Scheuer Waldhund erobert neue Lebensräume
Neue Bilder von Kamerafallen zeigen zum ersten Mal seltene Waldhunde nördlich von Panama.

Jan Schipper hatte sich eigentlich Bilder von Jaguaren erhofft, als er die unscharfen Aufnahmen von Kamerafallen auswertete, die er in dem Gebirgszug Cordillera de Talamanca in Costa Rica aufgestellt hatte.
Was der Biologe stattdessen fand, machte ihn sprachlos: einen kleinen, gedrungenen Fleischfresser, den man nur selten zu Gesicht bekommt und der, soweit man wusste, nicht mal in diesem Land vorkam.
Er hatte die ersten Aufnahmen von Waldhunden nördlich von Panama gemacht, und mit etwa 1.500 Metern über dem Meeresspiegel auch noch auf der bisher höchsten verzeichneten Höhe für diese Tiere.
„Wir haben so viel Arbeit da reingesteckt, etwas unglaublich Seltenes zu finden, dass es wie Weihnachten war, als wir das Bild endlich bekamen“, sagt Schipper, der Direktor für Feldforschung und Naturschutz am Phoenix Zoo.
Waldhunde (Speothos venaticus) sind etwa so groß wie Hauskatzen und leben in den Wäldern, die sich vom Süden Brasiliens bis nach Panama erstrecken. Obwohl es Berichte über Waldhundsichtungen in Costa Rica gibt, seien diese nicht detailliert genug, um sie zu bestätigen, sagt Schipper.

Die neuen Daten aus der Kamerafalle werden Wissenschaftlern dabei helfen, die Geheimnisse des nachtaktiven Hundes zu entschlüsseln, der sehr schwer zu finden oder abzulichten ist.
„Wir hatten seit zwölf Jahren Kameras in diesem Gebiet, und das ist das erste Bild, das wir bekommen haben“, so Schipper.
SCHEUE HUNDE
Im Gegensatz zu anderen Vertretern ihrer Familie sind diese Hunde scheu, meiden Menschen und verbringen den Großteil des Tages in unterirdischen Bauten.
Waldhunde sind sehr sozial und tauchen fast immer in Paaren auf, sagt Karen DeMatteo, eine Expertin für Waldhunde von der Washington Universität in St. Louis.
Frühere Forschungen haben gezeigt, dass ein Waldhundrudel ein überraschend großes Territorium von mehr als 75 Quadratkilometern hat, das sich nicht mit denen benachbarter Rudel überschneidet.
„Sie wiegen etwa zehn Pfund, haben aber das Revier eines Pumas. Diese kleinen Kerle besetzen dieselbe ökologische Nische wie diese großen Fleischfresser“, sagt DeMatteo, die auch ein National Geographic Explorer ist.
Aufgrund archäologischer Funde glaubt man, dass die Waldhunde in Costa Rica nicht heimisch sind. Schipper vermutet, dass die Tiere, die er gesehen hat, relativ neue Einwanderer sind.
TRÜBE AUSSICHTEN
Ob die Karnivoren mit den großen Revieren in Costa Rica bleiben werden, ist jedoch ein anderes Thema.
Der Cordillera de Talamanca sind fast vollständig von Kaffee- und Zuckerrohrplantagen und anderen Landwirtschaftsflächen umgeben.
Laut Malu Jorge, einer Ökologin der Vanderbilt Universität, könnten sich die Hunde womöglich an die Veränderungen durch die Landnutzung anpassen – ihre Beute, zum Beispiel kleine Nagetiere und Gürteltiere, aber vielleicht nicht.
In jedem Fall stellt das ein Problem für eines der unbekanntesten Säugetiere der Welt dar. Waldhunde werden von der Weltnaturschutzunion als potenziell gefährdet eingestuft, und sie könnten sogar noch seltener werden.
Aktuell ist Schipper jedoch optimistisch, weil die Waldhunde in Costa Rica ein Zuhause gefunden haben. Ein Viertel des Landes steht unter Schutz.
„Die Tatsache, dass sie hier sind“, so sagt er, „bedeutet, dass wir etwas richtig machen.“
