosemite Valley herein, darunter der Half Dome (Mitte links) und der Nevada Fall (unten rechts). Nachdem der Park aufgrund der Pandemie für zweieinhalb Monate schließen musste, begannen Wildtiere Gebiete zu erobern, die einst von Besuchern genutzt wurden.
2020 wüteten Waldbrände in Australien und im amerikanischen Westen, Wirbelstürme verheerten Mittelamerika und die Golfküste, Heuschrecken verdunkelten den Himmel über dem Horn von Afrika und eine neue, tödliche Krankheit sprang von ihrem wildlebenden Wirt auf den Menschen über und stellte das Leben, wie wir es kannten, auf den Kopf.
Mit all diesen Endzeitmotiven in den Schlagzeilen kann man wohl niemandem das Gefühl verübeln, dass die Natur ein wenig feindselig geworden ist. Dennoch bleibt zu bedenken, dass die Menschheit ihr unablässig Schaden zufügt: Die biologische Vielfalt schwindet nach wie vor rasant, die Entwaldung im Amazonasgebiet nimmt zu, und ein neuer Bericht besagt, dass die Pläne zur Reduzierung der CO2-Emissionen nicht annähernd reichen, um die bescheidenen Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Und doch gab es in diesem schwierigen Jahr auch Gutes, das Hoffnungen für 2021 schürt.
1. Große Investitionen in Nationalparks
In diesem Jahr verbrachten zahllose Menschen einen Großteil ihrer Zeit isoliert in ihren Häusern oder Wohnungen. Die Natur als Ort der Zuflucht und Unterhaltung gewann dadurch eine neue Bedeutung. In den USA wurde im Juli der Great American Outdoors Act verabschiedet: Seit den 1950ern hatte der US-Kongress nicht mehr zugestimmt, so viel Geld für Nationalparks auszugeben – und dementsprechend sind viele der Parks mit ihrer Instandhaltung in einen teuren Rückstand geraten. Das Gesetz sieht auch Mittel für Wälder, Schutzräume und künftige Landkäufe vor. Alles in allem wurden den öffentlichen Ländereien durch das Gesetz fast 10 Milliarden Dollar zugesprochen.
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2. Aufschwung bei Elektrofahrzeugen
In den letzten zehn Jahren sind E-Autos dank technologischer Verbesserungen, niedrigerer Preise und staatlicher Subventionen immer beliebter geworden. Im Jahr 2010 waren gerade mal 17.000 Elektroautos auf den Straßen der Welt unterwegs. Im Jahr 2019 waren es schon schätzungsweise 7,2 Millionen, die Hälfte davon in China. Neue Zusagen von Regierungen, die in diesem Jahr gemacht wurden, könnten dem Rest der Welt beim Aufholen helfen. Großbritannien kündigte an, den Verkauf neuer Benzin- oder Dieselautos bis 2030 zu verbieten, und Kalifornien will bis 2035 nachziehen. Die ambitionierteste Deadline hat aktuell Norwegen mit 2025 – allerdings ist der Markt dort auch viel kleiner.
Ende Oktober stellte Volkswagen seine neuen Elektroautos im Rahmen einer Presseveranstaltung vor. Der deutsche Autohersteller wird in den nächsten fünf Jahren Milliarden in die Produktion umweltfreundlicherer Fahrzeuge investieren.
Darauf reagiert auch die Industrie. Der weltgrößte Autohersteller, Volkswagen, ist die vielleicht größte finanzielle Verpflichtung des Jahres 2020 eingegangen. Der Konzern erklärte, dass er in den nächsten fünf Jahren 73 Milliarden Euro in die Herstellung umweltfreundlicherer Autos investieren wird. Auch General Motors wird Milliarden für die Herstellung von Elektrofahrzeugen ausgeben. Amazon hat sich verpflichtet, bis 2030 100.000 elektrische Lieferfahrzeuge auf den Markt zu bringen, und der US Postal Service könnte Elektrofahrzeuge in seine nächste Lieferwagenflotte aufnehmen.
3. Nutzung fossiler Brennstoffe ging zurück
Anfang März führten Streitigkeiten zwischen Russland und dem Ölkartell OPEC zu einer Ölschwemme auf dem Weltmarkt. Im April, als die Pandemie den weltweiten Reiseverkehr praktisch über Nacht zum Erliegen brachte, erreichten die Ölpreise in Texas so historische Tiefstände, dass den Produzenten die Lagerplätze für ihre Produkte ausgingen. Dieser Einbruch veranlasste 36 Ölgesellschaften dazu, Konkurs anzumelden. Wichtige Pipeline-Projekte wie Keystone XL machten in diesem Jahr keine Fortschritte.
Während auch die Erdgaspreise auf historische Tiefststände fielen, stieg der Verbrauch und verdrängte Kohle, deren Fördermenge in den Vereinigten Staaten um 30 Prozent zurückging. (Prognostiker warnen allerdings davor, dass der Kohleverbrauch 2021 wieder ansteigen könnte).
Windkraftanlagen und Sonnenkollektoren produzieren erneuerbare Energie in Desert Hot Springs, Kalifornien. In diesem Jahr wurde eine Rekordzahl von Windkraft- und Solaranlagen installiert.
Weltweit wächst der Sektor der erneuerbaren Energien rasant. In der ersten Hälfte des Jahres 2020 stieg die Stromerzeugung aus Wind und Sonne um 14 Prozent und machte erstmals fast 10 Prozent des weltweiten Stroms aus. Auch in den USA wuchs die Produktion erneuerbarer Energien und nahm seit 2019 um etwa 5 Prozent zu. Die USA haben eine Rekordzahl von Windkraft- und Solaranlagen installiert.
Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die erneuerbaren Energien nach Ansicht von Experten aber noch schneller wachsen.
4. Wall Street kommt ins Schwitzen
Schon vor COVID-19 warnte Larry Fink, CEO des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, dass Investoren eher früher als später mit dem Klimawandel rechnen müssten. Ein im Februar veröffentlichter Bericht zeigte, dass die meisten der mehr als 400 befragten Investoren bei ihrer Entscheidungsfindung die Klimarisiken abwägen.
In den letzten Monaten erklärten die sechs größten Banken in den USA – darunter JPMorgan Chase, die Bank of America und Wells Fargo –, sie würden keine Bohrungen im Arctic National Wildlife Refuge finanzieren, selbst wenn die Trump-Administration versucht, die Leasingverkäufe dort zu beschleunigen. Nachdem JPMorgan Chase der Industrie für fossile Brennstoffe jahrelang Billionen von Dollar geliehen hatte, kündigte die Bank im Oktober an, dass sie künftig auf eine Weise investieren werde, die der Welt hilft, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Wie Bloomberg im vergangenen Monat berichtete, liegen Klima-Investitionen bei der wohlhabenden Elite mittlerweile im Trend.
Der gewählte Präsident der USA, Joe Biden, hat angekündigt, er werde eine Verordnung erlassen, die Börsenunternehmen dazu verpflichtet, ihre Emissionen und deren möglichen Einfluss auf den Klimawandel offenzulegen. Im vergangenen Monat kündigte Großbritannien an, dass es eine ähnliche Transparenz fordern werde.
5. Walpopulationen erholen sich
In den Gewässern nahe Südgeorgien, nördlich der Antarktis, zählten Wissenschaftler die meisten Blauwale seit dem Ende des kommerziellen Walfangs Anfang des 20. Jahrhundert: 55 der Tiere wurden in diesem Jahr gesichtet, nachdem es 50 Jahre lang nur selten zu Sichtungen in diesen Gewässern gekommen war.
Blauwale sind die größten Tiere der Erde und wurden nach Angaben der Internationalen Walfangkommission fast bis zur Ausrottung gejagt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden schätzungsweise fast 300.000 Exemplare getötet – so viele, wie es insgesamt vor Beginn der Jagd gab. Mittlerweile liegt der Bestand in der südlichen Hemisphäre wieder bei etwa 2.300 Individuen.
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In denselben Gewässern haben sich auch Buckelwale ausgezeichnet erholt. Ihr Bestand hat fast wieder die Größe erreicht, die er vor der kommerziellen Jagd hatte. Auch bei den Südkapern sehen Wissenschaftler Grund zur Hoffnung. (Bei Nordkapern geht der traurige Trend in die andere Richtung.)
Die meisten Länder halten sich an das Jagdverbot der Internationalen Walfangkommission, aber Anfang 2020 gingen Japan, Norwegen und Island noch immer auf Walfang. Im Mai signalisierte Island jedoch, dass seine ohnehin wenigen Walfangunternehmen bald den Betrieb einstellen könnten.
6. Der internationale Schutz der Meere geht voran
Im Dezember kündigten 14 Nationen an, dass sie bis 2025 100 Prozent ihrer Küstengewässer nachhaltig bewirtschaften und damit ein Meeresgebiet von etwa der Größe Afrikas schützen werden. Jedes Land versprach, die Überfischung zu bekämpfen, Investitionen zur Verringerung der Meeresverschmutzung zu tätigen und 30 Prozent seiner nationalen Gewässer bis 2030 zu Meeresschutzgebieten zu erklären. Zu den beteiligten Ländern gehören Kanada und Mexiko, Japan, Australien, Kenia, Ghana sowie Norwegen und Portugal. Zusammen machen sie 40 Prozent der weltweiten Küstenlinien aus.
Das britische Territorium Tristan da Cunha gilt als eine der abgelegensten bewohnten Inseln der Welt. In diesem Jahr verpflichtete sich die britische Regierung, 673.000 Quadratkilometer des Ozeans rund um die Insel zu schützen.
Großbritannien ist zwar keine Vertragspartei dieses Abkommens, gab aber Anfang November bekannt, dass das Land weltweit rund 7 Millionen Quadratkilometer des Ozeans schützt. Seine jüngste Schutzzone umfasst 673.000 Quadratkilometer unberührter Gewässer rund um das abgelegene britische Territorium Tristan da Cunha, eine Inselgruppe im Südatlantik.
7. Ein kurzer Blick auf eine sauberere Welt
„Anthropause“ – so nennen Wissenschaftler den globalen Abfall der menschlichen Aktivitäten, als das Coronavirus seinen Marsch um die Welt begann und etliche Länder zum Lockdown zwang. Im März fiel der Flugverkehr auf 50 Prozent des Niveaus vom März 2019, was laut der International Air Transport Association der größte Rückgang in der jüngeren Geschichte war. Der Fahrzeugverkehr in den USA und vielen anderen Ländern ging stark zurück. Teile Indiens, über denen normalerweise der Smog hängt, berichteten, dass sie zum ersten Mal den Himalaja sehen konnten.
Der 1. April 2020 in der Innenstadt von Los Angeles. Als Beamte die Anwohner baten, zu Hause zu bleiben, um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen, schien sich das berüchtigte ewige Verkehrschaos der Stadt plötzlich in Luft aufzulösen. Im Frühjahr 2020 war die menschliche Aktivität weltweit so gering, dass Wissenschaftler die Veränderung sogar in ihren seismischen Messungen erkennen konnten.
„Nature is healing!” (dt.: die Natur erholt sich) wurde zum geflügelten Wort (und bald darauf zu einem Running Gag).
Eine globale Pandemie, die Millionen von Menschen krank macht und ihre Lebensgrundlage zerstört, ist sicherlich kein Weg, um den Planeten für uns gesünder zu machen. Aber sie hat uns gezeigt, was mit ehrgeizigen, entschlossenen Maßnahmen erreicht werden kann.
Außerdem bot die Pandemie den Wissenschaftlern auch eine noch nie dagewesene Gelegenheit: die Chance, Ökosysteme ohne den Einfluss des Menschen zu untersuchen. Das lieferte ihnen einen Vergleichswert, um die Auswirkungen des Menschen auf die Natur genauer abschätzen zu können. Sogar in den Ozeanen wurde es still und den Meereslebewesen wurde eine Pause von dem steten Lärm, den der Schiffsverkehr, Bohrungen und andere menschliche Aktivitäten verursachen verschafft.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.