Diese geniale Idee revolutioniert die weltweite Trinkwasserversorgung

Gegen den Durst: Zwei Magdeburger gewinnen Trinkwasser aus Flüssen und Seen. Die benötigte Energie kommt aus dem Wasser.

Von Benjamin Köbler-Linsner
Veröffentlicht am 21. Feb. 2020, 09:55 MEZ
Testfahrt auf der Elbe: Martin Drewes und Martina Findling wollten mit ihrem Katamaran Strom erzeugen. Als sich das Schaufelrad unter der gelb-schwarzen Haube dafür als zu ineffizient erwies, nutzten die Forscher die Strömungsenergie zur Aufbereitung von Trinkwasser.
Foto von Paulina Hildesheim

Die Welt hat Durst. 2,1 Milliarden Menschen mangelt es an Trinkwasser, so die Vereinten Nationen. Dabei gibt es Wasser im Überfluss; zwei Drittel der Erdoberfläche sind davon bedeckt. Das Problem: Ein Großteil der Wasservorkommen ist nicht genießbar, da salzhaltig oder mit Keimen verunreinigt. Mit moderner Filtertechnik lassen sich diese Stoffe vom Wasser trennen, in Entwicklungsländern scheitert der Einsatz entsprechender Anlagen aber aufgrund des hohen Strombedarfs.

Energie aus der Flussströmung

Das wollen zwei Absolventen der Hochschule Magdeburg-Stendal ändern. Sie fanden eine Lösung, ohne auf fossile Energieträger zurückgreifen zu müssen. Die Betriebswirtin Martina Findling und der Maschinenbauingenieur Martin Drewes entwickeln und vertreiben Filteranlagen, die von der Kraft fließenden Wassers angetrieben werden. „Während meiner Auslandseinsätze bei der Bundeswehr habe ich am eigenen Leib gespürt, wie schwer es sein kann, Zugang zu frischem und ausreichendem Trinkwasser zu haben“, sagt der 40-jährige Tüftler. Bereits während seines Studiums arbeitete Drewes an einer wasserkraftbasierten Anlage, eigentlich, um damit Strom zu erzeugen. Ein Schaufelrad sollte die Kraft der Flussströmung in elektrische Energie umwandeln. Wie sich herausstellte, war diese Methode nicht effizient genug, um nennenswerte Strommengen zu erzeugen. So aber entstand die Idee, mit dem auf einem Floß montierten Schaufelrad Trinkwasser aufzubereiten.

 

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Schwimmendes Kraftwerk

Drewes gründete zusammen mit der Marketing-Fachfrau Martina Findling das Start-up Inflotec. Ihr Produkt heißt Waver, kurz für „wasserkraftbasiertes autonomes Versorgungssystem“. Und so funktioniert es: Ein Riemen überträgt die Bewegungsenergie der Strömung auf eine Kolbenpumpe, die genügend Druck erzeugt, um das Wasser durch ein fünfstufiges Filtersystem zu pressen. „Der Waver ist ein schwimmendes Kraftwerk, das die vom Schaufelrad erzeugte Energie direkt an die Pumpe leitet. Überschüssige Energie können wir als Strom speichern, um damit etwa Handys aufzuladen“, erklärt Projektleiterin Findling. Über einen Schlauch gelangt das gefilterte und mit Mineralien angereicherte Wasser an Land, wo Vorratsbehälter es aufnehmen. „Je nach Filter können wir bis zu 4000 Liter Wasser aufbereiten“, so Findling. Diese Menge reiche zur Versorgung kleinerer Siedlungen aus.

Mobile Aufbereitung

Auch Brackwasser kann mit der aktuellen Technik in Trinkwasser umgewandelt werden, eine Meerwasser-Entsalzungsanlage befindet sich in der Entwicklung. Damit könnte auch reines Meerwasser in Trinkwasser umgewandelt werden. Seit zweieinhalb Jahren beteiligt sich Inflotec gemeinsam mit der kenianischen Nichtregierungsorganisation (NGO) Agrokenya an einem Projekt zur Feldbewässerung. Für diesen Zweck hat Inflotec ein Floß ohne Filter konstruiert, mit dem sich fast 20 000 Liter Wasser am Tag aus dem Fluss pumpen lassen. Alle Anlagen sind für den Einsatz im Katastrophenfall ebenso geeignet wie für den dauerhaften und stationären Betrieb. Die Konstruktion ist ausgelegt auf eine einfache Reparatur, ohne Bedarf an Spezialbauteilen oder -werkzeugen. Das ist vor allem in abgelegenen Gebieten nötig, um einen möglichst unterbrechungsfreien Betrieb sicherzustellen. Die modulare Bauweise der Trinkwasseraufbereitungsanlage führte zur Entwicklung des jüngsten Prototypen in Form einer großen Kiste, genannt Pure Power Block. Der lässt sich mithilfe von Windkraft oder Solarenergie betreiben und auch abseits fließender Gewässer einsetzen. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten und weitere Einsatzbereiche für die mobile Trinkwasseraufbereitung.

 

Dieser Artikel wurde erschien ursprünglich in der Februar-Ausgabe des deutschen National Geographic Magazins.Weitere spannende Artikel über geniale Forscher lesen Sie im National Geographic-Magazin. Jetzt ein Abo abschließen!

 

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