Vampirgräber: Ein Leitfaden zu Untoten

Das mutmaßliche Vampirgrab, das 2013 in Polen entdeckt wurde, ist nicht das erste seiner Art, das Archäologen entdeckten.

Von Heather Pringle
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:39 MEZ
Skelett
Polnische Archäologen glauben, dass dieses Skelett mit seinem Schädel zwischen den Beinen als „Vampir“ beerdigt wurde.
Foto von Andrzej Grygiel, European Pressphoto Agency

Als Archäologen 2013 ein altes Grab an einer Straßenbaustelle bei Gliwice in Polen öffneten, bot sich ihnen eine Szene wie aus einem Horrorfilm: ein mutmaßliches Vampirbegräbnis.

Dort, in der Erde begraben, lagen die Skelette mehrerer Menschen, deren abgetrennte Köpfe auf ihren Beinen ruhten – eine slawische Bestattungsform, mit der sich vermeintlichen Vampiren entledigt wurde. Man hoffte, dass die Geköpften so nicht in der Lage wären, ihren Gräbern wieder zu entsteigen.

Aber die polnische Entdeckung ist nicht das erste Mal, dass Archäologen über die Gräber von Menschen gestolpert sind, die von Zeitgenossen als Untote angesehen wurden. Lest hier, was uns die Geschichte über ein paar der bekanntesten Fälle vermeintlicher Wiedergänger lehren kann.

WIE MAN DIE UNTOTEN BEGRÄBT

Berichte von Forschern über mutmaßliche Vampirbegräbnisse gibt es sowohl aus der Alten als auch aus der Neuen Welt.

In den 1990ern entdeckten der Archäologe Hector Williams von der Universität von British Columbia und seine Kollegen das Skelett eines erwachsenen Mannes. Sein Körper, der auf einem Friedhof aus dem 19. Jahrhundert auf der griechischen Insel Lesbos beigesetzt worden war, war gepfählt worden. Wer auch immer den Mann bestattet hatte, hatte mehrere 20 Zentimeter lange Nägel durch seinen Hals, sein Becken und sein Fußgelenk getrieben.

„Er befand sich außerdem in einem schweren, wenn auch fast völlig verrotteten Holzsarg“, sagt Williams. „Die meisten anderen Bestatteten [auf dem Friedhof] waren einfach in Leichentüchern in der Erde [begraben].“ Offensichtlich hatte jemand verhindern wollen, dass der Mann aus seinem Grab steigt. Aber als Anthropologen das Skelett des Mannes untersuchten, „fanden sie an ihm nichts sonderlich Ungewöhnliches“, fügte Williams hinzu.

Vor nicht allzu langer Zeit stieß auch ein archäologisches Team unter Leitung des forensischen Anthropologen Matteo Borrini von der Universität von Florenz auf ein mutmaßliches Vampirbegräbnis. Auf der italienischen Insel Lazzaretto Nuovo entdeckten sie den Leichnam einer alten Frau, die anscheinend mit einem Ziegel im Mund begraben wurde. Der sollte verhindern, dass sich potenzielle Wiedergänger durch ihr Leichentuch fressen und Pestopfer verzehren.

Und dann gibt es da noch die Vorfälle aus der Neuen Welt. In den 90ern entdeckten Archäologen bei Arbeiten auf einem kleinen Friedhof aus dem 18. bis 19. Jahrhundert, der sich nahe des Ortes Griswold in Connecticut befindet, etwas Ungewöhnliches: das Grab eines Mannes in seinen Fünfzigern, dessen Schädel über seinen überkreuzten Oberschenkelknochen lag, ähnlich der Abbildung auf Piratenflaggen.

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    Bei einer Untersuchung stellten Anthropologen fest, dass der Mann an Schwindsucht gestorben war, die heutzutage besser als Tuberkulose bekannt ist. Jene, die an der Infektionskrankheit litten, wurden blass, verloren an Gewicht und schienen dahinzusiechen – Eigenschaften, die sowohl Vampiren als auch ihren Opfern zugeschrieben wurden.

    „Das Verlangen eines Vampirs nach ‚Nahrung‘ treibt ihn dazu, sich von seinen lebenden Verwandten zu nähren, die unter einem ähnlichen ‚Dahinsiechen‘ leiden“, schrieben die Forscher in einer Abhandlung, die im „American Journal of Physical Anthropology“ erschien. Um auf Nummer sicher zu gehen, schienen die Einwohner des Ortes den Leichnam des mutmaßlichen Vampirs enthauptet zu haben.

    VON DEN TATSACHEN DES TODES

    Die meisten Archäologen glauben, dass der Glaube an Vampire durch ein mangelndes Verständnis des Verwesungsprozesses und durch falsche Einschätzungen von Krankheiten wie Tuberkulose entstand.

    Obwohl die meisten Europäer und Amerikaner des 19. Jahrhunderts wussten, wie sich ein Körper in den ersten Stunden nach dem Tod veränderte, konnten sie nur äußerst selten beobachten, was während der folgenden Wochen und Monate im Grab geschah.

    Die Totenstarre, Rigor mortis, löst sich nach einigen Stunden wieder auf, was zu beweglichen Gliedmaßen führt. Außerdem beginnt der Verdauungstrakt zu verwesen. Dabei bildet sich eine dunkle Flüssigkeit, die mitunter aus dem Mund läuft und bei einer Exhumierung leicht mit frischem Blut verwechselt werden kann. Das mag den Anschein eines Vampirs erwecken, der kürzlich eine frische Mahlzeit zu sich genommen hat.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

     

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