Essen, Trinken, Almabtrieb – ein Tiroler Kulturgut

Die jahrhundertealte Tradition des Almabtriebs, bei der Tausende Rinder am Sommerende ins Tal getrieben werden, ist mittlerweile eine beliebte Touristenattraktion geworden.

Von Danielle Bernabe
Veröffentlicht am 16. Sept. 2019, 16:02 MESZ
Im europäischen Alpenraum werden Kühe von ihren Sommerweiden (oder Almen) in den Bergen hinunter in die ...
Im europäischen Alpenraum werden Kühe von ihren Sommerweiden (oder Almen) in den Bergen hinunter in die Täler getrieben.
Foto von Toni Anzenberger, Anzenberger, Redux

Wenn sich der Sommer in den Tiroler Alpen dem Ende entgegenneigt, versammeln sich bei Sonnenaufgang die jodelnden Hirten, um die verschlafenen Kühe zu Herden zusammenzutreiben. Noch im Schlafanzug zieht es die Dorfbewohner dann hinaus: Mit Besen und Stöcken bewachen sie ihre Einfahrten und leiten verirrte Kühe wieder auf den richtigen Weg.

Jedes Jahr werden im Alpenraum mehr als 100.000 Rinder auf die Almen getrieben, wo sie in den Sommermonaten auf den grünen Wiesen grasen. Aus der Alpenmilch, die sie täglich produzieren, werden Butter, Joghurt und Alpenkäse hergestellt.

Aber es ist die festliche Rückkehr der Herden etwa vier Monate nach dem Auftrieb, die Touristen aus aller Welt anlockt, die an dem Spektakel der Heimkehr teilnehmen und etwas österreichische Kultur erleben wollen.

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Wenn die Kühe heimkehren

Die Almabtriebe in Tirol und den umliegenden Regionen sind eine jahrhundertealte Tradition. Besonders festlich werden sie nur begangen, wenn der Sommer für Mensch und Tier ohne größere Tragödien wie tödliche Unfälle verlaufen ist. Zum Glück ist das oft der Fall, und so versammeln sich die Hirten, Milchbauern, Anwohner und Besucher alle Jahre wieder für die bunten Viehparaden, die von Festmahlen, Musik und Tanz begleitet werden.

BELIEBT

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    Die großen Herden schlendern dann im gemütlichen Tempo die Berge hinab, geschmückt mit bunten Blumenkränzen, schellenden Glocken und teils gewaltigem Kopfschmuck. Im Falle der besonders prächtig geschmückten Kranzkühe kann letzterer auch schon mal einen Meter hoch sein. In den Städten und Dörfern werden sie dann mit Volksmusik und Schuhplattler begrüßt. Eine endlose Kaskade aus kühlem Bier und hausgemachtem Obstler sorgt für beste Stimmung. Einheimische und Besucher tummeln sich auf Bauernmärkten, um frische Erzeugnisse aus der diesjährigen Milch zu erwerben.

    Wenn die Festivitäten ausklingen, kehren die Kühe in ihre Ställe auf den Höfen am Fuße der Berge zurück und für die Dorfbewohner kehrt der Alltag ein. Mit der charakteristischen Küche der Region können Besucher aber das ganze Jahr über den Geschmack des Sommers kosten.

    Regionale Spezialitäten

    Kasspatzln sind eine herzhafte Mahlzeit aus Eiernudeln mit zerlassenem Alpenkäse und Butter mit einem Topping aus gerösteten Zwiebeln. Bei Schlutzkrapfen handelt es sich um halbmondförmige Teigtaschen, die an Piroggen oder Ravioli erinnern. Sie werden mit einer cremigen Kartoffel-Quark-Füllung und einer Sauce aus gebräunter Butter serviert. Für den süßen Gaumen ist Kaiserschmarrn die richtige Wahl. Der in Butter gebratene und zerteilte Pfannkuchenteig wird mit einer Portion warmem Zwetschgenröster serviert.

    Nach ein oder zwei Humpen Bier ist ein Tiroler Marend die perfekte Stärkung: Die Zwischenmahlzeit oder Brotzeit besteht aus verschiedenen Räucherwürsten, Speck, Bergkäse und frisch gebackenem Brot. Serviert wird das Ganze auf einem dicken Holzbrett mit Beilagen wie Schmalz, kalten Bratenscheiben und Radieschen.

    Anreise und Unterkunft

    Agrotourismus ist nicht nur in den Alpen, sondern weltweit auf dem Vormarsch. Der Almabtrieb eignet sich ganz besonders, um einen Einblick in die traditionellen Bräuche und Feste der Alpenkultur zu erhaschen. Von Salzburg oder München aus kann man mit dem Zug oder Auto zum nächstgelegenen Dorf fahren, das diesen Brauch zelebriert. Tirol ist von Salzburg aus etwa anderthalb Autostunden entfernt und gehört zu den beliebtesten Zielen. Dort sind die Dörfer Pertisau, Steeg und Tannheim gute Anlaufpunkte. Für gewöhnlich finden die Almabtriebe zwischen September und Oktober statt. Auf diversen Websites von Tourismusverbänden für den Alpenraum finden sich Listen mit Städten und Terminen für die Feierlichkeiten.

    Besucher können sich mit passender Wanderausrüstung und einem Hirtenstock (ein dünner Ast wird es auch tun) einem Viehtrieb anschließen oder einfach gemütlich neben der Herde herlaufen. Alternativ lässt es sich unten in den Dörfern der Täler gut bei einer Mahlzeit und kalten Getränken auf die Ankunft der Herde warten.

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    Im historischen Bio-Hotel Stanglwirt in der Ortschaft Going am Wilden Kaiser lässt sich die Aussicht auf die Berglandschaft im Wellnessbereich genießen. Außerdem sorgen die über 20 Kühe des Hotels nicht nur beim Almabtrieb für viel Spaß, sondern auch beim Essen im Restaurant mit Fenstern zum Kuhstall. Im Sommer werden geführte Wandertouren auf die Stangl Alm angeboten, wo die Kuhglocken die Gäste nach der Mahlzeit zu einem Besuch beim Kaser rufen.

    Für ein etwas ländlicheres Erlebnis bieten sich die zahlreichen Almhütten der Region an, die zur Vermietung stehen. Das Angebot reicht von rustikalen, jahrhundertealten Bauernhäusern bis zu moderneren Gebäuden mit luxuriöser Einrichtung.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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