Schon eine schlaflose Nacht lässt das Gehirn altern

Schlaf und Gehirnalter bedingen sich gegenseitig – und das sogar kurzfristig. Eine Nacht wach zu sein reicht, um das Gehirn alt aussehen zu lassen.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 3. März 2023, 10:48 MEZ
Nur noch kurz etwas auf dem Smartphone anschauen – und schon ist die halbe Nacht vorbei. ...

Nur noch kurz etwas auf dem Smartphone anschauen – und schon ist die halbe Nacht vorbei. Was das nächtliche Wachsein mit dem Gehirn macht, fanden Forschende in einer neuen Studie heraus. 

Foto von DimaBerlin / Adobe Stock

Eine Nacht durchtanzen oder vom Nachwuchs wachgehalten werden – wer nachts nicht schläft, sieht am nächsten Tag alt aus. Und das nicht nur sprichwörtlich: Tatsächlich bedingen sich Schlafverhalten und Gehirnalter. Eine anhaltende Schlafstörung kann zum Beispiel dafür sorgen, dass sich der Alterungsprozess des Gehirns verschnellert.

Doch gilt das auch schon für eine einzige schlaflose Nacht? Welchen Einfluss eine solche auf das biologische Alter unseres Gehirns hat, untersuchte nun ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von David Elmenhorst vom Institut für Neurowissenschaften und Medizin des Forschungszentrums Jülich. Das Ergebnis der Studie, die in der Zeitschrift Journal of Neuroscience erschien, ist erschreckend: Schon eine Nacht ohne Schlaf lässt das Gehirn biologisch altern – um bis zu zwei Jahre. 

Wachbleiben für die Wissenschaft

Für ihre Studie ermittelten die Forschenden zunächst das biologische Alter der Gehirne ihrer 134 jungen Studienteilnehmenden im ausgeschlafenen Zustand mittels MRT und Algorithmen des Maschinellen Lernens. Das biologische Hirnalter kann sich vom kalendarischen Alter unterscheiden – zum Beispiel aufgrund von Erkrankungen wie Demenz, die das Gehirn früher altern lassen. 

Daraufhin schickten sie die Studienteilnehmenden ins Schlaflabor des DLR Köln und untersuchten drei verschiedene Szenarien: Gruppe 1 erfuhr einen vollständigen Schlafentzug und war länger als 24 Stunden wach. Gruppe 2 unterzog sich für eine Nacht akutem Schlafentzug und bekam dann drei Stunden Schlaf. Und Gruppe 3 durfte für fünf aufeinanderfolgende Nächte nur fünf Stunden schlafen – ein chronischer teilweiser Schlafentzug. 

Eine Nacht wach – zwei Jahre gealtert 

Bei der Auswertung der MRT-Daten kamen die Forschenden zu einem überraschenden Ergebnis: Die Aufnahmen der Gruppe mit vollständigem Schlafentzug zeigten in drei unabhängigen Versuchen Veränderungen im Gehirn, die typischerweise erst bei ein bis zwei Jahre älteren Menschen zu beobachten sind. Das Gehirn alterte also in der einen schlaflosen Nacht um ganze ein bis zwei Jahre. 

Im Gegensatz dazu konnten weder durch den akuten Schlafentzug mit drei Stunden Schlaf noch durch den chronischen teilweisen Schlafentzug signifikante Veränderungen im Gehirn der Studienteilnehmenden festgestellt werden. „Insgesamt deuten die übereinstimmenden Ergebnisse darauf hin, dass nur totaler Schlafverlust die Hirnmorphologie bei jungen Teilnehmern in einer altersähnlichen Richtung verändert“, so Elmenhorst. 

Die gute Nachricht für Feierfreudige und Nachteulen: Legt man einen anschließenden Erholungsschlaf ein, erholt sich das Gehirn wieder von den Strapazen. „Interessanterweise unterschied sich das Hirnalter [...] nach einer Nacht mit Erholungsschlaf nicht mehr vom Ausgangswert“, erklärt Elmenhorst. Das Gehirn habe sich quasi wieder ,verjüngt‘. 

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