Malaysias letztes Sumatra-Nashorn ist tot

In einem beispiellosen Rettungsprojekt kämpfen Forscher und Artenschützer um das Überleben der Spezies.

Von Jason Bittel
Veröffentlicht am 25. Nov. 2019, 12:25 MEZ
Das Nashornmännchen Harapan posiert für ein Foto im White Oak Conservation Center in Florida. Dort lebte ...
Das Nashornmännchen Harapan posiert für ein Foto im White Oak Conservation Center in Florida. Dort lebte es kurze Zeit, bevor es ins Sumatran Rhino Sanctuary in Indonesien umzog.
Foto von Joël Sartore, National Geographic Photo Ark

Das Sumatra-Nashorn ist in Malaysia nun offiziell ausgestorben. Das letzte Nashorn des Landes, Iman, starb am Samstag an Krebs, wie malaysische Behörden bekanntgaben. Tam, das letzte männliche Sumatra-Nashorn in Malaysia, war bereits im Mai verstorben. Nun gibt es nur noch etwa 80 Exemplare der Art, die allesamt in Indonesien leben.

„Iman erhielt bis zu ihrem Tod die beste Pflege und viel Aufmerksamkeit, seit sie im März 2014 eingefangen wurde. Niemand hätte mehr für sie tun können“, sagte Christine Liew, Sabahs Ministerin für Tourismus, Kultur und Umwelt.

Tam wurde 2008 auf einer Palmölplantage entdeckt, eingefangen und zum Tabin Wildlife Reserve im malaysischen Bundesstaat Sabah gebracht. Dort hatte man versucht, ihn mit zwei weiblichen Artgenossen – Puntung, die 2011 gefangen wurde, und Iman – zu verpaaren, jedoch ohne Erfolg.

Puntung musste 2017 aufgrund einer Krebserkrankung eingeschläfert werden. Nach Jahrzehnten der Wilderei und Zerstörung ihres Lebensraums verbleiben Schätzungen zufolge weniger als 80 Sumatra-Nashörner in der Wildnis. Die meisten von ihnen leben auf Sumatra, während der Rest über den indonesischen Teil Borneos verstreut ist.

Mittlerweile gibt es nur noch so wenig Tiere, dass Experten Isolation für die größte Bedrohung halten, der sich die Art gegenübersieht. Wenn sich Weibchen über einen zu langen Zeitraum hinweg nicht paaren, können sich Zysten und Tumore in ihren Fortpflanzungsorganen bilden. (Eben dies war auch der Grund für Imans Unfruchtbarkeit. Puntung hingegen schien durch eine missglückte Trächtigkeit in der Wildnis und eine Verletzung durch eine Schlingfalle keine Junge mehr austragen zu können.)

Aus diesem Grund schlossen sich 2018 die weltweit führenden gemeinnützigen Artenschutzorganisationen – darunter auch die National Geographic Society – für ein beispielloses Projekt namens Sumatran Rhino Rescue zusammen. Das Ziel dieser Kollaboration besteht darin, so viele wilde Nashörner wie möglich einzufangen, um sie für ein Zuchtprogramm zusammenzuführen. 

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Das Nördliche Breitmaulnashorn ist so gut wie ausgestorben. Das letzte Männchen, Sudan, starb 2018. Die zwei verbliebenen Weibchen sind unfruchtbar.

„Tams Tod unterstreicht, wie wichtig die gemeinsamen Bemühungen für das Projekt Sumatran Rhino Rescue sind“, schrieb Margaret Kinnaird vom WWF Internationalen in einer E-Mail.

„Wir müssen die verbleibenden, isolierten Nashörner in Kalimantan und auf Sumatra einfangen und unser Möglichstes tun, um sie dazu zu motivieren, Nachwuchs zu zeugen.“

Langsamer Niedergang

Tams Zustand verschlechterte sich zusehends seit Ende April, als er den Appetit verlor und immer apathischer wurde, erzählte die Leiterin der Sabah Wildlife Department, Augustine Tuuga, in einem Interview mit der malaysischen Zeitung „The Star“. Urintests offenbarten, dass seine Nieren und womöglich auch andere Organe zu versagen begannen.

Die Behörden wissen nicht genau, weshalb sich Tams Zustand so rapide verschlechterte. Womöglich lag es einfach an seinem Alter. Tam war vermutlich in seinen Dreißigern und diese Nashörner haben eine Lebenserwartung von 35 bis 40 Jahren, erzählte Tuuga der Singapurer Zeitung „The Straits Times“.

„Wir hatten so viel Hoffnung, dass Tam in Gefangenschaft Nachwuchs zeugen würde. Aber diese Hoffnung wurde zunichtegemacht, als die übrigen zwei Weibchen in Tabin nicht trächtig werden konnten“, so Kinnaird.

Auch wenn Tam keine weiteren Nashörner zeugen konnte, half er uns dennoch dabei, seine Art besser verstehen zu lernen.

„Die Arbeit der Borneo Rhino Alliance mit fortschrittlichen Reproduktionsverfahren, insbesondere der Entnahme von Eizellen und der Erzeugung von Embryos, hat uns in unserem Verständnis der Tierart einen Schritt weiter nach vorn gebracht“, sagt Susie Ellis, die geschäftsführende Direktorin der International Rhino Foundation.

„Die Öffentlichkeit muss begreifen, wie unsicher das Überleben des Sumatra-Nashorns ist“, sagt Ellis. „Tams Tod repräsentiert ungefähr ein Prozent der Population.“

Eine neue Hoffnung

So tragisch Tams Tod auch ist – er ist ein Weckruf, jetzt noch weitere Vertreter seiner Art in der Wildnis zu finden, sagt Kinnaird, die in den letzten zwei Jahren die Bemühungen des WWF im Rahmen der Sumatran Rhino Rescue koordiniert hat.

Die gute Nachricht ist, dass das Projekt im letzten Jahr bereits ein neues Weibchen namens Pahu einfangen konnte. Ihr Transport in eine neue Zuchtanlage in Kelian hatte so hohe Priorität, dass sie sogar von einer Polizeieskorte und Räumfahrzeugen begleitet wurde, die einen Weg durch Schlammlawinen bahnten. 

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Bisher sieht es so aus, als wäre Pahu bei bester Gesundheit und fortpflanzungsfähig, so Kinnaird. Sie hat sich gut in ihrem neuen Zuhause eingelebt und wird mit etwas Glück vielleicht schon bald Gesellschaft bekommen.

„Unsere aktuellsten Erkundungen deuten darauf hin, dass noch andere Nashörner durch die Wälder von Kalimantan streifen“, erzählt sie. „Das gibt mir neue Hoffnung.“

„Wir müssen uns einfach weiter darauf konzentrieren, die noch verbleibenden 80 Sumatra-Nashörner zu retten. Dafür müssen wir ihren strengen Schutz mit Zuchtprogrammen kombinieren und mit den Menschen vor Ort zusammenarbeiten, um in ihnen den Stolz darauf zu wecken, dass das Nashorn ein Teil ihres Naturerbes ist“, sagt Ellis. „Wir können es uns nicht leisten, diesen Kampf zu verlieren.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht. Auf der deutschen Seite erschien er im Mai 2019 und wurde am 25. November 2019 nach der Nachricht von Imans Tod aktualisiert.

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