Wie Atomtests helfen, das Alter von Walhaien zu bestimmen

Der größte Fisch der Welt hat durch den Klimawandel und den Menschen eine ganze Reihe von Problemen – seine Lebenserwartung könnte nun ein weiteres darstellen.

Von Liz Langley
Veröffentlicht am 7. Apr. 2020, 16:19 MESZ
Ein Walhai schwimmt vor der Küste der Halbinsel Yucatán. Diese Meeresriesen können über zwölf Tonnen schwer ...

Ein Walhai schwimmt vor der Küste der Halbinsel Yucatán. Diese Meeresriesen können über zwölf Tonnen schwer werden.

Foto von Brian J. Skerry, Nat Geo Image Collection

Wie dunkle Riesen mit weißen Flecken und Streifen gleiten die bis zu 13 Meter langen Walhaie durch das Meer. Sie sind die größten Fische der Welt, und obwohl sie bei Ökotouristen enorm beliebt und in den leicht zugänglichen, gemäßigten Gewässern der Welt daheim sind, weiß man nur sehr wenig über sie. Eine große Unbekannte ist beispielsweise ihre Lebenserwartung.

Aktuelle Untersuchungen anderer Haiarten haben auf diesem Gebiet erstaunliche Ergebnisse zutage gefördert: Der Grönlandhai kann beispielsweise fast 300 Jahre alt werden – älter als jedes andere Wirbeltier der Welt.

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Solche Entdeckungen sind größtenteils dank fortschrittlicher Technik möglich. Das Alter des Grönlandhais wurde über die Radiokarbonmethode bestimmt. Dabei werden die radioaktiven C14-Isotope im Haiskelett analysiert. Deren Zerfall folgt gewissen Regelmäßigkeiten, sodass sich dadurch Rückschlüsse auf das Alter eines Organismus ziehen lassen. Diese Methode erlaubt genauere Datierungen als beispielsweise die Zählung der Wachstumsringe an den Wirbeln eines Hais – denn darüber, wie viel Zeit ein einzelner Ring repräsentiert, wird seit Langem debattiert.

Mithilfe der Radiokarbonmethode haben Forscher nun auch die Überreste eines Walhais analysiert und herausgefunden, dass er 50 Jahre alt wurde. Das sei bisher das höchste Alter, das bei einem Exemplar der Art nachgewiesen wurde, sagt der Studienleiter Mark Meekan, ein Fischbiologe am Australian Institute of Marine Science.

„Es scheint durchaus möglich, dass diese sehr großen Haie bis zu 100 Jahre alt werden können“, fügt er hinzu.

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    Laut Meekan sei seine Studie, die am 6. April in „Frontiers in Marine Science“ erschien, für die Schutzmaßnahmen zum Wohle dieser gefährdeten Art von entscheidender Bedeutung.

    Denn je langlebiger Walhaie sind, desto mehr Schaden richten Faktoren wie die legale und illegale Fischerei, die steigenden Meerestemperaturen und Zusammenstöße mit Schiffen an.

    Atombombentests und Altersbestimmung

    Von 1955 bis 1963 verdoppelten die Atombombentests in den USA und anderswo auf der Welt die Menge der C14-Isotope, die in der Atmosphäre natürlich vorkommen.

    Dieser Überschuss wurde vom Meer und von allen Organismen im Nahrungsnetz absorbiert – so auch von den Knorpeln der Walhaie

    Die Forscher verglichen die Menge der C14-Isotope, die in bestimmten Jahren im Meer vorhanden waren, mit der Menge der Isotope in den aufeinanderfolgenden Wachstumsringen der Knorpel. So konnten sie das Alter eines Hais feststellen.

    „Im Grunde haben wir gezeigt, dass in den Wirbeln ein Zeitstempel vorhanden ist. Von da an zählen wir die Wachstumsringe, und die scheinen mit jährlichem Abstand zu entstehen“, erklärt Meekan.

    Meekan und seine Kollegen nahmen Proben aus den Wirbeln von zwei Walhaiskeletten. Eines der Tiere wurde 2005 legal von taiwanesischen Fischern gefangen und wies 35 Wachstumsringe auf. Das andere Tier war 2012 an der Küste Pakistans gestrandet und hatte 50 Wachstumsringe.

    Da der 50 Jahre alte Hai aus Pakistan nur zehn Meter lang war und die Tiere noch deutlich größer werden können, sind größere Exemplare zweifelsfrei auch älter als die beiden getesteten, so Meekan.

    „Echte Daten von echten Tieren“

    „Diese Studie ist sehr wichtig, weil sie einige Fragen über das Alter und die Wachstumsmuster von Walhaien beantwortet“, sagt Taylor Chapple. Der Forscher der Oregon State University ist auf Haie spezialisiert.

    Für Umweltschützer sei es wichtig, die Wachstumsrate einer Spezies zu kennen, erklärt er. Je langsamer eine Art wächst, desto größer ist für sie die Gefahr des Aussterbens im Vergleich mit anderen Arten, die sich schneller reproduzieren. In den letzten 75 Jahren ist der globale Bestand der Walhaie um mehr als die Hälfte geschrumpft, wie die Weltnaturschutzunion berichtet.

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    Beim Freitauchen vor der Küste von Lānaʻi entdeckte eine hawaiianische Familie diesen Walhai. Zunächst waren sie von der Sichtung des seltenen und gefährdeten Riesen begeistert. Dann bemerkten sie ein schweres Seil, das sich um seinen Hals geschlungen hatte.

    Wenn man „echte Daten von echten Tieren“ hat, so Chapple, „ist das eine Information, die ausschlaggebend dafür ist, wie wir den Walhaibestand global managen“. Eine entsprechende Maßnahme wäre beispielsweise der Versuch, den Beifang von Walhaien zu verringern.

    Die Tiere sind nicht nur ein wichtiger Teil des Meeresökosystems, sondern helfen auch der Ökotourismus-Industrie. Vielerorts gibt es Angebote, um Walhaie aus sicherer Entfernung zu beobachten und mit angemessenem Anstand mit ihnen zu schwimmen. An einigen Orten wie beispielsweise Oslob auf den Philippinen stehen solche Angebote allerdings in der Kritik, weil die Haie mitunter gefüttert werden oder nicht genug Abstand gehalten wird.

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    „In vielen Entwicklungsländern, insbesondere in Südostasien, bewahrt der Ökotourismus eine Menge Menschen vor der Armut“, sagt Meekan.

    „Wir haben nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Haien, sondern auch gegenüber diesen Gemeinden, und müssen sicherstellen, dass beide eine Zukunft haben.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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