Tatort Meisenknödel: Warum gibt es in diesem Jahr weniger Wintervögel?

Viele Vogelfans beobachten in diesem Winter weniger Vögel in Gärten und Parks. Woran liegt das? Mit der Zählaktion „Stunde der Wintervögel“ will sich der Nabu wieder ein Bild von der Bestandsentwicklung machen.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 3. Jan. 2023, 14:13 MEZ
Eine Haubenmeise sitzt auf einem verschneiten Ast.

Seltener Gast am Futterhaus: die Haubenmeise

Foto von F. Derer

Naturentdecker haben es Mitte Dezember mit eigenen Augen erlebt: Obwohl es in weiten Teilen Deutschlands bitterkalt war und auch Schnee lag, blieb es oft auffallend ruhig an den Futterstellen. Wo früher am Meisenknödel regelrechte Kämpfe um die fettesten Kerne ausgetragen wurden, herrschte plötzlich vielerorts eine gespenstische Stille in den Gärten. Selbst häufige Gäste wie Kleiber oder Buchfink ließen sich nur selten blicken.

Warum gibt es in diesem Winter so wenig Betrieb am Futterhaus? Eine mögliche Erklärung liefert der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Demzufolge schlagen sich die Vögel einfach woanders ihre Bäuche voll. In der Natur gibt es derzeit offenbar Nahrung in Fülle und Fülle. Denn 2022 sei ein Mastjahr gewesen, erklärt der Nabu. Das bedeute, dass Eiche, Buche und andere Bäume außerordentlich viele Früchte gebildet haben.

Zahlreiche Vogelarten haben es also gar nicht nötig, auf andere Nahrung auszuweichen. „Kleiber, Eichelhäher, Kernbeißer und Buntspecht, Buchfink und auch der Bergfink als Wintergast, sowie der Erlenzeisig leben von den Baumfrüchten“, erklärt Nabu-Präsident Leif Miller. „Für sie ist der Tisch in diesem Winter überreich gedeckt.“

Von Amsel bis Zaunkönig: Singvögel im Winter

Große Zählaktion: Was sind Deutschlands häufigste Wintervögel?

In den letzten Jahren seien Mastjahre ungewöhnlich häufig aufgetreten. Laut Nabu scheint das eine Folge des Klimawandels zu sein. Warme, trockene Sommer begünstigten einen hohen Blütenansatz. Spätfröste, die durch den Klimawandel vermehrt auftreten, förderten ein Mastjahr im Folgejahr. Möglicherweise kommen die Vögel dann nicht so häufig in die Siedlungen, sondern bleiben lieber im Wald.

Bei der „Stunde der Wintervögel“ können Vogelfans selbst ermitteln, wie es derzeit um Amsel, Spatz und Co. steht. Mit der öffentlichen Zählaktion will sich der Nabu auch in diesem Winter wieder ein Bild von der Bestandsentwicklung der Vögel im Siedlungsraum machen.

Wer mitmachen will, beobachtet einfach zwischen dem 6. und 8. Januar eine Stunde lang die Vögel im Garten, auf dem Balkon oder im Park. Von einem ruhigen Beobachtungsplatz aus notiert man von jeder Art die höchste Anzahl, die im Laufe einer Stunde gleichzeitig zu sehen ist. Auf diese Weise lassen sich Doppelzählungen vermeiden. Die Zählungen können unter anderem online unter auf www.stundederwintervoegel.de bis zum 16. Januar gemeldet werden.

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    Damit sich Vögel das ganze Jahr über in Siedlungen wohlfühlen, rät Miller zu mehr Wildnis im Garten: „Wer Vögeln etwas Gutes tun möchte, sollte aus seinem Garten oder Balkon ein Mini-Naturschutzgebiet machen und diese möglichst wild und mit heimischen Gehölzen, Stauden und Kräutern naturnah gestalten.“

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