Wahlprogramme: So stehen die Parteien zu Klima und Umwelt
Am 23. Februar ist Bundestagswahl. Was planen die Parteien beim Klima- und Umweltschutz? Wie steht es um erneuerbare Energien, Verbrenneraus und Tempolimit? Ein Vergleich der Wahlprogramme.

Windkraft oder Kohle? Über die Energieversorgung in Deutschland wird heftig gestritten.
Der Klimaschutz zählte bei der letzten Bundestagswahl zu den wichtigsten Wahlkampfthemen. Doch seit 2021 hat sich eine Menge getan. Diesmal halten sich die Parteien bei Klima und Umwelt deutlich zurück. Hier die wichtigsten Pläne von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, AfD, Die Linke und BSW im Vergleich.
SPD
Klima
- Die SPD bekennt sich in ihrem Wahlprogramm zu den europäischen und nationalen Klimaschutzzielen: „Wir unterstützen den europäischen Green Deal, damit Europa der erste klimaneutrale Kontinent wird.“
- Klimaschutz soll sozial sein: Im Zuge steigender CO2-Preise will die Partei die Haushalte durch ein „Klimageld“ entlasten.
- Geld vom Staat sollen vor allem diejenigen bekommen, die sich den Umstieg auf klimafreundliche Technologien (zum Beispiel Wärmepumpe oder E-Auto) ansonsten nicht leisten könnten.
Umwelt
- Die SPD will Natur und Ökosysteme „im Einklang mit europäischen und internationalen Verpflichtungen“ schützen.
- Ökologisch wertvolle Flächen sollen besser vernetzt, Meeresschutzgebiete ausgeweitet werden.
- Der Ökolandbau wird im Wahlprogramm nicht erwähnt. Stattdessen heißt es: „Wir sind sicher, dass man auch im konventionellen Bereich mit kluger Landwirtschaft gut und nachhaltig arbeiten kann.“
Energie und Verkehr
- Die Sozialdemokraten wollen den Ausbau der Erneuerbaren und die dezentrale Energieversorgung (also verbrauchernahe Kraftwerke, dorfeigene Windanlagen, Selbsterzeugung von erneuerbarer Energie). Kommunale Fernwärme soll künftig eine wichtige Rolle spielen.
- Einen Wiedereinstieg in die Kernkraft lehnt die SPD ab.
- Die Sozialdemokraten halten am Verbrenneraus fest. Der Umstieg aufs E-Auto soll steuerlich gefördert werden, sofern die Wagen in Deutschland produziert werden. Die SPD will den „flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur“ vorantreiben.
- Die SPD will ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen.
CDU/CSU
Klima
- Die Union verpflichtet sich in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm ebenfalls den Pariser Klimazielen und der deutschen Klimaneutralität bis 2045. Zugleich betont sie: „Klimaschutz braucht eine starke Wirtschaft.“
- CDU/CSU setzen deshalb auf „marktwirtschaftlichen Klimaschutz“. Dazu soll der internationale Emissionshandel (Erklärung siehe unten) als „Leitinstrument“ vorangebracht werden.
- Mit den CO2-Einnahmen aus dem Emissionshandel wollen CDU/CSU zuerst Stromsteuer und Netzentgelte und damit den Strompreis senken („Klimabonus“).
Umwelt
- „Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, von Lebensräumen und Arten ist von zentraler Bedeutung“, so die Union im Parteiprogramm.
- Dazu wollen CDU/CSU unter anderem Schutzgebiete aufwerten, Naturräume vernetzen und Moore wiedervernässen.
- Meeresschutzabkommen sollen weiterentwickelt werden.
Energie und Verkehr
- CDU/CSU wollen die erneuerbaren Energien ausbauen und zugleich an der „Option Kernenergie“ festhalten.
- Das Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz“) der Ampelregierung soll abgeschafft werden.
- Das Verbrennerverbot und der Abbau der Agrardieselsubventionen sollen rückgängig gemacht werden. Die Ladeinfrastruktur für E-Autos soll „angemessen ausgebaut werden“.
- Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen lehnt die Union ab.
Was ist der Emissionshandel? Der Europäische Emissionshandel gilt bislang vor allem für Energieunternehmen (zum Beispiel Kraftwerke und Raffinerien) und die energieintensive Industrie (zum Beispiel Stahl- und Zementwerke). Als zentrales Instrument in der EU-Klimapolitik erlaubt der Emissionshandel diesen Unternehmen, eine begrenzte Menge an Treibhausgasen auszustoßen. Zum Ausgleich müssen sie sogenannte CO2-Zertifikate kaufen. Höhere Emissionen sind also mit höheren Kosten verbunden. Auf diese Weise will die Politik einen Anreiz schaffen, weniger Klimagas auszustoßen.
Bündnis 90/Die Grünen
Klima
- „Die Klimakrise ist eines der größten Sicherheitsrisiken des 21. Jahrhunderts“, betonen die Grünen in ihrem Wahlprogramm. Klimaschutz sei Menschenschutz. Der Weg zurück zu den fossilen Technologien führe in den wirtschaftlichen Stillstand.
- Nach aktuellen Plänen der Bundesregierung soll Deutschland spätestens 2038 bundesweit aus der Kohleverstromung aussteigen. Die Grünen wollen den Kohleausstieg bereits bis 2030. Die Partei setzt sich für eine Rückkehr der CO2-Sektorziele ein.
- Die Grünen möchten die Kosten für den Klimaschutz teilweise über Kreditaufnahmen stemmen. Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen sollen „einen Großteil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung als ‚Klimageld‘ zurückbekommen“.
Umwelt
- „Indem wir die Natur wiederherstellen und schützen, schützen wir uns selbst“, heißt es im Wahlprogramm.
- Die Partei fordert ein neues Bundeswaldgesetz, „das natur- und klimaverträgliche Holznutzung zum Standard macht“.
- Die Grünen wollen mehr Bio. Das Ziel: 30 Prozent Ökolandbau bis 2030.
Energie und Verkehr
- Die Grünen wollen einen zügigen Ausstieg aus den fossilen Energien. Neben Kohle und Atomkraft gilt das auch für die Gasförderung in Deutschland.
- Weil erneuerbare Energien nicht immer verfügbar sind, brauche es den zügigen Ausbau intelligenter Stromnetze, Speicher und dezentraler (verbrauchernaher) Energieerzeugung.
- Die Zahl der Wege mit Rad und zu Fuß soll bis 2030 verdoppelt werden.
- Die Grünen plädieren für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen.
FDP
Klima
- Nach den Vorstellungen der Freien Demokraten soll Deutschland nicht bis 2045 klimaneutral sein, sondern erst 2050, wie es auch das EU-weite Ziel vorsieht.
- Als Leitinstrument der Klimapolitik will die FDP einen „einheitlichen europäischen Emissionshandel“ etablieren. Die FDP plädiert für einen globalen CO2-Preis. Andere Regulierungen sollen abgeschafft werden.
- Die Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen als „Klimadividende“ an die Bürgerinnen und Bürger fließen.
Umwelt
- Beim Artenschutz setzt die FDP auf „Populationsschutz statt Individuenschutz“. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel, das einzelne Tiere bestimmte Bauvorhaben nicht blockieren sollen, sofern eine Art insgesamt nicht gefährdet ist.
- Nach Auffassung der FDP sind viele Umweltstandards in Deutschland zu hoch. Das erschwere die Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen auf den internationalen Märkten. Umweltstandards sollen deshalb europaweit zusammengeführt werden.
- Als zentrales Instrument für den Naturschutz sehen die Liberalen die Kreislaufwirtschaft. „Wir wollen moderne Recyclingmethoden statt Produktverbote“, steht im Programm.
Energie und Verkehr
- Die FDP möchte die Energiesteuern mittelfristig komplett abschaffen. Der CO2-Preis soll sie perspektivisch vollständig ersetzen.
- Die Partei will Anreize für neue Gaskraftwerke schaffen und die heimische Erdgasförderung ausbauen. Das Fracking-Verfahren wird grundsätzlich befürwortet.
- Die Liberalen wollen „Anreize für den Umstieg auf erneuerbare Energien oder klimafreundliche Kraft- und Heizstoffe“ schaffen. Subventionen für neue Solar- und Windanlagen soll es aber nicht mehr geben. Das Heizungsgesetz „muss vollständig auslaufen“.
- Die FDP hält am Verbrenner fest und lehnt ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ab. Das Flugzeug soll als Transportmittel attraktiver werden, indem die Luftverkehrssteuer abgeschafft wird.
AfD
Klima
- Die Alternative für Deutschland stellt in ihrem Wahlprogramm den menschengemachten Klimawandel infrage.
- Die Partei lehnt deshalb jede Form von Klimapolitik ab und will aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und dem „Green Deal“ der EU aussteigen.
- Förderprogramme und Subventionen für den Klimaschutz will sie „ersatzlos“ streichen.
Umwelt
- Die AfD lehnt den weiteren Ausbau der Windenergie auch aus Gründen des Landschaftsschutzes ab, ebenso wie den Neubau von Solaranlagen als Agro-PV auf landwirtschaftlichen Nutzflächen.
- Für den Erhalt des Waldes sei „eine professionelle Bewirtschaftung unabdingbar“. Die Partei ist gegen eine „Stilllegung forstwirtschaftlicher Flächen“ nach den Vorstellungen eines strengen Naturschutzes.
- Was den Schutz der Meere angeht, lehnt die Partei „die Ausweitung der Naturschutz-Kernzonen und die Bindung der Fangquote an den Kutter“ ab.
Energie und Verkehr
- Die AfD fordert das Ende der Energiewende. Die EEG-Umlage (Förderung von Ökostrom) soll abgeschafft und der Ausbau von Wind- und Solarenergie damit gestoppt werden.
- Deutschland soll „seine Kohlekraftwerke erhalten“ und „wieder in die Kernkraft einsteigen“, um den Energiebedarf zu decken.
- Die AfD will wieder Gas aus Russland beziehen. Dazu sollen die Nord-Stream-Pipelines repariert werden.
- Das Verbrennerverbot soll aufgehoben werden. Die Finanzierung der Ladeinfrastruktur für Elektroautos will die AfD streichen. Die Partei ist gegen ein Tempolimit.
Die Linke
Klima
- Die Linke hält in ihrem Wahlprogramm am Pariser Klimaabkommen fest. Es sollen wieder verbindliche Sektorziele (etwa bei Verkehr und Wärme) beim Klimaschutz gelten.
- „Reiche und Konzerne“ sollen für den Klimaschutz bezahlen.
- Die Länder des globalen Südens sollen beim Klimaschutz massiv unterstützt werden.
Umwelt
- Die Linke unterstützt die Idee, die Natur als Rechtssubjekt (ähnlich einer juristischen Person) anzuerkennen.
- Zerstörte Ökosysteme sollen wiederhergestellt, Schutzgebiete und Wildnisflächen ausgeweitet werden.
- Die Partei fordert ein Ressourcenschutzgesetz für einen sparsameren Umgang mit Rohstoffen und Energien.
Energie und Verkehr
- Die Partei will den Kohleausstieg bereits 2030, schnellstmöglich komplett auf erneuerbare Energien umsteigen und „die Energiekonzerne entmachten“. Die Energieversorgung soll vorrangig dezentral organisiert werden.
- Einen CO2-Preis fürs Tanken und Heizen lehnt die Partei ab. Stattdessen fordert sie „eine umfassende Unterstützung beim Heizungsumbau“.
- Ziel der Linken ist eine ökologische Verkehrswende: „Die Mobilität der Zukunft gehört dem Fuß,- Rad- und öffentlichen Nahverkehr.“ Die Partei fordert ein Tempolimit von 120 km/h auf der Autobahn.
- Bus und Bahn sollen von der Mehrwertsteuer befreit werden. Langfristiges Ziel ist ein kostenloser ÖPNV.
BSW
Klima
- Das Bündnis Sahra Wagenknecht steht nach eigenen Worten zum Pariser Klimaabkommen, fordert aber im Wahlprogramm „eine Abkehr vom Wunschdenken einer schnell erreichbaren völligen Klimaneutralität“.
- Der CO2-Preis soll abgeschafft werden, weil er die Bevölkerung belaste. Ein Emissionshandel sei nur sinnvoll, „wenn er weltweit zur Anwendung käme“.
- Beim Klimaschutz setzt das BSW stattdessen vor allem auf „Förderung und Anreize“ bei der Entwicklung neuer Technologien“, zum Beispiel auf Anlagen zur Speicherung von CO2.
Umwelt
- Das BSW verknüpft Natur- und Tierschutz in seinem Wahlprogramm mit der Landwirtschaft.
- Priorität habe die Bewahrung der Agrarflächen. „Wälder, Grünland und Moore sind durch schonende Nutzung zu erhalten.“
- Die Partei ist gegen die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Ökologie und soziale Verantwortung) von Unternehmen.
Energie und Verkehr
- Deutschland soll wieder Gas von Russland über die Nord-Stream-Pipelines beziehen.
- Die Partei lehnt den Neubau „konventioneller Atomkraftwerke“ ab, zeigt sich aber grundsätzlich offen für Kernfusuion.
- Das Bündnis Sahra Wagenknecht will PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, auf Parkplätzen, Ställen und Werkshallen fördern. Alte Windanlagen sollen durch neue ersetzt werden.
- Die Partei will das Heizungsgesetz und Verbrennerverbot abschaffen. Ein Tempolimit fordert die Partei nicht.
