Katzenflüsterer: Wenige Menschen können Katzenmimik entschlüsseln

Ein Test ergab, dass vor allem junge Frauen mit tierärztlichen Kenntnissen Katzenmimik gut lesen können – auch wenn sie selbst keine Katze haben.

Von Carrie Arnold
Veröffentlicht am 5. Dez. 2019, 16:57 MEZ
Katze
Genau wie Menschen drücken auch Katzen ihre Gefühle über Mimik aus.
Foto von Melford Taylor, Nat Geo Image Collection

Wann immer Georgia Mason und ihr Ehemann von ihrer Katzensitterin Bilder von Sylvie und Luke geschickt bekommen – ihren zwei braunen Tabbykatzen –, „sind wir uns normalerweise einig darin, ob unsere Katzen glücklich oder verdrießlich gucken“, sagt sie.

Eine neue Studie unter der Leitung von Mason, einer Verhaltensbiologin an der University of Guleph in Kanada, befasste sich nun mit genau diesem Thema. Das Ergebnis: Es gibt einen kleinen Prozentsatz von Menschen, der die Gesichtsausdrücke von Katzen sehr gut interpretieren kann – gewissermaßen Katzenflüsterer.

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Für ihre Studien erstellten Mason und ihre Kollegen eine Online-Umfrage und luden Internetznutzer (bekanntermaßen der größte Katzen-Fanclub) zur Teilnahme ein. Die 6.329 Teilnehmer aus 85 Ländern sahen sich zwischen 2 und 20 kurze Videos mit Gesichtsausdrücken von Katzen an und mussten jeweils angeben, ob das gezeigte Tier glücklich oder unglücklich war. Im Schnitt lagen die Teilnehmer bei 11,85 von 20 Fällen richtig – also marginal mehr, als es der bloße Zufall vermuten lassen würde.

Aber etwa 13 Prozent der Teilnehmer konnten die Emotionen der Katzen überdurchschnittlich gut erkennen und lagen in mindestens 15 von 20 Fällen richtig. Die Teilnehmer, die laut ihrer Selbstauskunft jung und weiblich waren und Erfahrungen im veterinärmedizinischen Bereich hatten, hatten die größte Wahrscheinlichkeit, beim Test gut abzuschneiden. Was Mason überraschte, war der Umstand, dass die Fähigkeit zur Interpretationen der felinen Gesichtsausdrücke nicht davon abhing, ob ein Teilnehmer selbst Katzen hatte.

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Bei Menschen sind Gesichtsausdrücke eine der wichtigsten Kommunikationsformen, sagt Mason, deren Studie im Fachmagazin „Animal Welfare“ erschien. Aktuelle Forschungen zeigen, dass auch zahlreiche Tiere – von Ratten über Hunde bis zu Pferden – „Gesichtsausdrücke nutzen, die ihre Gemütslage ganz klar kommunizieren“, erzählt sie.

Eine frühere Studie aus diesem Jahr kam zu dem Ergebnis, dass auch Katzen da keine Ausnahme bilden. Dabei deutete sich bereits an, dass Menschen in der Lage sind, subtile Kommunikationsformen der Samtpfoten zu interpretieren, wozu auch Gesichtsausdrücke zählen.

Katzenvideos für die Wissenschaft

Um dem auf den Grund zu gehen, nutzten Mason und ihre Kollegen vom Campell Center for the Study of Animal Welfare der University of Guleph die weltweit größte Datenbank für Videos über Katzenverhalten: YouTube.

Katzen gelten oft als undurchschaubar, nutzen aber wahrscheinlich subtile Kommunikationsformen, die bisher größtenteils unbeachtet blieben.
Foto von MarESA Pryor, Nat Geo Image Collection

Die Wissenschaftler durchkämmten zahllose Stunden an Videomaterial, um passende Ausschnitte für ihre Studie zu finden. Die Kriterien waren dabei klar gesteckt: Es mussten Clips von maximal vier Sekunden Länge sein, bei denen das Gesicht der Katze (ihre Augen, Schnauze und Barthaare) erkennbar war und das Tier im Kontext der Situation eindeutig entspannt oder verstimmt wirkte. Die Beschreibung oder Gespräche im Video halfen dem Team dabei, den Kontext zuzuordnen. Es überrascht nicht, dass viele der verstimmten Katzen gerade beim Tierarzt waren. (Die Forscher verzichteten auf Videos, in denen Katzen ihre Ohren anlegten und ihre Zähne fletschten, da diese Verhaltensweisen bereits weithin als Zeichen für Stress und Missmut bekannt sind.)

Sie einigten sich schließlich auf 40 kurze Videos. 20 davon zeigten glückliche Katzen, die anderen 20 zeigten unglückliche. Jede Gruppe wurde dann noch weiter in aktive und ruhende Katzen unterteilt, damit die Bewegungen der Stubentiger die Ergebnisse nicht verfälschten. Die Teammitglieder brachten auch kurze Clips ihrer eigenen Katzen mit ein, ehe die Umfrage fertiggestellt und über die sozialen Medien verbreitet wurde.

Neben der Erkenntnis, dass es regelrechte Katzenflüsterer gibt, offenbarte die Studie auch, dass Menschen positive Emotionen bei Katzen besser erkannten als negative. Beispielsweise erkannten mehr als 70 Prozent der Teilnehmer korrekt, dass Masons Katze Luke zufrieden war.

Laut Mikel Delgado, einer Expertin für Katzenverhalten von der University of California in Davis, zeigt die Studie, „dass Menschen die Gefühlslage von Katzen anhand von sehr wenigen Informationen erkennen können“.

Sie findet, die Forschungsarbeit sei ein „toller Ausgangspunkt“, um die Katzenkommunikation zu entschlüsseln. Allerdings warnt sie davor, den emotionalen Zustand einer Katze nur anhand einer Information zu bewerten. „Wir haben noch viel über die Körpersprache der Katzen zu lernen“, sagt Delgado, die an der aktuellen Studie nicht beteiligt war.

Beispielsweise sind auch die Haltung der Ohren und des Schwanzes wichtige Hinweise auf die Stimmung einer Katze.

Versteckte Hinweise?

In künftigen Studien würde Mason gern herausfinden, warum die Katzenflüsterer so gut abschneiden. Achten sie beispielsweise auf ganz bestimmte Zeichen, wenn sie den Gesichtsausdruck der Katzen lesen? Solche Hinweise könnten Tierärzten und Haltern dabei helfen, ihre felinen Freunde besser zu verstehen.

Und für alle, die denken, dass die schnurrenden Stubentiger nur ein freundliches Gesicht aufsetzen, damit wir ihnen noch eine Dose Katzenfutter öffnen: Mason sagt, dass die Katzen diese Gesichtsausdrücke wahrscheinlich auch zur Kommunikation untereinander nutzen.

„Katzen sind einfach ausdrucksstark“, sagt sie, „auch wenn sie gemeinhin als undurchschaubar gelten.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

 

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