Elefanten kehren in Konfliktzonen-Nationalpark zurück

600 Afrikanische Elefanten sind in den umkämpften Virunga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo zurückgekehrt. Ihre Präsenz deutet darauf hin, dass es dort für Wildtiere wieder sicherer ist als früher.

Von Haley Cohen Gilliland
bilder von Brent Stirton
Veröffentlicht am 9. Apr. 2021, 13:15 MESZ
Elefanten Virunga-Nationalpark

Einige der fast 600 Elefanten, die kürzlich aus Uganda kamen, streifen durch das Grasland im Virunga-Nationalpark. Bis zu ihrer Ankunft hatte sich die Elefantenpopulation in Virunga bei etwa 120 Tieren eingependelt, weil durch Wilderei und Gewalt in den letzten Jahren viele von ihnen getötet oder vertrieben wurden.

Foto von Brent Stirton/Getty Images

Afrikanische Elefanten sind in großer Zahl in den Virunga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo zurückgekehrt. Die Entwicklung hat die Mitarbeiter des Parks verblüfft und signalisiert einen Wendepunkt in Virungas Streben nach Stabilität – in einer Region, die seit Jahrzehnten von Gewalt heimgesucht wird. Im August kamen fast 600 Elefanten aus dem benachbarten ugandischen Queen-Elizabeth-Nationalpark nach Virunga. Mehr als sechs Monate später sind sie immer noch dort, was darauf hindeutet, dass sie sich in ihrer neuen Heimat sicher fühlen.

„Es gab nie ein besseres Anzeichen dafür, dass Virunga wieder zum Leben erwacht“, sagt Parkdirektor Emmanuel de Merode. „Ich bin vor 30 Jahren in den Kongo gekommen, und so etwas habe ich noch nie gesehen.“

Ein Umzug mit 500 Elefanten

Virunga ist ein 800.000 Hektar großes Gebiet mit Steppen, Savannen, Vulkanen und verschneiten Feldern entlang der östlichen Grenze der Demokratischen Republik Kongo. Regelmäßig wird seine Ruhe durch Angriffe von Milizen gestört, aber auch durch Wilderei, Jagd auf Buschfleisch, unerlaubte Fischerei sowie illegale Baumrodungen für Holzkohle.

Mehr als 200 Ranger wurden in den letzten 25 Jahren beim Schutz des Parks getötet, davon 21 allein im bisherigen Jahr 2021. Ende Februar wurde der italienische Botschafter in der Demokratischen Republik Kongo bei einem mutmaßlichen Entführungsversuch nahe der Südgrenze des Parks getötet. Und de Merode selbst wurde 2014 bei einem Attentatsversuch angeschossen.

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    Ranger erkunden die Ruinen des Rwindi-Hotels, das im Zentrum von Virunga liegt. Bevor die Region in den 1990ern in Gewalt versank, beherbergte das Hotel den ehemaligen Diktator der DRK, Mobutu Sese Seko, sowie Touristen, die die reiche Tierwelt der Region besichtigen wollten.

    Foto von Brent Stirton/Getty Images

    Diese Gewalt hatte auch unweigerlich Auswirkungen auf die Tierwelt. In den 1970ern wies die Greater-Virunga-Landschaft (zu der Parks in Ruanda und Uganda gehören) die weltweit höchste Biomasse an großen Säugetieren auf, darunter die berühmten Berggorillas und eine blühende Population von etwa 8.000 Afrikanischen Elefanten. Die enorm einfühlsamen und intelligenten Tiere werden bis zu sieben Tonnen schwer und bis zu 70 Jahre alt.

    Aber diese Population begann zu schrumpfen, als der Völkermord in Ruanda – dicht gefolgt vom Ersten und Zweiten Kongokrieg – das Gebiet in den 1990ern in einen Konflikt stürzte. Einige Elefanten flohen in sicherere Gebiete, aber viele fielen Wilderern zum Opfer, da verarmte Einheimische und Schmugglernetzwerke versuchten, von den Elfenbeinstoßzähnen zu profitieren. In den letzten Jahren lebten laut Schätzungen von Parkbeamten nur noch 120 Elefanten in Virunga.

    Die Witwe des Virunga-Rangers Bagurubumwe Chuhoze Deogene und seine drei jungen Söhne versammeln sich bei seiner Beerdigung im Jahr 2020 um sein Grab. Mehr als 200 Ranger wurden in den letzten 25 Jahren beim Schutz des Parks getötet, darunter 21 Ranger seit Anfang 2021.

    Foto von Brent Stirton/Getty Images

    Ranger patrouillieren am Lake Edward, einem Gebiet in Virunga, das von Milizen wegen seines Fischreichtums geschätzt wird. Nach Angaben des Direktors von Virunga, Emmanuel de Merode, bringt die illegale Fischerei am Lake Edward jedes Jahr 60 Millionen Dollar ein.

    Foto von Brent Stirton/Getty Images

    „Wenn Kugeln durch die Luft fliegen – egal ob es sich um Kämpfe zwischen Milizen handelt oder um Menschen, die direkt auf die Elefanten zielen –, ziehen sie weiter“, sagt Anne-Marie Weeden. Die Naturschützerin ist Gründerin von Petrichor Africa mit Sitz in Uganda und berät Afrikas Wildtier- und Naturschutzsektor.

    Der staatliche Naturschutz-Ranger Faustin Gakuru, 23, erholt sich in einem Krankenhaus in Goma von seinen Schussverletzungen. Im Jahr 2020 arbeitete Gakuru mit einer Gruppe von Virunga-Rangern daran, einen elektrischen Zaun entlang der Grenze des Parks zu bauen, als sie angegriffen wurden. Die Rebellen wollten den Zaun nicht, weil er ihren Zugang zum Park und seinen Ressourcen behindert.

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    Die Seen von Virunga beherbergten einst die größte Flusspferdpopulation der Welt, doch Wilderei und Lebensraumverlust haben den Bestand dezimiert. Bis 2016 war ihre Zahl auf etwa 2.400 geschrumpft – ein über 90-prozentiger Verlust verglichen mit den 30.000 Tieren in den 1970ern.

    Foto von Brent Stirton/Getty Images

    Naturschutz-Rangerin Chantal Kahinda Vinywa hält von ihrem Beobachtungsposten am Lake Edward aus Wache. Die Ranger sind noch besorgter als sonst, denn die Elefanten, die von Uganda nach Virunga gewandert sind, haben sich größtenteils im nahegelegenen Ishasha-Korridor versammelt. Das Gebiet wird von Rebellen auf dem Weg zum See frequentiert.

    Foto von Brent Stirton/Getty Images

    Aber im August 2020 kehrten sie zurück.

    „Der augenscheinliche Anstieg der Elefantenzahlen in Virunga ist sehr ermutigend, denn er bedeutet, dass Virunga sicherer sein muss als früher“, sagt Iain Douglas-Hamilton von Save the Elephants. Sein Team brachte 2015 Funkhalsbänder an 15 Elefanten in Virunga an, um den Parkmitarbeitern bei der Überwachung zu helfen.

    Die Größe dieser Herde, die de Merode und seine Kollegen meist aus einem Aufklärungsflugzeug beobachtet haben, sei außergewöhnlich, sagt er. In der Vergangenheit sind kleine Gruppen von Elefanten zwischen den Parks hin- und hergewandert, aber in den letzten Jahren sind sie meist ferngeblieben. Jetzt konnte de Merode aus dem Cockpitfenster schauen und in alle Richtungen Elefanten wie kleine graue Sprenkel auf dem Grasland entdecken.

    Elefanten als Ökosystemingenieure

    Die Rückkehr der Elefanten war ein Zeichen der Hoffnung für den Park, das den Ranger in einer ansonsten bedrückenden Zeit einen Grund zur Freude gab. COVID-19 traf die Region inmitten eines Ebola-Ausbruchs und hat die ohnehin schon angeschlagenen Gemeinden rund um Virunga in noch tiefere wirtschaftliche Verzweiflung gestürzt. Das Ergebnis, so de Merode, war ein Anstieg der Gewalt, denn je verzweifelter die Einheimischen sind, desto eher schließen sie sich den Milizen an.

    Trotz der heiklen Lage ist es den Mitarbeitern von Virunga gelungen, die Elefantenwilderei seit der Ankunft der neuen Herde vollständig zu verhindern. Es ist eine wahre Sisyphusarbeit, wenn man bedenkt, dass sich die Elefanten größtenteils im turbulenten Ishasha-Korridor versammelt haben – ein Gebiet, das wegen seines Zugangs zum Lake Edward und seinen wichtigen Fischbeständen bei den Milizen begehrt ist.

    Im Januar wurden sechs Ranger in einem Hinterhalt in der Nähe getötet, wahrscheinlich als Vergeltung für einen neuen Elektrozaun, der den Milizen den Zugang zum See abschnitt, sagt de Merode.

     

    Einen Monat später gerieten die Gruppen erneut mit Rangern aneinander. De Merode, der das Gebiet von einem Flugzeug aus überwachte, beobachtete nervös, wie sich 200 Elefanten verstreuten, um vor den Schüssen zu fliehen.

    Die gerade zurückgekehrten Elefanten könnten auch in Konflikt mit den lokalen Gemeinden geraten, was zu Vergeltungstötungen führen könnte. Nachdem ein Duo umherstreifender Elefanten zwei Bauern außerhalb des Parks getötet hatte, erklärten die Parkbeamten, sie würden den Zaun erweitern, um die Elefanten von den menschlichen Siedlungen fernzuhalten.

    De Merode jedenfalls ist überzeugt, dass die Mitarbeiter von Virunga in der Lage sein werden, die Gemeinde vor den Elefanten und die Elefanten vor den Wilderern zu schützen. Er ist begeistert von den Veränderungen, die die Tiere in den Park bringen könnten. Elefanten sind gefräßige und destruktive Pflanzenfresser, was für ihren Lebensraum allerdings von Vorteil sein kann. Wenn sich Elefanten ihren Weg durch einen Wald bahnen, werfen sie dabei oft Bäume um. Das wiederum führt zu intensiveren saisonalen Waldbränden, geringerer Feuchtigkeit im Boden und somit zu nahrhafterem Gras.

    Die Rückkehr so vieler Elefanten nach Virunga hat die Ranger in einem ansonsten düsteren Jahr aufgeheitert. Sie hoffen, dass der Einfluss der Elefanten auf das Grasland auch positive Auswirkungen auf die anderen Grasfresser des Parks haben wird.

    Foto von Brent Stirton/Getty Images

    Diese Dynamik wird es anderen Grasfressern im Park wie Warzenschweinen und Antilopenarten wie Kobs und Topis ermöglichen, dort einen guten Lebensraum zu finden, sagt de Merode. „Elefanten könnten einen Zyklus schaffen, der uns in Virunga eines Tages wieder die weltweit größte Biomasse an großen Säugetieren bescheren könnte.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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