
Woher kommen Kopfläuse – und wie wird man sie wieder los?
Kopfläuse gehören zu den Parasiten, die die Menschheit am längsten begleiten. Sie haben sich mit uns entwickelt und zum Beispiel die Größe ihrer Krallen dem Durchmesser unseres Haares angepasst.
Egal, ob nach den Sommer- oder Weihnachtsferien: Wenn es für die Kinder nach einer längeren Pause zurück in Schule oder Kita geht, dauert es meist nicht lang bis zum ersten Laus-Alarm. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) sind vor allem Grundschulkinder im Alter von sieben bis neun Jahren von Kopflausbefall betroffen. Obwohl die sesamkorngroßen blutsaugenden Insekten in den meisten Fällen keinen großen Schaden anrichten, können ihre Stiche doch Juckreiz, Unwohlsein, Infektionen und sehr selten sogar Paranoia und Wahnvorstellungen verursachen.
Der Wissenschaft liegen Daten von Millionen von Kopflausbefällen vor. Trotzdem ist es bisher nicht gelungen, die Parasiten auszurotten. Über die Jahrtausende alte Beziehung zwischen Mensch und Laus und was man tun kann, wenn es auf dem Kopf plötzlich krabbelt.
Von Läusen und Menschen – eine Beziehungsgeschichte
Läuse begleiten uns seit Beginn der Menschheitsgeschichte. Sie gehören zu den am längsten bekannten Parasiten und haben sich im Laufe der Jahrtausende gemeinsam mit uns entwickelt und ihr Verhalten angepasst.
„Diese gemeinsame Reise hatte bereits vor Millionen Jahren ihren Anfang“, sagt David Reed, Experte für die Genetik von Säugetieren und ihren Parasiten an der University of Florida in Gainesville. Zu erkennen ist das ihm zufolge an der Größe der hakenförmigen Krallen der Kopfläuse, die dem Durchmesser eines Menschenhaares entsprechen. So können sich die Insekten mühelos daran festhalten und es erklimmen. „Läuse sind an uns gebunden und haben sich so entwickelt, dass sie uns Menschen immer erfolgreicher befallen können“, sagt Reed.
Als der moderne Mensch vor etwa 170.000 Jahren mit dem Tragen von Kleidung begann, teilten sich Läuse in zwei verschiedene Unterarten auf: Kleider- und Kopfläuse. Diese existieren als unabhängige Spezies getrennt voneinander und paaren sich nicht untereinander. Gemeinsam haben beide Arten, dass der Mensch ihr einziger Wirt ist. Sie brauchen ständig Nahrung in Form von Menschenblut. Während Kleiderläuse in unseren Klamotten hausen, verbringen Kopfläuse ihr Leben in der Nähe der Kopfhaut, wo sie auch ihre Eier – sogenannte Nissen – legen.

Dieser Stich, der 1810 in einem Buch über Straßenhändler veröffentlicht wurde, zeigt eine Familie, die in Rom einen Entlausungsdienst durchführt. Bevor es Pedikulozide – gegen Läuse wirkende Insektizide – gab, waren es Familien wie diese, die den wichtigen öffentlichen Dienst der Entlausung übernahmen.
Die Haarbürste als Laus-Taxi
Es mag falsch klingen, aber so schrecklich, wie wir Läuse finden, sind sie bei Weitem nicht. „Sie haben nicht einmal einen Bruchteil der Eigenschaften, die viele Leute ihnen zuschreiben“, sagt Richard Pollack, Leiter der Abteilung für Umwelt und öffentliche Gesundheit an der Harvard University. Zum Beispiel können Läuse weder springen noch fliegen. Tatsächlich verbreiten sie sich fast ausschließlich durch direkten Kontakt von Kopf zu Kopf. Und selbst dieser Prozess geht langsam voran und unterliegt vielen Einschränkungen. „Die einzige Möglichkeit für eine Laus, sich durch die Luft zu bewegen, ist, wenn wir sie aufheben und wegwerfen“, sagt Pollack.
Und was ist dran an der Annahme, dass man sich Läuse durch die gemeinsame Nutzung von Haarbürsten, Mützen, Helmen und Kopfhörern auf den Kopf holen kann? Das ist Reed zufolge theoretisch zwar möglich, kommt aber extrem selten vor. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass sich Läuse nur schwer mittels Gegenständen übertragen lassen. Selbst dann, wenn man eine Haarbürste direkt im Anschluss an eine andere Person benutzt, ist laut Reed „das Risiko einer Übertragung eher gering“.
Dasselbe gilt Pollack zufolge für Kinositze, Teppiche und Schultische. Trotzdem rät das RKI im Fall von Kopflausbefall dazu, Kämme, Haarbürsten, -spangen und -gummis mit heißer Seifenlösung zu waschen, Schlafanzüge, Bettwäsche und Handtücher zu wechseln und Mützen, Schals oder andere Gegenstände, auf die Läuse gelangt sein könnten, drei Tage lang in Plastiktüten zu verschließen.
Läuse: Wer bekommt sie und wie kann man sich schützen?
Vor Kopfläusen ist niemand sicher – egal wie alt man ist oder wie hygienisch man lebt. Trotzdem gibt es eine Gruppe, bei der sie besonders oft festgestellt werden: Kinder im Schulalter. Der Befall ist eine nervige Angelegenheit, an sich jedoch kein Gesundheitsrisiko. Wenn es zu Infektionen kommt, dann nicht durch den Stich, sondern weil man so lange an der juckenden Stelle kratzt, bis eine offene Wunde entsteht, in die Bakterien eindringen können. Krankheitsauslösenden Keime, die dem Menschen gefährlich werden könnten, tragen Kopfläuse nicht in sich.
Anders sieht es bei Kleiderläusen aus. Sie kommen vor allem dort vor, wo Menschen dicht gedrängt unter unhygienischen Umständen leben, es also zum Beispiel nur eingeschränkten Zugang zu Duschen oder sauberer Kleidung gibt. Hier sind Kleiderläuse Überträger einer Reihe von bakteriellen Infektionskrankheiten sein, darunter Typhus, Rückfall- und Fünftagefieber.
Was den Kopflausbefall betrifft, sind sich Experten jedoch einig, dass das Übertragungsrisiko zu gering ist, um Kindern den Zutritt zum Klassenzimmer oder der Kita zu verwehren. Das Vorgehen ist darum meist, Kinder wieder am Unterricht teilnehmen zu lassen, sobald die Eltern einen Nachweis über die Behandlung mit einem Lausmittel vorgelegt haben. Derzeitiger Konsens ist, dass vom Ausschluss von Kindern vom Schulunterricht aufgrund eines Lausbefalls abzusehen ist. Nicht nur, weil es dann den Unterricht verpasst, sondern vor allem, weil es durch die Stigmatisierung emotional und sozial unnötig Schaden nehmen könnte.
Die einzige sichere Methode zur Vorbeugung von Lausbefall ist laut Pollack das Abrasieren der Haare. „Ohne Haare hat eine Laus nichts, woran sie sich festhalten kann“, sagt er. „Sie rutscht dann von der Kopfhaut wie ein Hase von einer Bowlingkugel.“
Hitze, Mayonnaise, Insektizide: So wird man Läuse los
Wenn man keine so drastischen Schritte bezüglich seiner Frisur unternehmen möchte, bleibt einem noch, Kopf-an-Kopf-Kontakt zu vermeiden – wobei Pollack zufolge „die Mehrheit der Menschen nie einen Lausbefall erleben wird“. Für die, die nicht zu den Glücklichen gehören, stehen einige effektive Behandlungsmethoden zur Verfügung.
Zuerst ist jedoch zu klären, ob man nur Nissen oder tatsächlich ausgewachsene Tiere auf dem Kopf hat. Wenn dem so ist, sollte man das Haar laut Pollack mit Haarspülung behandeln, um es gleitfähig zu machen, und es gründlich mit einem Läusekamm durchkämmen und so Läuse und Nissen entfernen. Schon beim ersten Mal würde mit dieser Methode normalerweise ein großer Teil der Parasiten entfernt werden. Im Anschluss sollte man den Vorgang alle paar Tage wiederholen, bis keine lebenden Läuse mehr zu sehen sind. Wenn man über einen Zeitraum von zwei Wochen keine Läuse findet, ist der Befall überstanden. Alle, deren Haar schwer zu kämmen ist oder die mit einem hartnäckigen Befall zu kämpfen haben, können als nächstes auf rezeptfreie Anti-Laus-Shampoos und -Lotionen zurückgreifen.
Pedikulozide – also Insektizide, die speziell gegen Läuse wirken und auf die Kopfhaut aufgebracht werden – lähmen und töten sowohl junge als auch ausgewachsene Läuse. Lange waren Mittel mit dem Wirkstoff Pyrethroid die erste Wahl. Laut John Clark, Toxikologe an der University of Massachusetts Amherst, wurde jedoch beobachtet, dass Kopfläuse mit der Zeit Resistenzen entwickelten. Inzwischen gibt es Alternativen auf dem Markt, etwa Medikamente mit dem Insektizid Spinosad, dessen Anwendung als sicher und zuverlässig wirksam gilt.
Noch, denn laut Clark wird das Wettrüsten zwischen Menschen und Läusen ewig weitergehen. „Wenn alle dasselbe Mittel benutzen und das immer wieder, ist es nur eine Frage der Zeit, bis eine Laus diesen Angriff dank einer spontanen Mutation überlebt“, sagt er.
Denen, die Insektizide vermeiden möchten, empfiehlt Clark Mittel mit dem Inhaltsstoff Dimethicone, der die Parasiten ersticken lässt. Studien haben gezeigt, dass das Polymer, das in der Kosmetik- und Hautpflegeindustrie viel zum Einsatz kommt, 90 Prozent der Läuse und Eier abtötet.
Eine weitere ungiftige Option ist Hitze, wobei Clark darauf hinweist, dass man bei der Lausbekämpfung mit dem Föhn Vorsicht walten lassen sollte. „Meistens verbrennt man sich die Kopfhaut, bevor man die Läuse abgetötet hat“, sagt er.
Aufpassen sollte man auch mit Hausmitteln. Mayonnaise und Vaseline können zwar ein paar Läusen den Garaus machen, wirken aber Clark zufolge bei Weitem nicht so effektiv und dauerhaft wie zugelassene Medikamente. Und bei noch extremeren Substanzen wie Kerosin oder Benzin sei die Katastrophe vorprogrammiert.
Die gute Nachricht ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines hartnäckigen Lausbefalls eher niedrig ist. „Meistens ist er keine große Sache“, sagt Pollack. „Selbst dann, wenn die Läuse nicht entdeckt oder bekämpft werden, verschwindet der Befall nach einer Weile von selbst.“
Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
