Bestand erholt: Diese Thunfischarten sind nicht mehr vom Aussterben bedroht

Erfreuliche Überraschungen und neue Aufgaben: Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat beim World Conservation Congress 2021 die aktuelle Rote Liste der gefährdeten Arten veröffentlicht.

Von Jason Bittel
Veröffentlicht am 7. Sept. 2021, 15:17 MESZ
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Atlantic bluefin tuna school in the Mediterranean Sea off Sardinia, Italy. The species has seen an incredible recovery from overfishing.
Foto von NORBERT WU/ MINDEN PICTURES, Nat Geo Image Collection

Die Nachrichtenlage in diesem Sommer ist alarmierend, um nicht zu sagen: niederschmetternd. Verursacht durch den Klimawandel scheint die eine Hälfte der Welt in Flammen zu stehen, während die andere in Wassermassen versinkt.

Umso erfreulicher ist diese Meldung vom IUCN World Conservation Congress im September 2021 in Marseille, Frankreich: Die Bestände mehrerer wichtiger Thunfischarten konnten sich über die vergangenen Jahre erholen, die Spezies sind nicht mehr vom Aussterben bedroht. Zwei Rote Thuns, ein Gelbflossen-Thun und ein Weißer Thun gelten nicht mehr als stark gefährdet und wurden deshalb von der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) gestrichen. Die unerwartet schnelle Erholung der Arten wird unter anderem dem erfolgreichen Kampf gegen die Überfischung in den vergangenen zehn Jahren zugeschrieben.

Beth Polidoro, Meeresbiologin an der Arizona State University in Tempe, ist seit gut 20 Jahren Teil eines Teams von Spezialisten, das im Auftrag der IUCN den Status von mehr als 60 Tunfisch- und Speerfischarten bewertet. In dem ersten ausführlichen Bericht der Gruppe im Jahr 2011 wurde gemeldet, dass einige Thunfischarten kurz davor stünden, durch den kommerziellen Fischfang ausgerottet zu werden.

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Zehn Jahre später ist Polidoro sehr überrascht von der positiven Entwicklung – und natürlich hocherfreut. „Die gute Nachricht ist, dass nachhaltige Fischerei möglich ist“, sagt Beth Polidoro. „Man kann Fisch essen, ohne dadurch ganze Populationen auszulöschen.“ Gleichzeitig warnt sie, dass die Änderung des Status nicht zu einem Aufweichen der Fangquoten führen dürfe. „Wir müssen so weitermachen, wie bisher”, sagt sie.

Neue Daten zeigen, dass der Rote Thun (Thunnus thynnus), der bisher als stark gefährdet galt, inzwischen als nicht gefährdet eingestuft werden kann. Dasselbe gilt für den Gelbflossen-Thun (Thunnus albacares) und den Weiß-Thun (Thunnus alalunga), die bei der letzten Einschätzung beide noch als potentiell gefährdet kategorisiert wurden.

Auch der Bestand des Südlichen Blauflossen-Thunfischs (Thunnus maccoyii) hat sich erholt: Er ist nun nicht mehr vom Aussterben bedroht, sondern „nur noch“ stark gefährdet. Der Status des Großaugen-Thun (Thunnus obesus) ist unverändert gefährdet.

Konsequente Schutzmaßnahmen retten Thunfisch

Für die meisten Menschen ist Thunfisch ein leckeres Abendessen. Dabei haben diese großen, wunderbaren Kreaturen noch viel mehr zu bieten.

Der Rote Thun beginnt sein Leben als winziges Ei mit einem Durchmesser von einem Millimeter. Innerhalb von 15 Jahren wächst er auf eine Länge von durchschnittlich drei Metern an und erreicht im Schnitt ein Gewicht von 300 Kilogramm. Thunfische sind ausgezeichnete Jäger, die mit Geschwindigkeiten von über 60 km/h durch die Ozeane schnellen und ihre Beute im Ganzen verschlingen.

Trotz dieser beeindruckenden Zahlen ist der Thunfisch gegen die industriell betriebene Hochseefischerei chancenlos. Seit den 1970er Jahren sind Langleinen im Einsatz. An ihren mit Ködern versehenen Haken endeten über Jahre riesige Exemplare des Roten Thuns, die sich zur Paarungszeit im Golf von Mexiko sammelten. Die noch nicht ausgewachsenen, kleineren Thunfische verfingen sich bei der Nahrungssuche vor der nordamerikanischen Ostküste in Ringwadennetzen.

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    Laut Beth Polidoro ist es dem drastischen Senken der Fangquoten und der strengen Durchsetzung dieser Vorgaben zu verdanken, dass sich die Populationen wieder erholen konnten. Außerdem ermögliche die bessere Datenlage genauere Messungen und passgenaues Management.

    Die Kontrolle der Bestandsentwicklung sei allerdings eine komplexe Angelegenheit, da Thunfische große Areale in den Weltmeeren bevölkern und halten im Laufe ihres Lebens zwischen verschiedenen Regionen wechseln.  „Der Gelbflossen-Thun im Indischen Ozean ist für uns zum Beispiel ein Buch mit sieben Siegeln“, erklärt Beth Polidoro. „Wir sind uns nicht sicher, welchen Status die dort lebende Spezies hat, vermuten aber, dass sie überfischt ist.“

    Auch der Bestand des Roten Thuns im westlichen Atlantik sei seit den 1970ern stark geschrumpft und weit davon entfernt, sich vollständig zu erholen, sagt sie.

    Klimawandel bedroht Komodowaran

    Doch zu den guten Nachrichten gesellen sich auch schlechte, denn andere maritime Tierarten sind Forschern zufolge weiterhin in großer Gefahr: So ist inzwischen beispielsweise ein Drittel aller Hai- und Rochenarten weltweit durch Überfischung, Zerstörung von Lebensräumen und den Klimawandel vom Aussterben bedroht.

    Zu den ebenfalls gefährdeten Arten gehört nun auch der Komodowaran (Varanus komodoensis), der durch den Klimawandel besonders bedroht ist. Die größte Echse der Welt ist auf den indonesischen Sundainseln heimisch. Bis zu 30 Prozent ihres Lebensraums könnte in den kommenden 45 Jahren dem steigenden Meeresspiegel zum Opfer fallen – ein Umstand, der die Forscher dazu veranlasst hat, den Status des Reptils von „potenziell gefährdet“ zu „stark gefährdet“ heraufzustufen.

    „Wenn wir den Klimawandel und den Meeresanstieg in Betracht ziehen, werden wohl die meisten Arten, die auf kleinen Inseln leben, bald in ähnlichen Situationen sein“, sagt Achmad Ariefiandy, der als Ökologe für das gemeinnützige indonesische Komodo Survival Program arbeitet. Er war an der Erstellung der Roten Liste nicht beteiligt.

    Doch trotz der sich ankündigenden Gefahr für ihre Existenz sind Komodowarane besser dran als viele andere stark gefährdete Spezies. Laut Achmad Ariefiandy hat die indonesische Regierung bereits im Jahr 2013 ein Programm ins Leben gerufen, dass die Komododrachen retten soll. Regionale und lokale Behörden arbeiten hierfür mit örtlichen Gemeinden, Wissenschaftlern und Nichtregierungsorganisationen zusammen. „Tatsächlich können wir derzeit sagen, dass es ziemlich gut läuft“, sagt er.

    Natürlich gibt es im Artenschutz immer etwas zu tun, und um sicherzustellen, dass sowohl Thunfisch als auch Komodowaran der Erde erhalten bleiben, ist ein hohes Maß an Wachsamkeit nötig. Doch auch wenn die Siege klein erscheinen, sind sie gerade in diesen Zeiten allemal ein Grund zum Feiern.

    Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

     

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