Ausgestorben oder nicht? Die sieben seltensten Vogelarten in Deutschland

259 Vogelarten brüten regelmäßig in Deutschland. Fast die Hälfte steht auf der Roten Liste. Im Porträt: die sieben seltensten Brutvögel.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 25. Okt. 2022, 09:11 MESZ
Ein farbenprächtiger Steinrötel (Singvogel) sitzt auf einem bemoosten Stein mit Blumen im Hintergrund

Farbenfroh und äußerst selten: der Steinrötel

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Schon mal vom Triel gehört? Oder vom Rotkopfwürger? Nur wenige Biologinnen und Hobby-Vogelkundler dürften diese beiden Vögel in Deutschland je zu Gesicht bekommen haben. Denn sie sind akut vom Aussterben bedroht. Sofern sie nicht schon ausgestorben sind. Wenn überhaupt, gibt es hierzulande nur noch eine Hand voll Brutpaare.

Um viele andere Vogelarten steht es kaum besser: 43 Prozent der 259 regelmäßig in Deutschland verkommenden Brutvögel stehen auf der Rote Liste der bedrohten Arten. Damit ist fast jede zweite heimische Vogelspezies in ihrem Bestand gefährdet. 33 Vogelarten sind inzwischen „vom Aussterben bedroht“. Bereits als „ausgestorben oder verschollen“ gelten 14 Arten.

Die aktuelle Rote Liste basiert auf einem Datenzeitraum zwischen 2011 und 2016. Es kann also sein, dass sich die Lage seitdem verschlechtert oder verbessert hat. Eine neue Liste erscheint voraussichtlich 2026. Herausgeber der Roten Liste ist das Nationale Gremium Rote Liste Vögel, eine vom Deutschen Rat für Vogelschutz eingesetzte Sachverständigengruppe.

 

Die Top 7 der seltensten Vögel in Deutschland

 

Rotkopfwürger: 0 Brutpaare

Um die Jahrtausendwende brüteten noch etwa fünf Rotkopfwürger-Paare in Deutschland. Inzwischen ist der Bestand vermutlich erloschen. Der starengroße Singvogel liebt naturnahe Streuobstwiesen mit dichten Dornhecken. Dort jagt er Insekten, Vögel und Mäuse. Größere Beutetiere spießt er zur Aufbewahrung an Dornen und Stacheln auf. Der Rotkopfwürger leidet unter der Vernichtung seines Lebensraums und dem Insektenrückgang.

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    Ein Rotkopfwürger (Singvogel) sitzt auf Dornengestrüpp

    Rotkopfwürger

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    Raubseeschwalbe: 0 Brutpaare

    Mit seiner Länge von gut 50 Zentimetern ist sie die größte Seeschwalbe – und die seltenste in Deutschland. Wahrscheinlich gibt es hierzulande keine Brutpaare mehr. Nur noch Durchzügler lassen sich beobachten. Eigentlich hat die Raubseeschwalbe ein sehr großes Verbreitungsgebiet. Sie nistet bevorzugt in Kolonien an sandigen Küsten. Störungen der Brutplätze, Eiersammeln und Umweltgifte waren die Hauptursachen für den dramatischen Bestandsrückgang in Europa.

    Eine Raubseeschwalbe fliegt mit erbeutetem Fisch im Schnabel übers Meer

    Raubseeschwalbe

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    Bruchwasserläufer: 0-1 Brutpaare

    Der Bruchwasserläufer stellt hohe Erwartungen an seinen Lebensraum. Der rund 20 Zentimeter große Wasservogel brütet in Hochmooren, die mit einigen Bäumen und Sträuchern bestanden sind. Zu Beginn der 1980er Jahre gab es noch über 40 Paare auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik sowie weitere in der damaligen DDR. Bei den heute beobachteten Tieren handelt es sich wahrscheinlich um Zugvögel. Der Bruchwasserläufer zählt zu den Arten, die besonders vom Klimawandel betroffen sind und ihr Verbreitungsgebiet erheblich nach Norden verschieben.

    Ein Bruchwasserläufer (Wasservogel) schreitet durch einen Sumpf

    Bruchwasserläufer

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    Goldregenpfeifer: 0-2 Brutpaare

    Auch der knapp taubengroße Goldregenpfeifer bewohnt Moorlandschaften. Einst war er von der norddeutschen Tiefebene bis nach Island und Sibirien verbreitet. Für den katastrophalen Rückgang ist vor allem die dramatische Vernichtung des Lebensraums verantwortlich, aber auch die damals intensive Bejagung. Während des letzten Erhebungszeitraums brüteten in Deutschland – wenn überhaupt noch – maximal zwei Paare in den niedersächsischen Hochmooren.

    Ein Goldregenpfeifer (Watvogel) in einer Moorlandschaft

    Goldregenpfeifer

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    Triel: 0-2 Brutpaare

    Taubengroß mit langen gelben Beinen, einem dicken Kopf und großen Augen: Der Triel ist unverkennbar und eigentlich kaum zu übersehnen – wenn er nur nicht so selten wäre. Er brütet in steppen- und wüstenartigem Gelände, auf Ödland und auf sandiger Heide. Infolge der immer mehr zunehmenden Kultivierung und Besiedlung solcher Trockenlandschaften sind die Bestände in Europa nahezu überall dramatisch geschrumpft. In Deutschland brüteten zwischen 2011 und 2016 bestenfalls zwei Paare.

    Ein Triel (taubengroßer Vogel) schreitet durchs Ödlandland

    Triel

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    Seggenrohrsänger: 0-3 Brutpaare

    Seine Ansprüche wurden ihm zum Verhängnis: Der kleine Sperlingsvogel braucht insektenreiche Moorgebiete mit niedrigen Sumpfgräsern, so genannten Seggen. Das Wasser dort darf nur wenige Zentimeter tief sein. Doch solche hochspeziellen Lebensräume gibt es in ganz Europa kaum noch. Hierzulande brüteten vor einigen Jahren noch einige Seggenrohrsänger im Odertal nahe der polnischen Grenze. Doch auch diese Population ist inzwischen vermutlich erloschen.

    Ein Seggenrohrsänger (kleiner Singvogel) sitzt auf einem Seggengrashalm im Moor

    Seggenrohrsänger

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    Steinrötel: 2 Brutpaare

    Vor rund 100 Jahren war der Steinrötel noch ein regelmäßiger Gast in deutschen Weingärten und sonnigen Bergregionen. Nach aktuellem Stand brüten nur noch zwei Paare in den Allgäuer Alpen. Nicht nur der Biotopverlust, auch das hübsche Gefieder könnte den Rückgang der drosselgroßen Fliegenschnäpper-Art beschleunigt haben. Früher wurden attraktive Singvögel gern in Käfigen gehalten. Weltweit gilt die Art allerdings als nicht gefährdet.

    Ein farbenprächtiger Steinrötel (Singvogel) sitzt auf einem bemoosten Stein mit Blumen im Hintergrund

    Steinrötel

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