Dänemark: Getötete Nerze tauchen wieder aus Massengrab auf

Durch die Gase, die bei der Verwesung entstehen, tauchen einige der bereits gekeulten Nerze wieder aus ihrem Massengrab auf.

Von Dina Fine Maron, Update von Melissa Holland-Moritz
Veröffentlicht am 6. Nov. 2020, 17:15 MEZ, Aktualisiert am 26. Nov. 2020, 15:04 MEZ
Nerze in Dänemark

Dänemark veranlasste die Keulung von 15 Millionen Nerzen in Pelzfarmen im ganzen Land, um die Bevölkerung vor Ansteckung zu bewahren.

Foto von Mads Claus Rasmussen, Ritzau Scanpix, AFP, Getty Images

Dieser Artikel wurde am 26.11.2020 von der Redaktion aktualisiert.

 

Die „Auferstehung“ angeblicher „Zombie-Nerze“ macht aktuell große Schlagzeilen. Tatsächlich sind einige der Kadaver an die Oberfläche eines Massengrabs im Westen Dänemarks aufgestiegen. Das hängt allerdings mit dem Verwesungsprozess zusammen: Die entstandenen Gase dehnen sich unter der Erde aus, wodurch im Extremfall einzelne Kadaver nach oben gedrückt werden können.  Was sich zunächst wie der Stoff eines Horrorfilms anhört, lässt sich also wissenschaftlich erklären. Aktuellen Zählungen zufolge wurden bereits 10 Millionen Tiere im ganzen Land getötet.

COVID-19: Sargnagel für Pelzindustrie

Am 4. November gaben die örtlichen Behörden bei einer Pressekonferenz bekannt, dass fast 400 der COVID-19-Infektionsfälle bei Menschen in Dänemark auf den Kontakt zu kranken Nerzen zurückzuführen seien. Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Übertragung des Virus von Nerz zu Mensch einfacher vonstattengeht als zunächst angenommen. Allerdings scheinen die meisten Infektionen nicht von kranken Nerzen, sondern von infizierten Mitarbeitern auszugehen, die das Virus an ihre Kollegen und andere Kontaktpersonen weitergaben.

Die dänischen Behörden veranlassten die Keulung aller 15 Millionen Nerze als Vorsichtsmaßnahme, um weitere Ansteckungen der Bevölkerung zu vermeiden. Anfang November wurden in 207 der ca. 1.200 Pelzfarmen im Land Tiere positiv auf das Coronavirus getestet. Die Entscheidung beruht auf Erkenntnissen des Statens Serum Institut, der zentralen Forschungseinrichtung des dänischen Gesundheitsdienstes. Das Institut wies drauf hin, dass der Virusstamm, der zwischen Nerz und Mensch zirkuliert, weit genug mutiert wäre, um die Wirksamkeit eines möglichen Impfstoffes zu beeinträchtigen. Deshalb sei schnelles Handeln erforderlich.

Laut der Presseagentur Associated Press erklärte der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke in der Pressekonferenz, dass eine Genomanalyse bei menschlichen Infektionsfällen vorgenommen worden ist. Diese weist darauf hin, dass die Hälfte der 783 Corona-Infektionen bei Menschen im nördlichen Teil des Landes auf Kontakt mit kranken Nerzen zurückgeht. Eine Stellungnahme auf die Anfrage von National Geographic steht seitens der dänischen Behörden derzeit noch aus.

Über 200 der 1.200 Nerzfarmen in Dänemark halten Tiere, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Das Land plant, den gesamten Nerzbestand in den nächsten Wochen keulen zu lassen. 

Foto von Mads Claus Rasmussen, Ritzau Scanpix, AFP, Getty Images

Dänemark ist zusammen mit China einer der weltweit größten Produzenten von Nerzpelzen, weswegen die Keulung aller gehaltenen Tiere riesige Auswirkungen auf die Pelzindustrie haben wird. Die Niederlande – ein weiterer Riese in der Pelzindustrie – kündigten bereits im Juni an, die Nerzfarmen schneller als geplant zu schließen. Grund hierfür waren Coronavirus-Infektionen der Tiere und Forschungsergebnisse, die darauf hinwiesen, dass sich zumindest zwei Mitarbeiter bei diesen angesteckt hatten. Schon vor der Pandemie hatten die Niederlande beschlossen, die Produktion von Nerzpelzen bis 2024 zu reduzieren, doch nun kann man davon ausgehen, dass alle Farmen bis Anfang 2021 stillgelegt werden. China hat bisher nichts darüber verlauten lassen, wie es mit ihrer Nerzindustrie weitergeht.

Die Situation in den USA

Auch in den USA gibt es bestätigte Meldungen darüber, dass sich Nerze in Pelzfarmen in Utah, Wisconsin und Michigan mit dem Coronavirus infiziert haben. Allerdings gibt es keine Belege dafür, dass sich dort Menschen bei ihnen angesteckt haben. „Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, aber wir werden die Daten veröffentlichen, sobald sie uns vorliegen“, sagt Jasmine Reed, eine Pressesprecherin der US-Seuchenschutzbehörde CDC.

„Wir wissen über die Fälle in Dänemark und die Maßnahmen dort Bescheid“, gibt Joelle Hayden, Pressesprecherin des US-Landwirtschaftsministeriums an. Sie weist außerdem darauf hin, dass ihre Behörde mit dem CDC und anderen Partnern zusammenarbeitet, um die Situation außerhalb der USA im Blick zu behalten.

Anders als in Europa wurden in den USA die Nerze auf Pelzfarmen, in denen positiv auf das Virus getestet wurde, nicht gekeult. In den USA gibt es keine bundesstaatenübergreifende Regelung für Maßnahmen gegen Coronavirus-Infektionen in Nerzfarmen. Daher überlassen die Bundesbehörden es den einzelnen Bundesstaaten, wie sie mit lokalen Ausbrüchen umgehen.

Anfällige Arten

Dänemark berichtete erstmalig im Juni über kranke Nerze in Pelzfarmen, doch zu diesem Zeitpunkt schien es, als würden infizierte Mitarbeiter den Erreger auf die Tiere übertragen. Daraufhin wurden 11.000 Tiere auf der betroffenen Farm gekeult. Im Lauf der letzten Monate wurden insgesamt mehrere Millionen von Nerzen in Pelzfarmen in Dänemark, Spanien und den Niederlanden getötet.

Nahrungskampf von Baummardern
Für diese zwei Baummarder hört die Bruderliebe beim Essen auf.

Mick Madsen ist der Head of Communications bei Fur Europe, einem Zusammenschluss von Unternehmen in Brüssel, der die Interessen von Pelzfarmern und pelzverarbeitenden Industriebetrieben repräsentiert. Er bestätigte in einer Email die Einzelheiten der Keulungs-Entscheidung der dänischen Behörden, lehnte aber eine Kommentierung dieses Vorgehens ab und wollte sich auch nicht dazu äußern, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf die Pelzindustrie haben könnten.

Nerze sind möglicherweise durch eine Kombination von genetischen und umweltbedingten Faktoren anfälliger für das Coronavirus als andere Tierarten, meint CDC-Sprecherin Reed.

„In Pelzfarmen gezüchtete Nerze weisen keine große genetische Vielfalt mehr auf, was die Infektionsanfälligkeit und Übertragungsfähigkeit steigern könnte“, sagt Reed. „Dazu kommt, dass die Nerze in den Farmen oft auf engem Raum gehalten werden, wodurch sich das Virus leichter ausbreiten kann.“

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