Amerikanische Jäger töten jedes Jahr mehr als 800 Primaten

Eine Untersuchung offenbarte die führende Rolle amerikanischer Trophäenjäger auf dem internationalen Markt.

Von Dina Fine Maron
Veröffentlicht am 2. Nov. 2018, 16:06 MEZ
Bärenpaviane
Bärenpaviane stehen ganz oben auf der Liste von Primaten, die bei Trophäenjagden erlegt werden.
Foto von Beverly Joubert, Nat Geo Image Collection

Blake Fischer, ein ranghoher Wildtierbeauftragter des US-Bundesstaats Idaho, tötete bei einer Jagdreise in Namibia vor Kurzem eine ganze Familie von Bärenpavianen sowie eine Reihe anderer Tiere. Nachdem er Fotos seiner Trophäen an zahlreiche Bekannte geschickt und mit seiner Beute geprahlt hatte, musste Fischer infolge des öffentlichen Aufschreis seinen Job kündigen.

Trotz der allgemeinen öffentlichen Ablehnung gegenüber der Trophäenjagd kam eine aktuelle Analyse der Humane Society International zu dem Schluss, dass die Jagd auf Primaten mittlerweile wieder so verbreitet ist wie zuletzt vor Jahrzehnten.

Dabei führt der Bärenpavian mit seinem charakteristischen länglichen Gesicht die Liste der begehrtesten Trophäen unter den Primaten an. Die circa 1,15 Meter großen Tiere ernähren sich vorwiegend von Insekten und Früchten, die sie in ihren Backentaschen verstauen. Allerdings verschmähen die geselligen Affen auch Schalentiere und Aas nicht.

Trophäenjagden wie die von Blake Fischer sind durch internationale Gesetzgebung gestattet – und im Gegensatz zu den beträchtlichen Gebühren für die Tötung großer Wildtiere wie Löwen, Leoparden oder Nashörner halten sich die Gebühren für die Jagd auf Primaten in überschaubaren Grenzen.

Südliche Grünmeerkatzen, die vorwiegend in Ostafrika leben, sind ebenfalls beliebte Ziele für Trophäenjäger.
Foto von Ronan Donovan, Nat Geo Image Collection

„Oft sind sie kostenlos oder die Gebühren belaufen sich auf etwa 20 Dollar. Im Grunde können die Leute die Primaten also einfach so erschießen“, sagt Iris Ho, eine Spezialistin der Humane Society International für Wildtierprogramme und -gesetzgebung. Ihr zufolge ist diese Praktik „verabscheuungswürdig und für viele Tierschützer schlichtweg schockierend.“

In den USA hat die Trophäenjagd jedoch Tradition. Der ehemalige US-Präsident Theodore Roosevelt tötete 1909 mindestens drei Paviane auf einer einzigen berüchtigten Safari, bei der er fast 300 afrikanische Wildtiere erlegte.

Die Untersuchung der Humane Society nutzte die aktuellsten verfügbaren Daten zur Trophäenjagd aus den Jahren 2007 bis 2016. Das Ergebnis zeigte deutlich, dass die USA auf diesem Markt den Löwenanteil ausmachen. Während dieses Zeitraums wurden international 11.205 Primaten-Jagdtrophäen gehandelt. Davon gingen fast 80 Prozent in die USA. Im Schnitt importierte das Land fast 890 Primatentrophäen pro Jahr. Weit dahinter landete Spanien auf Platz zwei: Von 2006 bis 2017 importierte das Land insgesamt 490 solcher Trophäen, gefolgt von Südafrika mit 401 Trophäen. Die Länder, aus denen die meisten der getöteten Primaten stammten, waren – in absteigender Reihenfolge – Südafrika, Namibia, Simbabwe, Samba und Mosambik.

BELIEBT

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    Der Analyse zufolge fielen Bärenpaviane den Trophäenjägern am häufigsten zum Opfer – innerhalb des genannten Zeitraums wurden 6.925 der Tiere erlegt. Auf dem zweiten Platz folgen Südliche Grünmeerkatzen mit 1.400 Trophäen, danach Steppenpaviane mit 932 und Anubispaviane mit 635 erlegten Tieren. „Es überrascht mich überhaupt nicht, dass die USA dabei so eine dominante Rolle spielen“, sagt Ho mit Verweis auf die generelle Beliebtheit der Trophäenjagd im Land. Aber „ich bin trotzdem überrascht von der Zahl der Primatentrophäen, die Jäger aus den USA jedes Jahr ins Land bringen“.

    Von 2007 bis 2016 wurden in Afrika mehr als 600 Anubispaviane im Rahmen von Trophäenjagden getötet.
    Foto von Frans Lanting, Nat Geo Image Collection

    Die Statistiken für die Trophäenjagden wurden in Einhaltung des Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) erstellt, der größten internationalen Konvention über die Regulierung des internationalen Handels mit Wildtieren. Allerdings hat die Datenbank auch ihre Tücken. Exporteure und Importeure verwenden mitunter verschiedene Einheiten: Eine Einheit kann manchmal ein ganzes Tier bezeichnen, während sie an anderer Stelle einzelne Körperteile wie Zähne oder einen Kopf beschreibt. Was in einem Jahr als Import gekennzeichnet wird, könnte im nächsten als Export deklariert werden, erklärt Rosie Cooney, die für die Weltnaturschutzunion arbeitet. Das globale Expertennetzwerk beurteilt unter anderem, ob Trophäenjagden dabei helfen, Populationen stabil zu halten, oder wie Jagdgebühren lokalen Gemeinden zugutekommen.

    Sofern die Statistiken korrekt sind, stellen die Trophäenjagden Cooney zufolge nicht zwingend eine Gefahr für den Artenschutz dar. „Natürlich sind Trophäenjagden kontrovers und viele Menschen lehnen sie aus emotionalen Gründen ab“, aber „aus einer reinen Artenschutzperspektive kann ich anhand dieser Daten keine signifikanten Probleme erkennen“.

    Die Primaten zählen der Weltnaturschutzunion zufolge außerdem zu den nicht gefährdeten Arten. Laut Cooney sind „der Verlust von Lebensraum und die Jagd [wegen des Fleisches] in all diesen Ländern für die betroffenen Arten wahrscheinlich ein größeres Problem. Würde man die Nachfrage nach der Trophäenjagd auf diese Arten senken, wäre das für den Artenschutz wahrscheinlich ziemlich irrelevant.“

    Abgesehen von der Thematik des Tierwohls dreht sich die Debatte um die Trophäenjagd oft darum, ob die Jagdgebühren am Ende dem Schutz und dem Erhalt wilder Tiere nützen. Es sei Cooney zufolge aber schwierig, das so genau zu beurteilen – insbesondere, wenn die Jagdveranstalter Pakete anbieten, in denen mehrere Tierarten enthalten sind. Da die meisten verzeichneten Jagden aber auf verbreitete Arten stattfinden, sind die Preise ihr zufolge wahrscheinlich niedrig und ihr Beitrag zum Artenschutz daher vernachlässigbar.

    „All diese Tiere spielen in ihrem lokalen Ökosystem eine wichtige Rolle“, sagt Ho, „und sollten nicht umgebracht werden, bloß weil jemand ein bisschen Spaß haben will.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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