Archäologische Hotspots in Deutschland: Diese Ausgrabungsstätten sollte man gesehen haben

Keltische Grabanlagen, römische Reichtümer, mittelalterliche Schätze: Deutschland ist ein Eldorado der Archäologie. National Geographic und der Archäologie Wolfram Letzner stellen zehn Ausgrabungsstätten vor. Eine persönliche Auswahl in zwei Teilen

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 25. Mai 2023, 09:27 MESZ
Xanten am Niederrhein war in der Antike eine der größten Metropolen in den germanischen Provinzen Roms. 

Xanten am Niederrhein war in der Antike eine der größten Metropolen in den germanischen Provinzen Roms. 

Foto von Adobe Stock

Deutschland ist eine archäologische Schatzkammer. Allein durch Luftaufnahmen habe man bislang rund 100.000 Fundstätten erfassen können, sagt Wolfram Letzner. Der Archäologe hat viele davon bereist und in seinen Büchern vorgestellt. Jetzt schaut er nochmal genauer hin. Gemeinsam mit National Geographic präsentiert er zehn Hotspots in einer zweiteiligen Artikelreihe. Hier kommen die ersten fünf.

5 Archäologische Hotspots in Deutschland

Kreisgrabenanlage oder Sonnenobservatorium von Goseck

Sie gilt als Stonehenge von Sachsen-Anhalt. Viele Archäologen halten sie sogar für das älteste Sonnenobservatorium Europas. Die Kreisgrabenanlage von Goseck wurde vor rund 7.000 Jahren von Bauern gebaut. Für Letzner ist dies ein klares Indiz dafür, „dass sich schon der steinzeitliche Mensch intensiv mit Astronomie auseinandergesetzt und in gewisser Weise Forschung betrieben hat“.

Erst Anfang der 1990er Jahre wurde das historische Monument entdeckt, bis 2004 vollständig ausgegraben und anschließend exakt rekonstruiert. Die Anlage besteht aus einem runden Graben von gut 70 Metern Durchmesser, der von einem Wall umgeben ist. Im Inneren bilden mehr als drei Meter hohe Holzstämme zwei Palisadenringe. Am Tag der Wintersonnenwende, zugleich die längste Nacht des Jahres, können Besucher beobachten, wie im Südwesttor der Anlage die Sonne untergeht. Am Morgen darauf geht die Sonne im Südosttor wieder auf. 

Forschende vermuten, dass die Kreisgrabenanlage als Versammlungs-, Kult- und Gerichtsplatz diente. Das Sonnenobservatorium von Goseck ist zusammen mit dem Fundort der Himmelsscheibe von Nebra, dem Ringheiligtum Pömmelte und anderen archäologischen Highlights eine Station auf der touristischen Route „Himmelswege“.

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    Stonehenge von Sachsen-Anhalt: Das Sonnenobservatorium von Goseck

    Foto von Koordinierungsstelle Himmelswege, Foto: Christoph Kremtz

    Lichtensteinhöhle bei Osterode

    Es war ein echter Sensationsfund: Im Jahr 1980 stießen Forschende in der erst wenige Jahre zuvor entdeckten Lichtensteinhöhle bei Osterode in Niedersachsen auf die 3.000 Jahre alten Überreste eines Familienclans. Die gefundenen Knochen stellen den weltweit größten menschlichen DNA-Pool der Bronzezeit dar.

    Tausende Knochen sind so gut erhalten geblieben, dass sich erstmals die Verwandtschaftsbeziehungen einer frühgeschichtlichen Menschengruppe mithilfe von Genanalysen ermitteln ließen. Und nicht nur das: Ein Forschungsteam der Uni Göttingen konnte zugleich nachweisen, dass immer noch Nachkommen der Steinzeitfamilie in der Region leben. „Die heutigen Einwohner haben also einen Stammbaum von 120 Generationen“, sagt Letzner. 

    Auf Basis der DNA-Analysen entstanden Nachbildungen der Köpfe dreier Urahnen, die neben einem Nachbau des Höhlengrabs und Originalfunden im „Höhlen-Erlebnis-Zentrum“ in Bad Grund im Harz zu sehen sind.

    Das Museum in Bad Grund stellt die älteste genetisch nachgewiesene Großfamilie vor.

    Foto von HEZ

    Heuneburg in Herbertingen

    Am Oberlauf der Donau, in der baden-württembergischen Gemeinde Herbertingen, liegt eine der bedeutendsten archäologischen Stätten Mitteleuropas: die Heuneburg. Vor über 2.500 Jahren erstreckte sich dort mit Pyrene ein urbanes Siedlungs- und Machtzentrum der Kelten. Imposante Wallanlagen und Grabhügel zeugen vom Reichtum und Einfluss ihrer Erbauer. Teile der Befestigungsmauer und auch einige Gebäude wurden rekonstruiert. Sie können im archäologischen Freilichtmuseum Heuneburg besichtigt werden. 

    Die befestigte Kernanlage des frühkeltischen Fürstensitzes ist etwa 300 Meter lang und bis zu 150 Meter breit. Sie gilt als erste historisch erwähnte Siedlung Deutschlands. „Schon die alten Griechen kannten den Ort“, betont Letzner. Bereits der griechische Geschichtsschreiber Herodot hatte die keltische Stadt Pyrene im 5. Jahrhundert v. Chr. erwähnt – ein Zeichen für den regen Handel und kulturellen Austausch der damaligen Völker.

    Die Heuneburg am Oberlauf der Donau: Die keltische Höhensiedlung ist die älteste Stadt nördlich der Alpen.

    Foto von Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Günther Bayerl

    Augusta Treverorum – Trier

    Die Stadt des Augustus im Land der Treverer: Vor mehr als 2.000 Jahren als Augusta Treverorum gegründet, beansprucht Trier an der Mittelmosel heute den Titel der ältesten Stadt Deutschlands. Mit ihren zahlreichen Baudenkmälern aus römischer Zeit zählt Letzner sie zu den archäologischen Hotspots in Deutschland. Der Einfluss der Römer ist nahezu überall sichtbar.

    Trier war eine von nur vier Kaiserresidenzen im Römischen Reich. Der gesamte Nordwesten des Imperiums wurde von dort aus regiert. „Vor allem im zweiten Jahrhundert n. Chr. hat sich ein reges Baugeschehen entwickelt“, so Letzner. „Davon sehen wir heute im Stadtbild noch einiges.“ 

    Amphitheater, Barbarathermen, Kaiserthermen, Konstantinbasilika, Porta Nigra und Römerbrücke zählen zum Unesco-Welterbe. Und alles liegt relativ dicht beieinander – ein unschlagbarer Vorteil für geschichtsbegeisterte Städtereisende. 

    Die Porta Nigra in Trier ist das am besten erhaltene römische Stadttor nördlich der Alpen.

    Foto von Presseamt Trier

    Archäologischer Park Xanten

    Wer auf den Spuren der alten Römer wandelt, kommt auch an Xanten nicht vorbei. Das beschauliche Städtchen am Niederrhein war in der Antike eine der größten Metropolen in den germanischen Provinzen Roms. Das im ersten Jahrhundert gebaute Legionenlager zählte zeitweise zu den wichtigsten Stützpunkten im gesamten Imperium. Zur Blütezeit lebten dort schätzungsweise mehr als zehntausend Menschen.

    Im Archäologischen Park Xanten, einem Freilichtmuseum mit vielen Rekonstruktionen und Grabungsanlagen, können sich die Besucher einen Eindruck vom römischen Trubel verschaffen. Ob Stadtmauer, Amphitheater, Handwerkerhäuser oder Herberge mit römischer Gastronomie: Die großen Bauwerke entstanden nach jahrelangen Ausgrabungen und Forschungen im originalen Maßstab am originalen Standort.

    Bis heute wird dauerhaft in Xanten gegraben. Letzner ist überzeugt, dass auch künftig mit Überraschungen zu rechnen ist: „Man weiß nie, was noch alles zum Vorschein kommt.“

    Der Hafentempel im Archäologischen Park Xanten

    Foto von Axel Thünker DGPh

    Demnächst im zweiten Teil und letzten Teil unserer Minireihe: Fünf weitere archäologische Hotspots in Deutschland – nach einer persönlichen Auswahl von Wolfram Letzner. Der Zusammenstellung und Reihenfolge liegt keine Wertung zugrunde. 

    Letzner ist promovierter Archäologe, Sachbuchautor, Fotograf und Reiseleiter. Er hat unter anderem die Bände „Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten Deutschlands“ und „50 weitere archäologische Stätten in Deutschland – die man kennen sollte“ geschrieben. 

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