Mausmakis legen ihre eigenen Gärten an

Die kleinen Primaten Madagaskars schaffen sich unbewusst einen Lebensraum, von dem sie auf vielerlei Art profitieren.

Von Diana Crow
Veröffentlicht am 19. Juli 2018, 13:58 MESZ
Mausmaki
Ein Graubrauner Mausmaki sitzt in einem Baum im Berenty Reserve auf Madagaskar.
Foto von Juniors Bildarchiv, Alamy

Auf Madagaskar legen kleine Primaten unbewusst ihre eigenen Gärten an – und zwar mit ihren Exkrementen, wie eine aktuelle Studie verrät.

Die Graubraunen Mausmakis, die in von Weibchen angeführten Familiengruppen von etwa einem Dutzend Tieren leben, erleichtern sich oft innerhalb ihres Reviers. Dadurch säen die kleinen Makis, die kaum die Größe eines Eichhörnchens erreichen, unweigerlich die Samen ihrer Lieblingsfrüchte aus.

„Sie sind sich dessen definitiv nicht bewusst“, erzählt der Co-Autor der Studie, Fabien Génin von der Nelson Mandela University. Nichtsdestotrotz profitieren sie davon. Die Familiengruppen leben in diesen Gärten und ziehen dort ihre Jungtiere auf. Während der Regenzeit finden sie dort außerdem Nahrung.

Die Matriarchinnen verteidigen die wertvollen Haine sogar, indem sie beispielsweise fremde Männchen von dort verjagen, wie man in der Studie nachlesen kann, die im „Biological Journal of the Linnean Society“ erschien.

BUNTE NACHBARSCHAFT

Génin fiel die ungewöhnliche Kombination von fruchttragenden Pflanzen erstmals in den frühen 2000ern auf, als er die Graubraunen Mausmakis – eine der 18 Mausmakiarten der Insel – untersuchte.

In jenen Gebieten, in denen sich die Makis aufhielten, entdeckte er, dass Misteln und an Trockenheit angepasste Bäume mit stacheligen Blättern immer nebeneinander wuchsen, obwohl die Arten nur wenige Gemeinsamkeiten haben. Solche Pflanzengruppe ließen sich nicht auf der Basis der Sonneneinstrahlung, der Bodenart oder der verfügbaren Nährstoffe vorhersagen – die einzige Gemeinsamkeit waren die Makis. All diese Pflanzen produzieren nahrhafte Früchte und Beeren in Farben, die auf die Mausmakis anziehend wirken.

Fasziniert beschlossen Génin und der Wissenschaftler Hajarimanitra Rambeloarivony von der University of Fort Hare, dem Rätsel nachzugehen. Im Laufe von zwölf Jahren verbrachten sie Hunderte Nächte in den Trockenwäldern des Berenty Reserve, folgten den Makis, notierten, was sie fraßen, wo sie schliefen und mit welchen anderen Lemuren sie Kontakt hatten.

Ein Mausmaki knabbert an einer Pflanze in seinem „Garten“.
Foto von Hajarimanitra Rambeloarivony

Am Ende hatten Génin und Rambeloarivony vier Familiengruppen mit Gartenrevieren identifiziert.

Obwohl diese Gärten nur während der Regenzeit Früchte tragen, spielen sie das ganze Jahr über eine zentrale Rolle für die Graubraunen Mausmakis. Während die Männchen ihre heimatlichen Haine verlassen, erben die Weibchen diese von ihren Müttern.

„Sie verbringen ihr ganzes Leben in diesen Gärten“, erklärt Génin.

LEMUREN-KINDERGARTEN

Die Gärten dienen den Makis gewissermaßen auch als Kindertagesstätten. Anstatt ihren Nachwuchs bei der Nahrungssuche auf lange, riskante Wanderung mitzunehmen, lassen die Graubraunen Mausmakis ihn einfach daheim, unter den wachsamen Augen weiblicher Verwandter.

BELIEBT

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    Wenn die Jungtiere schließlich bereit sind, ihre Umgebung erstmals zu erkunden, machen sie das für gewöhnlich innerhalb der Grenzen des sicheren Gartens.

    Dieses Verhalten hat auch für die Pflanzen Vorteile. Die Wissenschaftler sammelten Samen aus den Exkrementen der Makis ein und verglichen sie mit Samen, die direkt aus frischen Früchten entnommen wurden. Dabei stellten sie fest, dass einige Pflanzensamen eher keimten, wenn sie zuvor den Verdauungstrakt eines Makis durchlaufen hatten.

    Noch ist den Forschern nicht ganz klar, weshalb genau angedaute Samen mitunter schneller keimen. Sie vermuten aber, dass während der Verdauung harte Samenschalen oder andere keimverzögernde Chemikalien zersetzt werden.

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    Auf Madagaskar sind nur fünf Vogelarten heimisch, die Fruchtsamen verteilen. Die 101 Lemurenarten spielen also eine ausschlaggebende Rolle für die Verteilung der Samen und die Gesundheit der Wälder.

    Lemurengärten seien ein Beispiel dafür, wie Tiere ihre eigenen Lebensräume formen, ohne sich dessen bewusst zu sein, sagt Kim Valenta, eine Ökologin an der Duke University, die an der Studie nicht beteiligt war.

    „Wenn man sich längere Zeit an einer Lagerstätte auf einem Feld aufhalten würde und seine Essensreste einfach aus dem Lager rauswirft, würde man unabsichtlich ein paar Samen seiner bevorzugten Fruchtpflanzen aussäen“, so Valenta.

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