Farbpigmente der „Mona Lisa“ entschlüsselt
Forschende haben die Grundierung von Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ und „Das letzte Abendmahl“ analysiert. Mit seiner experimentellen Technik war der Künstler und Naturforscher seiner Zeit voraus.
Bis heute fasziniert die „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci täglich Tausende von Menschen im Pariser Louvre.
Er schuf eines der berühmtesten Gemälde der Welt – seine Technik hielt er allerdings geheim: Leonardo da Vinci, bis heute einer der größten Universalgelehrten aller Zeiten, malte zwischen 1503 und 1506 die weltbekannte „Mona Lisa“.
Obwohl da Vinci viele Aufzeichnungen über sein Schaffen anfertigte, enthalten sie kaum Informationen darüber, welche Farbmischungen und Techniken er beim Malen verwendet hat. Da der Universalgelehrte des frühen 16. Jahrhunderts auch überaus experimentierfreudig war, änderte sich seine Maltechnik mit jedem Gemälde.
Nun gelang es Forschenden, die Grundierungstechnik des Künstlers zu entschlüsseln – und eine überraschende Entdeckung zu machen: da Vinci experimentierte bereits mit Farbpigmenten, die man bislang erst 100 Jahre später vermutete.
Kunst aus der Renaissance: So wurde im 16. Jahrhundert gemalt
Die „Mona Lisa“ wurde – wie es in der Malerei des 16. Jahrhunderts üblich war – auf einer dunklen Holztafel gemalt. Um die Farben darauf zur Geltung zu bringen, trugen die Künstler*innen zunächst eine weiße Grundierungsschicht auf. Während die meisten dazu Gesso verwendeten – eine weiße Farbmischung aus einem Bindemittel mit Gips, Kreide, Pigment –, nutzte da Vinci je nach Bild ganz unterschiedliche Materialzusammensetzungen.
Aus früheren Studien weiß man, dass er dabei auf bleihaltige Pigmente setzte und auch sein Öl mit Blei(II)-oxid (PbO) mischte – so auch bei der Grundierung der „Mona Lisa“ und dem „Letzten Abendmahl“. Vermutlich diente diese Technik der schnelleren Trocknung der Farben.
Die Farben da Vincis
Nun aber konnte ein französisches Forschungsteam unter der Leitung von Photophysiker und -chemiker Victor Gonzalez von der Universität Paris-Saclay bahnbrechende neue Entdeckungen machen. Mithilfe modernster Mikroanalysetechniken untersuchten die Forschende Mikroproben der „Mona Lisa“ und von „Das letzte Abendmahl“. So konnten die Forschenden die chemische Farbzusammensetzung der Grundierungen entziffern – und damit neue Hinweise auf die außergewöhnliche Malweise des Künstlers liefern.
„Die bemerkenswerteste Substanz, die wir finden konnten, ist Plumbonacrit (Pb5(CO3)O(OH)2) – eine rare Verbindung, die nur in alkalischer Umgebung stabil ist“, so die Forschenden in ihrer Studie, die in der Zeitschrift Journal of the American Chemical Society erschien.
„Leonardo hat wahrscheinlich versucht, durch die Behandlung des Öls mit einer hohen Konzentration an Blei-(II)-oxid (PbO) eine dicke Farbe herzustellen, die für die Holzplatte der Mona Lisa geeignet war“, vermuten die Forschenden. Aus dieser Verbindung sei schließlich das Plumbonacrit entstanden.
Experimentelle Farbmischungen – seiner Zeit voraus
Ein bemerkenswerter Fund, der zeigt, wie ausgefeilt da Vincis Technik bereits zur damaligen Zeit war. Plumbonacrit wurde bisher nämlich frühestens in den barocken Gemälden Rembrandts nachgewiesen – rund 100 Jahre später. Da Vinci war seiner Zeit voraus – und könnte den Grundstein für diese später häufig verwendete Farbmischung gelegt haben.
Gonzalez und sein Team fanden sogar noch einen weiteren Beweis für die Experimentierfreude des Universalgelehrten. In den Grundierungen des „Letzten Abendmahls“ konnten sie neben Plumbonacrit noch eine weitere Substanz ausmachen: das bleihaltige Mineral Shannonit (Pb2OCO3). Es wurde zum ersten Mal in einem historischen Gemälde entdeckt. Damit erweitern die Forschenden nicht nur das Verständnis von da Vincis Kunst, sondern tragen auch eine neue Facette der Kunstgeschichte bei.