Sterile Steinwüsten: Schottergärten erhitzen die Gemüter

„Gärten des Grauens“? Schottergärten liegen im Trend – doch Naturschützern sind sie ein Dorn im Auge.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 11. Sept. 2020, 16:26 MESZ
Ökologisch nahezu tot: Schottergärten bieten Tieren kaum Lebensraum.

Ökologisch nahezu tot: Schottergärten bieten Tieren kaum Lebensraum.

Foto von Nabu, D. Korsawe

Kein Unkrautjäten, kein Laubfegen, kein Pflanzenschnitt. Schottergärten sind beliebt. Viele Gartenbesitzer schätzen den vermeintlich geringen Pflegeaufwand und die klaren, modernen Formen. Andere verabscheuen sie als graue Steinwüsten. Vor allem Naturschützer steigen auf die Barrikaden.

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) etwa hält Schottergärten für „ökologisch komplett nutzlos“. Inzwischen seien oft ganze Neubausiedlungen zu fast toten Steinwüsten verkommen. Pflanzen suche man in solchen „Gärten des Grauens“ meist vergebens. Und wenn, dann würden vor allem Neophyten gesetzt – also nichtheimische Arten wie etwa Bambus. Doch sie bieten Tieren kaum Nahrung oder Unterschlupf.

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Schlecht für Artenvielfalt und Klima

Insekten, Vögel und Kleinsäuger finden in Schottergärten kein Futter und Lebensraum“, erklärt Nabu-Gartenexpertin Marja Rottleb. Auch das Stadtklima leide. „Die Steine heizen sich auf und tragen zur Erwärmung der Umgebung bei.“ Anders in einem naturnahen Garten: Dort kühlen Pflanzen die Umgebung, indem sie Feuchtigkeit verdunsten und Schatten spenden. Das schaffe Schotter nicht. Er speichere die Hitze und strahle sie abends wieder ab.

BELIEBT

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    Aber nicht nur das Kleinklima – die komplette Klimabilanz von Schottergärten fällt nach Ansicht des Nabu schlecht aus. Abbau und Aufbereitung der Steine sind energieintensiv. Meist stammen sie aus China oder Indien. Außerdem werden darunter oft künstliche Materialien wie Plastikfolie oder Vlies eingesetzt. Ihre Herstellung frisst ebenfalls Energie und Erdöl, ihre Entsorgung produziert Müll.

    Weder pflegeleicht noch günstig

    Laut Nabu verhindert die durch Kies und Folie stark verdichtete Gartenfläche außerdem, dass Regenwasser versickern kann. Das belaste nicht nur die kommunale Abwasserentsorgung. Auch Bodenqualität und Bodenleben würden stark gestört.

    Weniger Arbeit machen Schottergärten nach Rottlebs Worten über einen längeren Zeitraum gesehen auch nicht: „Die Steine vermoosen mit den Jahren, Laub und Staub bleiben auf den Flächen liegen, dann muss der Schotter aufwendig gereinigt oder sogar ausgetauscht werden.“ Spätestens nach zehn Jahren müsse man häufig die ganze Fläche abtragen, den Kies waschen, das Vlies erneuern und den sauberen Kies wieder auflegen. Das sei alles andere als pflegeleicht, günstig und umweltfreundlich.

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    Verbot von Schottergärten

    Kein Wunder, dass Schottergärten vermehrt in den Fokus von Politik und Verwaltung rücken. Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg kürzlich ein Verbot ausgesprochen. Auch viele Kommunen in anderen Teilen Deutschlands haben sie bereits untersagt.

    „Wer einen pflegeleichten Garten möchte, sollte auf grün statt auf grau setzen“, sagt Rottleb. „Wenn sie gut geplant sind, brauchen grüne Gärten wenig Pflege und bieten Vögeln und Insekten Lebensraum und Nahrung.“ Ganz nach dem Motto: Lass die Wildnis rein!

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