Katzen haben sich selbst domestiziert

Eine umfassende Studie von Katzengenen legt nahe, dass Katzen noch für Jahrtausende unverändert blieben, nachdem sie Teil unseres Lebens wurden.

Von Casey Smith
Veröffentlicht am 2. Nov. 2017, 09:58 MEZ
Hauskatze
Tabby-Fellzeichnungen gibt es laut einer Studie alter Katzengene erst seit dem Mittelalter.
Foto von Joël Sartore, National Geographic Photo Ark

Ganz ihrer Art entsprechend haben sich Katzen eine Menge Zeit für die Entscheidung gelassen, in den Schoß der Menschheit zu springen.

In einer umfassenden Studie zur Verbreitung von domestizierten Katzen wurde anhand von DNA-Analysen darauf geschlossen, dass die Tiere Jahrtausende an der Seite des Menschen lebten, bevor sie domestiziert wurden. Während dieser Zeit unterschieden sich ihre Gene kaum von denen der Wildkatzen, mal abgesehen von einer vergleichsweise neuen Innovation: die Punkte und Streifen der Tabby-Katzen.

Forscher untersuchten die DNA von mehr als 200 Katzen aus den letzten 9.000 Jahren. Darunter befanden sich auch DNA-Proben von Überresten von Katzen der römischen Antike, ägyptischer Katzenmumien und moderner afrikanischer Wildkatzen. Laut der Studie, die im Juni 2017 in „Nature Ecology & Evolution“ veröffentlicht wurde, leisteten vor allem zwei große Abstammungslinien ihren Beitrag zur heutigen domestizierten Katze.

Eine ägyptische Katzenmumie
Foto von Richard Barnes, National Geographic Creative

Die frühen Vorfahren der heutigen Katzen breiteten sich eventuell schon 4.400 v. Chr. vom Südwesten Asiens nach Europa aus. Wahrscheinlich hielten sie sich vor 8.000 Jahren in der Nähe von landwirtschaftlichen Gemeinschaften im Fruchtbaren Halbmond der arabischen Halbinsel auf. Dort könnten sie als Jäger von Nagetieren eine Beziehung mit Menschen gepflegt haben, die für beide Seiten von Vorteil war.

Mäuse und Ratten wurden durch Getreide und andere landwirtschaftliche Nebenerzeugnisse angezogen, die von der menschlichen Zivilisation produziert wurden. Die Katzen folgten den Populationen der Nager vermutlich und kamen daher regelmäßig in die Nähe menschlicher Siedlungen.

„So kam wahrscheinlich der erste Kontakt zwischen Menschen und Katzen zustande“, sagt der Co-Autor der Studie Claudio Ottoni von der Universität von Leuven. „Es ist also nicht so, dass Menschen ein paar Katzen geschnappt und sie in Käfige gesteckt hätten“, erklärt er. Stattdessen gestatteten es die Menschen den Katzen mehr oder weniger, sich selbst zu domestizieren.

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    Eine zweite Abstammungslinie afrikanischer Katzen, die in Ägypten dominierte, breitete sich ab etwa 1.500 v. Chr. In Richtung des Mittelmeers und der Alten Welt aus. Diese ägyptische Katze wies vermutlich Merkmale auf, die sie für Menschen attraktiv machte, zum Beispiel Geselligkeit und Zahmheit.

    Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass die prähistorischen menschlichen Populationen vermutlich damit begannen, ihre Katzen auch auf alten Land- und Seewegen mit sich zu nehmen, um Nagetiere in Schach zu halten.

    Tabbys auf dem Vormarsch

    Die Forscher untersuchten die DNA von Katzen aus verschiedenen Epochen der Geschichte. So erhielten sie einen Eindruck davon, wie sich die Tiere veränderten, schon bevor Menschen sie auf ihre Reisen um die Welt mitnahmen, so Ottoni.

    Überraschenderweise unterschieden sich die wilden und die domestizierten Katzen in ihrem genetischen Aufbau kaum voneinander. Eine der wenigen Merkmale, an denen man sie auseinanderhalten konnte, war die Tabby-Fellzeichnung

    Eine Frau in einem italienischen Gemälde der Renaissance hält eine gefleckte Katze.
    Foto von Illustration by Francesco d'Ubertino Verdi; Peter Horree, Alamy

    Die Studie gibt Aufschluss über das späte Aufkommen der gefleckten oder gestreiften Fellzeichnung, die im Mittelalter bei domestizierten Katzen aufzutreten begann. Das Gen für die Tabby-Zeichnung geht auf das Osmanische Reich im Südwesten Asiens zurück und verbreitete sich später auch in Europa und Afrika.

    Erst im 18. Jahrhundert war die Zeichnung jedoch verbreitet genug, um mit domestizierten Katzen assoziiert zu werden. Im 19. Jahrhundert begannen Katzenfreunde dann damit, Katzen mit bestimmten Eigenschaften auszuwählen, um raffinierte Züchtungen zu erzeugen.

    Perfekte Haustiere

    Im Großen und Ganzen wurden Katzen zu einem domestizierten Gefährten des Menschen, ohne sich groß zu verändern, sagt Eva-Maria Geigl. Sie ist die Co-Autorin der Studie und eine Evolutionsgenetikerin. Hauskatzen sehen ihren wilden Verwandten ähnlich, aber sie sind nicht so einzelgängerisch und tolerieren sowohl Menschen als auch andere Katzen.

    Damit unterscheiden sie sich laut Geigl vom ersten domestizierten Tier, dem Hund. Hunde wurden ausgewählt, um spezifische Aufgaben zu verrichten, was bei Katzen nie der Fall war. Diese Auswahl bestimmter Merkmale führte zu der großen Vielfalt und den vielen Hunderassen, die wir heute haben.

    „Ich glaube, es gab einfach keinen Grund, Katzen einem solchen Selektionsprozess zu unterziehen, weil man sie nicht verändern musste“, sagt Geigl. „Sie waren perfekt so, wie sie waren.“

    Auch wenn nicht jeder über die Perfektion von Katzen einer Meinung sein mag, gehören sie heute zu den beliebtesten Haustieren der Welt. Allein in Deutschland leben laut der letzten Schätzung von 2014 etwa 8,4 Millionen Hauskatzen.

    „Wir entdecken Unglaubliches darüber, woher sie gekommen sind, wie weit sie sich verbreitet haben und welchen Einfluss sie auf die Menschheit hatten“, sagt Ottoni.

    „Ich glaube, dass weitere Studien dieser Art auch noch mehr über den Prozess der Domestikation offenbaren werden.“

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