Rettet die Ozeane: Das Ende des Glitters?

Glitzernde Sachen sind toll, aber diese winzigen Plastikteile finden ihren Weg ins Wasser.

Von Laura Parker
Veröffentlicht am 7. Dez. 2017, 15:00 MEZ
Glitter
Glitter wird gerne von Kindern genutzt, um Weihnachtskarten und –kugeln zu verzieren. Tops Day Nurseries, eine Kinderkrippenkette in Südengland, verzichtet nun komplett darauf – aus Gründen des Umweltschutzes.
Foto von PA Images via Getty Images

Als sich 19 britische Vorschulen entschlossen, keinen Glitter mehr in ihren Kunstprojekten zu nutzen, setzte das eine hitzige Debatte über die möglichen Auswirkungen des Materials auf das marine Leben in Gang. Selbst in Neuseeland wurde darüber diskutiert. Die Entscheidung der Tops Day Nurseries hat zum Ziel, die Einbringung von Plastik in die Ozeane zu reduzieren. Das rief Trisia Farrelly, eine Umweltanthropologin der Massey University in Neuseeland auf den Plan, die ein weltweites Verbot forderte.

„Glitter sollte generell verboten werden, weil es Mikroplastik ist und Mikroplastik immer in die Umwelt gelangt“, sagt Farrelly.

Aber wie groß ist die potentielle Gefahr der funkelnden Plastikteilchen, die in Weihnachtsdekoration omnipräsent sind? Das ist schwer zu sagen.

DAS WESEN DES GLITTERS

Glitter wird aus Plastikplatten gefertigt und in einer Vielzahl von Produkten genutzt, inklusive Kosmetika. Wenn es durch den Abfluss gespült wird, wird Glitter Teil des Plastikmülls im Meer, der als Mikroplastik bekannt ist.

Unter Mikroplastik versteht man Teilchen mit einer Länge unter fünf Millimetern. Man findet sie in den Meeren überall auf der Welt, von der Wasseroberfläche bis zum Grund der Tiefsee. Sie werden von Plankton, Fischen, Schalentieren, Seevögeln und anderen Meereslebewesen aufgenommen. Die Plastikteile sammeln sich im Magen der Vögel, was diese verhungern lassen kann. Wissenschaftler beobachten die Auswirkungen auf Fische und anderes marines Leben mit zunehmender Sorge.

Wissen kompakt: Plastik
Schon früh in der Menschheitsgeschichte kamen Biopolymere zum Einsatz. Heutzutage wird Kunststoff fast ausschließlich aus fossilen Brennstoffen hergestellt. Erfahrt, wie genau Plastik produziert wird und was wir tun können, um die schädlichen Auswirkungen von Kunststoffen auf unseren Planeten und unser Leben zu verringern.

Ein Großteil der Mikroplastikmasse stammt aus zwei Quellen: Plastikmüll, der sich durch UV-Strahlung und Wellenbewegung in flohgroße Stücke zersetzt und Plastikkügelchen, die Kosmetik- und Hygieneprodukten beigefügt werden. Beispiele dafür sind Gesichtsreinigungsmittel und Zahnpasta. Diese winzigen Kügelchen sind nicht abbaubar und werden wahrscheinlich noch hunderte von Jahren in den Ozeanen existieren. Forscher nehmen an, dass in den USA jeden Tag mehr als acht Billionen Mikrokügelchen ins Wasser geschwemmt werden.

Wie viel Glitter allerdings in die Umwelt gelangt und auf welchem Weg, ist bislang unbekannt.

„Für die Anreicherung von Mikroplastik im Allgemeinen gibt es Beweise und Belege durch Laborstudien für die davon ausgehende Gefahr. Speziell für Glitter gibt es dazu nichts“, sagt Richard Thompson, ein Meeresbiologe der Universität von Plymouth im Westen Großbritanniens und führend auf dem Gebiet des Mikroplastiks. „Wir haben 500 Fische aus dem Ärmelkanal untersucht und in rund einem Drittel fanden wir Mikroplastikpartikel. Glitter haben wir jedoch nicht gefunden.“

BELIEBT

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    Alice Horton, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin des britischen Centre for Ecology and Hydrology gab gegenüber der National Geographic an, dass es keine konkrete Datenlage über Glitter gibt. Sie fügt hinzu, dass Studien über die Auswirkungen von Mikroplastik „stark schwankende Ergebnisse aufweisen. Diese sind von der Art und Form der Partikel abhängig, weswegen sich nur schwer prognostizieren lässt, worin mögliche Auswirkungen auf die Umwelt bestehen könnten.“

    IST EIN GENERELLES VERBOT NÖTIG?

    Sowohl Thompson als auch Horton meinen, ein generelles Verbot von Glitter wäre verfrüht angesichts des Mangels wissenschaftlich fundierter Fakten zu diesem Thema. Sie sagen, dass die zunehmende Anhäufung von Mikroplastik in den Meeren nur noch mehr Schaden im marinen Leben anrichten kann. Sie gehen jedoch davon aus, dass gesetzliche Regelungen oder aktiv werdende Hersteller eine effektivere Methode zur Reduzierung sein könnten.

    „Ich denke, wir müssen einen verantwortlichen Umgang mit den Produkten vermitteln, bevor wir zu solch drastischen Maßnahmen wie einem weltweiten Verbot greifen“, sagt Horton.

    Zu diesem Zweck hat Lush Ltd., eine britische Handelskette für Kosmetikprodukte, den Einsatz von Plastikglitter in ihren Produkten gestoppt. Das herkömmliche Material wird aus Polyethylenterephthalat (PET) hergestellt und wurde nun durch synthetisches Mica, mineralischen Glitter und Schimmerpartikel auf der Basis von natürlicher Stärke ersetzt. Das Unternehmen wirbt mit dem Wechsel und weist auf seiner englischsprachigen Internetseite darauf hin, dass Kunden nicht zum Teil des Mikroplastikproblems werden müssen. Jeder kann die Inhaltsstoffe von Kosmetikprodukten überprüfen und so feststellen, ob sie Kunststoffteilchen enthalten.

    Die USA beschlossen im vergangenen Juli ein Verbot der Produktion von Kosmetika und Hygieneprodukten, die Mikrokügelchen enthalten. Das gleiche Gesetz verbietet auch den Verkauf von Kosmetikprodukten mit Mikrokügelchen ab Juli 2018 und den Verkauf rezeptfreier Arzneimittel mit Kunststoffinhalt ab Juli 2019.

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    Kanada hat die Nutzung von Mikrokügelchen im vergangenen Juni verboten. Großbritannien bereitet sich auf ein Verbot im kommenden Jahr vor. In Europa empfiehlt Cosmetics Europe, eine Handelsorganisation, die Kosmetikhersteller repräsentiert, dass die Verwendung von Mikrokügelchen eingestellt wird.

    In Neuseeland lobt Farrelly, dass die Aufmerksamkeit durch das Vorschulverbot nun auch auf Glitter gelenkt wird, insbesondere angesichts der bevorstehenden Weihnachtssaison.

    „Es macht nur einen kleinen Teil des Mikroplastiks aus“, sagt sie. „Mikrofasern sind viel gewichtiger. Aber wenn Glitter im Moment mehr Aufmerksamkeit bekommt, halte ich das für großartig.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

     

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