Gen Z hat genau so viel Sex wie ihre (Groß-)Eltern
Obwohl die Gen Z ihre sexuellen Freiheiten offen auslebt, hat sie genauso wenig Sex wie die Babyboomer – und strebt nach Monogamie. Wie passen kinky Sex und der Wunsch nach einem traditionellen Beziehungsmodell zusammen?
Viele junge Menschen hatten noch nie eine feste Beziehung. Sehnen sie sich deshalb nach Monogamie?
Ob Klimakrise, Konsumverhalten oder Arbeitsethos: Zwischen Babyboomern und Gen Z herrscht allgemeines Unverständnis. Aller Unterschiede zum Trotz scheinen die Generationen der zwischen 1997 und 2011 und der zwischen 1946 bis 1964 Geborenen eine schlüpfrige Gemeinsamkeit zu haben: Beide Generationen haben gleich viel Sex. Während die Älteren allerdings vom aufregenden Leben in offenen Beziehungen träumen, sehnen sich die Jüngeren trotz abenteuerlicher sexueller Vorlieben nach Monogamie.
Das konnte ein neuer US-Report zum „Stand des Datings“ zeigen. Die Forschenden vom Kinsey Institute der Indiana University in Bloomington, USA, untersuchten darin die Einstellung verschiedener Generationen zu den Themen Sexualität und Beziehung. Involviert waren die Babyboomer, die Generation X, die Millennials und die Gen Z. Der Report zeigt: Unsere sexuellen Wünsche und Vorlieben verändern sich mit jeder Generation.
Andere Generationen, andere Beziehungsmodelle
Für den Report wurden 3.310 Nutzer*innen der Dating-App Feeld befragt, die ebenfalls an der Entstehung des Berichts beteiligt war. Die Umfrage-Teilnehmer*innen waren im Alter von 18 bis 75 Jahren und stammten aus 71 Ländern – die meisten davon, etwa 60 Prozent, aus den USA. Mehr als 65 Prozent der Befragten waren männlich, etwa 25 Prozent weiblich und neun Prozent identifizierten sich als nicht-binär, trans oder anderes.
Auffällig war zunächst die Häufigkeit, mit der die Angehörigen der verschiedenen Generationen Sex hatten. Während die Millennials und die Generation X angaben, innerhalb des letzten Monats etwa fünf Mal Sex gehabt zu haben, gaben die Babyboomer und die Gen Z lediglich drei Mal an. Damit haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen genau so viel – oder wenig – Sex wie ihre (Groß-)Eltern.
Je nachdem, welcher Generation die Befragten angehörten, bevorzugten sie außerdem ein anderes Beziehungsmodell: Babyboomer wollten am liebsten eine „Freundschaft Plus“ führen. Generation X und Millennials bevorzugten die sogenannte ethische Nichtmonogamie (ENM) – so nennt man Beziehungsformen, die von der Monogamie abweichen und die Zustimmung aller Beteiligten erfordern, zum Beispiel Polyamorie oder eine offene Beziehung. In der Gen Z dominierte dagegen überraschenderweise der recht ‚traditionelle‘ Wunsch nach Monogamie. Die zwischen 1997 und 2011 Geborenen gaben fast doppelt so häufig an, von einer monogamen Beziehung zu träumen, wie Personen aus den anderen Generationen.
Warum liebt die Gen Z Monogamie?
Eigentlich ist die Gen Z für ihre Experimentierfreudigkeit und sexuelle Offenheit bekannt. Im Vergleich zu den Millennials, der Generation X und den Babyboomern ist sie im Umgang mit Gender, Sexualität und sogenannten Kinks – speziellen sexuellen Vorlieben – deutlich flexibler. 56 Prozent der Gen Z-Teilnehmer*innen gaben in der Umfrage zum Beispiel an, BDSM-Fantasien zu haben. Bei den Babyboomern waren es lediglich 12 Prozent. „Die Gen Z erforscht ihre Sexualität heute in einem Umfeld, in dem Kinks offener denn je diskutiert werden und für viele zu einer eigenen Identität geworden sind“, heißt es als Erklärung im Bericht.
Warum sehnt sich diese sexuell so offene Generation dann nach einem traditionellen Beziehungsmodell? Im Report wurden gleich zwei mögliche Antworten auf diese Frage gefunden. Zum einen sei fast die Hälfte der Gen Z-Befragten single gewesen. Bedeutet: Viele junge Erwachsene hatten noch nie eine feste Beziehung mit einer Person – geschweige denn mehrere zur selben Zeit. Für viele sei das eine neue, erstrebenswerte Erfahrung, so die Forschenden.
“Es herrscht eine gewisse Anziehungskraft in diesem ‚Zurück zum Alten‘.”
Zum anderen gebe es derzeit einen Trend in der Gen Z, bei dem traditionelle Werte und Beziehungsformen romantisiert würden. Auf TikTok und Instagram findet man zum Beispiel sogenannte ‚Tradwives‘ – traditionelle Hausfrauen, die ihr Leben mit Haushalt und Kindern in den sozialen Medien zeigen und bewerben. „Es herrscht eine gewisse Anziehungskraft in diesem ‚Zurück zum Alten‘, in dem Sinne, dass die Dinge damals einfacher gewesen zu sein scheinen als heute“, lautet es im Report. Da Dating durch die vielen Internetplattformen wie Tinder, Bumble, Hinge und Co. komplexer geworden ist und es diverse Beziehungsmodelle und Bedürfnisse gibt, wünschen sich viele Gen Z-Angehörige die vermeintlich ‚einfacheren‘ Zeiten zurück. Laut der Studie sei es keine Überraschung, dass die Monogamie gerade jetzt wieder an Zuspruch gewinnt: Die Zeiten seien schließlich unsicherer und unklarer als je zuvor.
Der Trend bedeute allerdings nicht, dass die Gen Z in ihrem Intimleben durchweg konservativere Werte vertrete, schreiben die Forschenden. Trotz der Rückkehr zu traditionelleren Beziehungswerten breche die Gen Z mit den Tabus älterer Generationen, indem sie die fortschrittlichsten Ansichten über Sexualität und Gender vertritt, die es jemals gegeben hat.