Hoffnung für Romeo, den einsamsten Frosch der Welt
Neue Fotos zeigen die stark bedrohten Amphibien, die nur in einem einzigen Fluss Boliviens heimisch sind.
Bislang war Romeo als einsamster Frosch der Welt bekannt. Er und mehr als 9.000 andere Tierarten sind Gegenstand der National Geographic’s Photo Ark, die es sich zum Ziel gesetzt hat, jede gefangene Art auf der Welt zu dokumentieren, bevor sie ausstirbt.
Auch seine potenzielle Gefährtin Juliet wurde nach ihrer Entdeckung in der Wildnis vor kurzem abgelichtet. Das schafft Hoffnung für das Überleben des vom Aussterben bedrohten Telmatobius yuracare.
Joel Sartore, Gründer der Photo Ark und National Geographic-Explorer machte am 19. Januar 2019 Aufnahmen der Amphibien mit dem orangefarbenen Bauch in ihrem Zuhause, dem bolivianischen Museo de Historia Natural Alcide d’Orbigny.
Die Wasserfrösche der Art Telmatobius yuracare leben nur in einem einzigen, kleinen Fluss inmitten der Nebelwälder der bolivianischen Anden, auch yungas genannt. Ihre Population hat sich durch den Verlust von Lebensraum, Umweltverschmutzung, Klimawandel und anderen Faktoren drastisch verkleinert.
Romeo wurde vor einem Jahrzehnt in der Wildnis gefangen und ist ein äußerst seltenes Exemplar – bis vor ein paar Wochen galt er noch als letzter Überlebender seiner Spezies.
Weil er so wertvoll ist, „muss man in einen gekühlten Container voller Terrarien gehen, der zum Reinraum umfunktioniert wurde, um Romeo zu fotografieren“, berichtet Sartore via Email. „Dazu muss man sich vorher einen sterilisierten Overall und Stiefel anziehen – nur um ihn überhaupt zu Gesicht zu bekommen.“
„Dann muss man es noch hinbekommen, Romeo so zu fotografieren, dass auch seine Persönlichkeit abgelichtet wird“, meint Sartore.
So musste Sartore beispielsweise mit kreativen Winkeln und Positionen experimentieren. Er nutzte seine Kamera, um Romeo und Juliet zum Blickkontakt mit dem Betrachter zu animieren, sodass dieser eine Verbindung zu ihnen und ihrer Notlage spürt.
„Ich bin der Meinung, dass die Menschen sich auch für den Rest der Natur interessieren, wenn sie das Schicksal eines Frosches tief berührt“, sagt Sartore.
Findet Juliet
Erste Schlagzeilen machte Romeo im Jahr 2018, als die gemeinnützige Organisation Global Wildlife Conservation ein gemeinsames Projekt mit der Dating-Website Match.com startete. Sie wollten eine Partnerin für den Junggesellen mit den goldenen Augen finden.
Die Aktion zahlte sich aus: Im Januar entdeckte Teresa Camacho Badani, die Leiterin der Abteilung für Herpetologie des Museums, mit ihren Kollegen fünf weitere Telmatobius yuracare-Frösche. Unter ihnen befand sich Juliet neben einem weiblichen Jungtier und drei Männchen.
„Ich hätte nicht erwartet, jemals mit einer solchen Leidenschaft nach einem Frosch zu suchen wie auf dieser Expedition“, sagt Badani. Sie kämpfte mit langen Regentagen, hoher Luftfeuchtigkeit und schwierigem Terrain, bis sie schließlich am letzten Tag der Reise die Frösche in einem Fluss entdeckte.
Badani fügte hinzu, dass sie enormem Druck ausgesetzt war. Sie musste mehr Vertreter dieser Art finden, denn Romeo wurde in seinem Terrarium auch nicht jünger.
Die neuen Frösche befinden sich alle in Quarantäne, wo sie auf Anzeichen von Chytridiomykose überwacht werden. Diese Pilzerkrankung rafft Amphibien auf der ganzen Welt dahin. „Wir wollen nicht, dass Romeo bei seinem ersten Date krank wird!“, betont Badani in einem Interview für die Global Wildlife Conservation.
Ein steiniger Weg
Aber Spaß beiseite: Selbst die besten Voraussetzungen garantieren kein Gelingen des Unterfangens. Niemand hat bislang diese Frösche in Gefangenschaft gezüchtet und es bleibt ungewiss, ob der Funke zwischen Romeo und Juliet überhaupt überspringt.
„Natürlich haben wir einen langen, steinigen Weg vor uns“, meint Badani. Aber sie gibt sich optimistisch.
Romeo zeigt körperliche Anzeichen der Geschlechtsreife und das Zentrum hat bereits gute Erfahrungen bei der Nachzucht des Titicaca-Riesenfroschs gemacht, einer verwandten und ebenfalls gefährdeten Art. Außerdem könnte man auf zukünftige Expeditionen weitere Frösche finden, auch wenn sie laut Badani sicher sehr selten sind. Die früheste Generation, die wieder in die Wildnis entlassen werden könnte, wären Romeo und Juliets Enkel.
Christopher Jordan ist der Koordination für Zentralamerika und die tropischen Anden bei Global Wildlife Conservation. Er warnt davor, dass die Verantwortung nicht mit der Verpaarung der Frösche endet. Auch ihr Lebensraum benötigt dringend Schutz.
Der bolivianische Staat plant ein riesiges Wasserkraftprojekt in den yungas und weite Teile der Region wurden bereits abgeholzt.
„Wir müssen vor Ort mit den Gemeinden reden, um ihnen beim Schutz dieser wunderschönen Nebelwälder, aber auch ihrer Lebensgrundlage zu helfen“, erklärt Jordan, der außerdem National Geographic-Explorer ist.
Das ist außerdem ein Problem, das nicht nur Romeo betrifft: 15 weitere Froscharten der Gattung Telmatobius sind ebenfalls gefährdet, fügt Badani hinzu.
„Romeos Spezies ist ein Beispiel dafür, wovon zahlreiche Amphibienarten auf der ganzen Welt betroffen sind.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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