Durch Pfleger angesteckt: Tiger in US-Zoo an COVID-19 erkrankt
Es ist weltweit der erste bekannte Fall, bei dem das Coronavirus von einem Menschen auf ein Wildtier übergesprungen ist. Weitere Tiere zeigen Symptome.
Ein Malaysia-Tiger im Bronx Zoo 2017. Zum ersten Mal wurde nun ein Tiger des Zoos positiv auf das neue Coronavirus getestet. Sechs weitere Großkatzen zeigen ebenfalls Symptome der Krankheit.
Ein Tiger im Bronx Zoo in New York City wurde positiv auf das neue Coronavirus SARS-CoV-2 getestet. Sechs andere Großkatzen zeigen ebenfalls Symptome, die zu COVID-19 passen, erklärte das US-Landwirtschaftsministerium am Sonntagnachmittag.
„Unseres Wissens nach ist das der erste Fall, bei dem ein Wildtier von einem Menschen mit COVID-19 infiziert wurde“, sagt Paul Calle, der Cheftierarzt des Bronx Zoo. Der weibliche Malaysia-Tiger Nadia wurde wahrscheinlich von einem unbekannten infizierten Pfleger angesteckt, der selbst keine Symptome zeigt. „Das ist die einzige sinnvolle Erklärung“, sagt Calle. Der Zoo ist seit 16. März für Besucher geschlossen.
Zuvor waren bereits diverse Haustiere positiv auf das Virus getestet worden, darunter auch ein Spitz und ein Deutscher Schäferhund in Hongkong sowie eine Hauskatze in Belgien.
Sowohl wilde als auch Hauskatzen können sich mit dem Felinen Coronavirus infizieren. Bis vor Kurzem war aber nicht bekannt, ob gleiches auch für SARS-CoV-2 gilt. Laut einer neuen chinesischen Studie können Katzen das Virus vermutlich auf andere Katzen übertragen. Derzeit versuchen Forscher fieberhaft herauszufinden, welche anderen Arten das Virus infizieren kann.
Mehrere Großkatzen zeigen Symptome
Nachdem die Tigerin Nadia Ende März einen trockenen Husten bekam, wurde sie am 2. April positiv auf das Virus getestet, sagt Calle. Nadias Schwester, zwei Sibirische Tiger und drei Löwen zeigten ebenfalls Husten und Appetitlosigkeit, wurden aber noch nicht getestet. Die sieben Großkatzen befinden sich in tierärztlicher Behandlung und werden voraussichtlich wieder genesen, so Calle. Die Wildlife Conservation Society, die den Bronx Zoo betreibt, mahnt allerdings, dass bisher nicht bekannt sei, wie die Krankheit bei verschiedenen Tierarten verläuft.
Als Nadia erstmals Symptome zeigte, führten die Tierärzte eine Reihe diagnostischer Tests und Blutuntersuchungen durch. „In Anbetracht dessen, was gerade in New York City vor sich geht, haben wir natürlich auch auf COVID getestet“, erzählt Calle. Das Team nahm die Proben im Zoo, nachdem Nadia sediert worden war, und schickte sie dann an diagnostische Labore der Cornell University und der University of Illinois. Bei den veterinärmedizinischen Tests handelt es sich aber nicht um dieselben, die von Gesundheitseinrichtungen für Menschen durchgeführt werden, sagt Calle, „deshalb konkurrieren diese zwei sehr unterschiedlichen Tests auch nicht miteinander“.
Laut dem Landwirtschaftsministerium der USA und dem CDC gibt es derzeit keine Belege dafür, dass Haustiere oder Wildtiere in Gefangenschaft das neue Coronavirus auf Menschen übertragen können. (Derzeit geht man davon aus, dass SARS-CoV-2 aus einem eng verwandten Coronavirus entstand, dass in Fledermäusen vorkommt.)
Potenzielle Gefahr für den wilden Tigerbestand
Die Situation sei laut Calle völlig neu, weshalb es viele unbeantwortete Fragen gibt – beispielsweise, ob Tiger und Löwen anfälliger für das neue Coronavirus sind als andere Tiere. Keine der anderen Katzen des Zoos – darunter Schneeleoparden, Geparden, Nebelparder, ein Amurleopard und ein Puma – zeigen bislang Symptome.
Besondere Vorsicht muss hingegen beim Umgang mit Menschenaffen erfolgen, die sich leicht über den Kontakt mit Menschen mit Atemwegserkrankungen anstecken können. Experten haben bereits davor gewarnt, dass sie für das Coronavirus besonders anfällig sein könnten.
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Das Team des Bronx Zoo wird seine diagnostischen Ergebnisse mit anderen Zoos und der wissenschaftlichen Gemeinschaft teilen, sagt Calle. „Ich vermute, dass es noch andere Fälle gibt. Nun, da wir diese Informationen teilen, habe ich so die Vermutung, dass auch andere Fälle bekannt werden.“
John Goodrich, der Chefwissenschaftler und Direktor für das Tigerprogramm der Organisation Panthera zum Schutz von Großkatzen, macht sich auch um den Wildbestand der Tiger Sorgen. „Das Überleben von Großkatzen wie Tigern und Löwen ist in der Wildnis ohnehin schon durch eine ganze Reihe von Bedrohungen gefährdet. Wenn COVID-19 auf die Großkatzenbestände in der Wildnis überspringt und dort für hohe Sterberaten sorgt, könnte sich das Virus zu einer echten Gefahr für die Zukunft dieser Arten entwickeln.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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