Bierbrauen für den Artenschutz: Wie das Kultgetränk die Dicke Trespe retten soll

Eine uralte Getreideart ist dauerhaft vom Aussterben bedroht. Nun will ein Forschungsteam aus Bayern das Ackerwildgras retten – indem es Craftbier braut.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 31. Juli 2023, 09:52 MESZ
Körner der Dicken Trespe auf einer Hand.

Die Körner der Dicken Trespe sind fast so groß wie die von anderen Getreidearten. Sie eignet sich hervorragend zum Bierbrauen. 

Foto von Pedro Gerstberger

Nashörner auf Tinder und Pornos für Pandas: Die Maßnahmen zum Erhalt einer vom Aussterben bedrohten Tierart kennen keine Grenzen. Doch nicht nur in der Tierwelt lassen sich Forschende jede Menge für den Artenschutz einfallen. Auch im Pflanzenreich gibt es große Bemühungen und lustige Einfälle. 

Ein neuer stammt von der Universität Bayreuth, die in Kooperation mit dem Berzirkslehrgut Bayreuth und der Firma IREKS in Kulmbach die vom Aussterben bedrohte Dicke Trespe (Bromus grossus) – eine uralte Getreideart – in Deutschland retten will. Ihre Idee für den Artenschutz: Craftbier, das aus dem Ackerwildgras gebraut wird und dessen Fortbestand sichert. 

Das Verbreitungsgebiet der Dicken Trespe ist sehr begrenzt. In Deutschland findet man sie fast ausschließlich im Südwesten an Wegesrändern oder auf Getreideäckern. 

Foto von Bundesamt für Naturschutz

Dicke Trespe: Uraltes Getreide ist stetig vom Aussterben bedroht

Die Dicke Trespe wurde nachweislich schon in der Bronzezeit kultiviert und als Nahrungsmittel genutzt. Sie ist nur in Mitteleuropa beheimatet – und auch dort rar gesät. In Deutschland kommt sie lediglich in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz vor, wo sie auf Wiesen, an Rändern von Feldwegen oder in der Nähe von Getreideäckern wächst. 

„Als typisches Ackerwildkraut ist die Art in höchstem Maße auf die Ackerbewirtschaftung angewiesen“, erklärt das Bundesamt für Naturschutz. Die Dicke Trespe muss jedes Jahr neu ausgesät werden, da sie keine eigene Saatgutreserve im Boden bildet. Durch die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft und den veränderten Getreideanbau ist die Pflanze dauerhaft bedroht. 

„Ohne ihren stetigen Anbau würde sie letztlich aussterben“, sagt Pedro Gerstberger vom Lehrstuhl für Pflanzenökologie der Universität Bayreuth, der das Forschungsprojekt geleitet hat. „Genau hier liegt die Chance, den Erhalt dieser seltenen und gefährdeten Pflanzenart durch eine dauerhafte Nutzung für die Bierherstellung zu sichern.“

Craftbier für den Arterhalt

Doch eignet sich die Pflanze zum Bierbrauen? „Schnelle Keimung und eine sehr hohe Keimungsrate machen sie für die Herstellung von Malz besonders geeignet“, erklärt Gerstberger. Ein Vorteil gegenüber anderen Wildgräsern sei auch, dass die Körner der Dicken Trespe nach der Reife nicht aus der Rispe fallen – so könnten sie ohne Verluste geerntet werden. 

BELIEBT

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    Wie das Bier aus dem Ackerwildgras schmeckt, hat das Forschungsteam aus Bayreuth nun getestet. Zwei Craftbiere – 45 Liter Pils und 40 Liter Hefe-Weizen – brauten die Forschenden an der Universität Bayreuth aus der auf dem Gelände des Bayreuther Bezirkslehrguts angebauten Dicken Trespe. 

    Und die Forschenden waren zufrieden: Die zwei vollmundigen Craftbiere überzeugten alle Verkostenden, inklusive des Vereins „UniBrauTechnik e.V.“, der sich 2012 auf dem Campus der Universität Bayreuth gegründet hat. Bierbrauen für den Artenschutz – das erfolgreiche Projekt in Bayern zeigt, dass das deutsche Kultgetränk in Zukunft eine wichtige Rolle beim Erhalt der Dicken Trespe spielen könnte. 

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