Warum sind Hunde so freundlich? Eine neue Studie gibt Aufschluss

Unsere Haushunde haben laut einer neuen Studie Genvarianten, die sie geselliger als Wölfe machen.

Von Carrie Arnold
Veröffentlicht am 8. Nov. 2017, 09:54 MEZ

Für Bridgett von Holdts 11 Monate alten Bobtail Marla ist die ganze Welt ein Freund, den sie noch nicht getroffen hat.

„Sie ist hypersozial. Ich habe sogar ihren Genotyp bestimmen lassen“, erzählt sie.

Von Holdts Interesse ist aber nicht einfach nur zufällige Neugier. Die Evolutionsbiologin der Universität Princeton und ihre Kollegen haben die letzten drei Jahre damit verbracht, die genetische Basis für das Sozialverhalten von Hunden und Wölfen zu untersuchen.

Studien haben gezeigt, dass Hunde geselliger sind als Wölfe, die unter ähnlichen Bedingungen aufwuchsen. Sie achten gemeinhin mehr auf Menschen und folgen ihren Anweisungen und Befehlen effektiver. 

Von Holdts Kenntnisse der Evolutionsgenetik sorgten dafür, dass sie sich über die potenzielle genetische Ursache für diese Unterschiede Gedanken machte.

In ihrer Studie vom 19. Juli, die in „Science Advances“ erschien, präsentieren sie einen spannenden Hinweis. Hypersoziale Hunde wie Marla tragen Varianten von zwei Genen namens GTF2I und GTF2IRD1 in sich. Der Stückverlust dieser Gene beim Menschen verursacht das Williams-Beuren-Syndrom, das sich durch elfenhafte Gesichtszüge, kognitive Schwierigkeiten und eine Tendenz auszeichnet, jeden zu lieben.

Von Holdt vermutet, dass diese Genvarianten bei Hunden deren normales Verhalten hemmt und zu denselben Merkmalen führt wie bei Menschen mit Williams-Syndrom.

„Wir könnten einem Haustier eine Verhaltensstörung angezüchtet haben“, sagt sie.

EINE „SEXY“ FRAGE

Border Collie
Ein Border Collie posiert für die Kamera. Haushunde reagieren viel eher auf Befehle von Menschen als Wölfe, die unter ähnlichen Bedingungen aufgewachsen sind.
Foto von Vincent J Musi, National Geographic Creative

Seit sie sich vor etwa 10.000 Jahren aus Wölfen entwickelt haben, halfen uns Haushunde dabei, Nahrung zu finden, bewahrten uns davor, selbst als Mahlzeit zu enden, und hatten immer ein freundliches Gesicht und einen wedelnden Schwanz für uns übrig.

Zu verstehen, wie unsere besten Freunde – vom Chihuahua bis zum Mastiff – zu dem wurden, was sie heute sind, sei eine „sexy Frage“, sagt Karen Overall. Sie ist eine Expertin für Hundeverhalten an der Universität von Pennsylvania und war an der neuen Studie nicht beteiligt.

2010 arbeitete sie mit Monique Udell zusammen, einer Tierverhaltensforscherin von der Oregon State Universität. Sie durchsuchten die Genome von Hunden und Wölfen und entdeckten die Veränderungen beim Gen WBSCR17, die während des Prozesses der Domestikation auftraten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in „Nature“.

Das Projekt lag bis 2014 auf Eis. Dann aber konnten sich von Holdt und Udell Finanzierung sichern, um eine neue Reihe von Experimenten mit 18 Hunden verschiedener Rassen (darunter Dackel, Jack Russel Terrier und Berner Sennenhunden) zu starten – und mit zehn Wölfen, die an Menschen gewöhnt sind.

Die Wissenschaftlerinnen trainierten alle Tiere dazu, eine Kiste zu öffnen, in der ein Wurststückchen lag. Dann sollten sie die Kiste in drei verschiedenen Situationen öffnen: mit einer ihnen bekannten Person im Raum, mit einer unbekannten Person und ganz allein.

BELIEBT

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    In allen drei Szenarien schnitten die Wölfe um Längen besser ab als die Hunde. Der Abstand wurde sogar noch größer, als die Hunde die Kiste in der Gegenwart von Menschen öffnen sollten.

    „Es ist nicht so, dass sie die Aufgabe nicht lösen konnten. Sie waren nur zu beschäftigt damit, den Menschen anzusehen“, sagt von Holdt. 

    WEITERENTWICKLUNG

    Für die neue Studie führte von Holdt weitere Genanalysen jenes Teils des Genoms durch, das sich in Nachbarschaft zu WBSCR17 befindet, diesmal aber bei einer größeren Gruppe von Hunden und Wölfen.

    Sie bestätigten ihren vorherigen Fund, laut dem sich WBSCR17 bei Hunden und Wölfen unterschied. Außerdem fanden sie zwei Gene in der Nähe, GTF2I und GTF2IRD1, die ebenfalls unterschiedlich waren.

    Die Kombination dieser genetischen und verhaltensbezogenen Daten ließ von Holdt darauf schließen, dass diese Region des Genoms dabei half, Wölfe zu menschenliebenden Hunden zu machen.

    Karen Overall warnte zwar, dass die Studiengröße recht klein war und dies die Stärke der Ergebnisse einschränkt, lobte aber die Stärke der genetischen Analyse an sich.

    „Heutzutage selektieren wir Hunde danach, wie einfach sie zu halten sind und dass sie längere Zeiträume in kleinen Wohnungen verbringen können“, erzählt Overall.

    „In jedem einzelnen Jahr verändern wir aktiv das Verhalten von Hunden.“

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