Die Pest: Wie die Menschheit eine ihrer tödlichsten Krankheiten besiegte
Der „Schwarze Tod“ verbreitete sich jahrhundertelang rasant und tötete Millionen von Menschen. Die bakterielle Infektion tritt auch heute noch auf – aber mittlerweile wissen wir, wie man sie bekämpft.
Die Pest ist eine der tödlichsten Krankheiten in der Geschichte der Menschheit, die nur noch von den Pocken übertroffen wird. Eine bakterielle Infektion, die hauptsächlich in Nagetieren und ihren Flöhen vorkommt, springt bei engem Kontakt leicht auf den Menschen über. Pestausbrüche sind die berüchtigtsten Epidemien der Geschichte und schürten Ängste vor dem Einsatz der Pest als biologische Waffe.
Heute tauchen immer noch sporadisch Pestfälle auf der ganzen Welt auf – auch in den Vereinigten Staaten oder in China, wo Ende November 2019 vier Fälle in der Inneren Mongolei gemeldet wurden. Aber die Krankheit ist nicht mehr so tödlich wie früher, da sie mit Antibiotika behandelt werden kann – sofern diese verfügbar sind.
Alles Wissenswerte zur Pest haben wir in diesem Artikel kurz und knapp zusammengestellt: wie sie sich ausbreitet, der Unterschied zwischen Beulen- und Lungenpest, die berüchtigtsten Pestpandemien der Geschichte, und warum es nicht so ungewöhnlich ist, moderne Fälle der Krankheit zu sehen.
Pestformen und Infektionswege
Hunderte von Jahren blieb die Ursache von Pestausbrüchen rätselhaft und daher aufgeladen mit diversen Aberglauben. Doch genaue Beobachtungen und Fortschritte in der Mikroskopie halfen schließlich, den wahren Übeltäter zu entlarven. Im Jahr 1894 entdeckte Alexandre Yersin das Bakterium, das die Pest verursacht: Yersinia pestis.
Y. pestis ist ein außerordentlich virulentes, stäbchenförmiges Bakterium. Es setzt das Immunsystem seines Wirts außer Gefecht, indem es Toxine in Abwehrzellen wie beispielsweise Makrophagen injiziert, die für die Erkennung bakterieller Infektionen zuständig sind. Sind diese Zellen einmal ausgeschaltet, kann sich das Bakterium ungehindert vermehren.
Viele kleine Säugetiere dienen als Wirte für das Bakterium, darunter Ratten, Mäuse, Streifenhörnchen, Präriehunde, Kaninchen und Eichhörnchen. Während eines enzootischen Zyklus kann Y. pestis mit geringen Raten innerhalb von Nagetierpopulationen zirkulieren. Dabei bleibt es meist unerkannt, weil es keinen Ausbruch verursacht. Wenn die Bakterien während eines epizootischen Zyklus auf andere Spezies übergehen, besteht für den Menschen ein größeres Risiko, sich mit Pestbakterien zu infizieren.
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Lange Zeit wurde angenommen, dass Ratten der Hauptüberträger von Pestausbrüchen sind, da sie in städtischen Gebieten in engem Kontakt mit Menschen stehen. In jüngerer Zeit haben Wissenschaftler allerdings entdeckt, dass ein auf Ratten lebender Floh, Xenopsylla cheopis, der Hauptverursacher für menschliche Pestfälle ist. Wenn Nagetiere an der Pest sterben, springen die Flöhe auf einen neuen Wirt über, beißen ihn und übertragen Y. pestis. Die Übertragung kann auch durch den Umgang mit Gewebe oder Blut von einem pestinfizierten Tier oder durch das Einatmen von infizierten Tröpfchen erfolgen.
Die Beulenpest, die häufigste Form der Krankheit, erhielt ihren Namen aufgrund der verräterischen Blasen – schmerzhaft geschwollene Lymphknoten –, die in der Leiste, den Achselhöhlen oder am Hals auftreten. Die Haut über den Beulen färbt sich schwarz, was ihr den Beinamen „Schwarzer Tod“ einbrachte. Erste Symptome dieses frühen Stadiums sind Erbrechen, Übelkeit und Fieber.
Die Lungenpest ist die infektiöseste Pestform, die direkt die Lunge angreift. Die Krankheit wird direkt von Mensch zu Mensch übertragen, und zwar durch Partikel in der Luft, die aus den Lungen einer infizierten Person ausgehustet werden.
Unbehandelt können Beulen- und Lungenpest den Blutkreislauf infizieren und damit zur Pestsepsis führen. Ohne ärztliche Hilfe liegt die Sterblichkeitsrate für Patienten mit Lungenpest und Pestsepsis bei fast 100 Prozent.
Berüchtigte Pest-Pandemien
Drei besonders bekannte Pandemien traten auf, bevor die Ursache der Pest entdeckt wurde. Die erste gut dokumentierte Pestwelle war die Justinianische Pest, die 542 n. Chr. begann. Benannt nach dem byzantinischen Kaiser Justinian I., tötete die Pandemie laut antiken Historikern bis zu 10.000 Menschen pro Tag in Konstantinopel (dem heutigen Istanbul, Türkei). Moderne Schätzungen gehen davon aus, dass die Hälfte der europäischen Bevölkerung – fast 100 Millionen Tote – ausgelöscht wurde, bevor die Seuche im 8. Jahrhundert abklang.
Der wohl berüchtigtste Pestausbruch war der so genannte Schwarze Tod – eine Pandemie, die über mehrere Jahrhunderte Asien und Europa heimsuchte. Es wird angenommen, dass sie 1334 in China begann, sich entlang der Handelsrouten ausbreitete und in den späten 1340ern über sizilianische Häfen Europa erreichte. Die Seuche tötete schätzungsweise 25 Millionen Menschen, fast ein Drittel der Bevölkerung des Kontinents. Der Schwarze Tod überdauerte Jahrhunderte, insbesondere in den Städten. Zu den bekannten Ausbrüchen gehörte auch die Große Pest von London (1665-66), der 70.000 Einwohner zum Opfer fielen.
Die Ursache der Pest wurde erst beim letzten weltweiten Ausbruch entdeckt, der 1860 in China begann und erst 1959 offiziell endete. Diese Pandemie kostete etwa 10 Millionen Menschenleben. Die Pest fand Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Weg nach Nordamerika per Schiff und verbreitete sich danach über kleine Säugetiere in den gesamten Vereinigten Staaten.
Die hohe Sterblichkeitsrate während dieser Pandemie führte dazu, dass die Toten oft in hektisch ausgehobenen Massengräbern verscharrt wurden. Aus den Zähnen dieser Pestopfer haben Wissenschaftler einen Stammbaum von Y. pestis zusammengesetzt und entdeckt, dass der Stamm der Justinianischen Pest mit anderen Stämmen der Pest verwandt, aber deutlich von ihnen unterscheidbar ist.
Die Pest in der Moderne
Die Pest existiert immer noch in verschiedenen Teilen der Welt. Sie taucht sporadisch auf und wird von der Weltgesundheitsorganisation und den Centers for Disease Control and Prevention genau verfolgt. Die meisten Fälle sind seit den Neunzigern in Afrika aufgetreten.
Zwischen 2004 und 2014 meldete die Demokratische Republik Kongo die meisten Pestfälle weltweit, mit 4.630 menschlichen Infektionsfällen und 349 Toten. Wissenschaftler führen das Auftreten der Pest in der DRK auch auf das Ökosystem zurück – vor allem das tropische Gebirgsklima begünstigt die Verbreitung des Erregers. In jüngerer Zeit brach die Pest 2017 in Madagaskar aus und sorgte dort für mehr als 2.300 Fälle.
Die Vereinigten Staaten, China, Indien, Vietnam und die Mongolei gehören zu den anderen Ländern, in denen in den letzten Jahren bestätigte Fälle von Pest beim Menschen aufgetreten sind. In den USA gibt es jedes Jahr durchschnittlich sieben Fälle, vor allem in Kalifornien und im Südwesten.
Dank schneller Diagnose und Antibiotikagabe überleben die meisten Menschen die Pest heutzutage. Gute Hygienepraktiken und Schädlingsbekämpfung minimieren den Kontakt mit infizierten Flöhen und Nagetieren und helfen, Pestpandemien zu verhindern.
Die Pest wird als Erreger der Kategorie A eingestuft, da sie leicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist und unbehandelt zu hohen Sterblichkeitsraten führen kann. Diese Einstufung hat dazu beigetragen, Ängste vor dem Einsatz von Y. pestis als biologische Waffe zu schüren, wenn der Erreger in Aerosolform verteilt wird. Als kleines luftgetragenes Partikel würde es die Lungenpest verursachen, die tödlichste und ansteckendste Form.
Der stark gefährdete Schwarzfußiltis infiziert sich durch Präriehunde in seinem Lebensraum mit einer anderen Form der Pest, der silvatischen Pest. Die Krankheit kann außerdem Präriehundepopulationen dezimieren, die eine wichtige Nahrungsquelle für Schwarzfußiltisse sind. Wissenschaftler haben deshalb begonnen, einen Impfstoff zu verabreichen, um Pestausbrüche bei Präriehunden und Schwarzfußiltissen zu verhindern.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.