IWC-Austritt: Japan nimmt den Walfang wieder auf

Japan hat seinen Austritt aus der Internationalen Walfangkommission erklärt. Welche Folgen wird das haben?

Von Rachel Fobar
Veröffentlicht am 3. Juli 2019, 15:42 MESZ
Zwergwal Walfang Japan
Zwergwale wie diese, die in einem japanischen Hafen gerade an Land gebracht werden, wurden im Rahmen eines „wissenschaftlichen Forschungsprogramms“ immer wieder Ziel von japanischen Walfängern.
Foto von Kyodo News, Getty

Japan hat sich aus der Internationalen Walfangkommission (IWC) zurückgezogen und den Walfang in seinen Küstengewässern wieder aufgenommen, wie ein Sprecher der Regierung bestätigte. Die Kommission, die aus Regierungsvertretern von 89 Ländern besteht, wurde 1946 gegründet, um Wale zu schützen und den weltweiten Walfang zu regulieren. Im Jahr 1986 erließ sie ein Verbot für den kommerziellen Walfang.

Obwohl Japan als der größte Markt für Walfleisch gilt, beschränkt sich der Pro-Kopf-Verbrauch dort auf etwa 30 Gramm pro Jahr, wie es in einem Bericht des Animal Welfare Institute und der Environmental Investigation Agency heißt.

Laut Astrid Fuchs, der Koordinatorin des Walfangprogramms für die gemeinnützige Organisation Whale and Dolphin Conservation mit Sitz in Großbritannien, sei Japans Austritt hauptsächlich eine politische Entscheidung, die zeigen soll, dass das Land die Ozeane so nutzen kann, wie es ihm beliebt. Fuchs sprach mit National Geographic einige Monate, bevor Japans Entscheidungen offiziell bestätigt wurde.

„Japan hat jahrzehntelang aggressiv für eine gut finanzierte Walfangkampagne geworben, um das globale Verbot für den kommerziellen Walfang aufzuheben“, sagte Kitty Block, die Präsidentin der Humane Society International. „Das war nie von Erfolg gekrönt. Aber anstatt zu akzeptieren, dass die meisten Länder keine Wale mehr fangen wollen, ist Japan jetzt einfach ausgetreten.“

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Da Japan als die führende Stimme der Länder gilt, die sich für den Walfang aussprechen, befürchtet Fuchs, dass sein Rückzug andere Länder wie Südkorea und Russland dazu motivieren könnte, es ihm gleichzutun.

Laut dem Verbot der IWC gibt es eine Ausnahme für Walfang, der wissenschaftlichen Zwecken dient – wenn Biologen beispielsweise die Fortpflanzungsfähigkeit oder den Mageninhalt der Tiere untersuchen oder herausfinden wollen, wie sich Veränderungen der Umwelt auf die Wale auswirken. Schon lange wird Japan vorgeworfen, diese Ausnahmeregelung auszunutzen. Walfänger würden einige Teile der gefangenen Tiere an Wissenschaftler schicken und den Rest für den Verzehr verkaufen.

„Denen gingen das Verbot und der Wille der internationalen Bürger schon lange gegen den Strich“, sagte Block.

Bei der letzten Abstimmung zum jährlichen Treffen der Kommission wurde Japans Vorschlag, den kommerziellen Walfang wieder zu erlauben, abgelehnt.

„Die haben viel Geld darin investiert“, sagte Fuchs. „Teile der Regierung hatten wirklich erwartet, dass sie die Stimmung einiger Länder auf dem Treffen ändern könnten.“

Nach dem Treffen sagten offizielle Vertreter, darunter auch der Vizeminister für Fischerei Masaaki Taniai und Japans IWC-Kommissar Joji Morishita, dass das Land über seinen Rückzug aus der Kommission nachdenken würde – eine Drohung, die Japan bereits in der Vergangenheit ausgesprochen hatte.

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    Fuchs ahnte aber, dass es dieses Mal anders sein würde. „Es klang sehr danach, als würden sie es diesmal wirklich tun“, sagte sie damals.

    Block stimmte zu: „Wenn diese internationalen Treffen nicht so laufen, wie sie es sich wünschen, dann sagen sie, dass sie austreten. Diese leere Drohung sprechen sie schon seit vielen, vielen Jahren aus. Diesmal schien sie aber etwas lautstärker zu sein.“

    Nun, da sich Japan aus der Kommission zurückzieht, kann es nicht länger von der Ausnahmeregelung für den wissenschaftlichen Walfang in internationalen Gewässern Gebrauch machen und müsste seine Walfangaktivitäten auf hoher See demnach einstellen. Laut dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen müssen die Unterzeichner, zu denen auch Japan gehört, durch „die entsprechenden internationalen Organisationen“ für den Schutz von Meeressäuger agieren. Nach rechtlicher Auffassung ist damit gemeinhin die IWC gemeint – selbst, wenn ein Land nicht Teil der Kommission ist. Der einzige Vorteil, den Japan aus seinem Austritt ziehen könnte, besteht darin, dass das Land den Walfang in seinen eigenen Gewässern ohne Kontrolle wiederaufnehmen könnte.

    Davon könnten vor allem die Wale in der Antarktis profitieren. Dort töteten japanische Walfänger allein im Jahr 2016 mehr als 300 Wale, darunter über 200 trächtige Weibchen. Für die Arten in den japanischen Gewässern sieht es allerdings düster aus.

    Besonders der Status der Zwergwalpopulation vor der japanischen Küste sorgt für Bedenken. Zwergwale werden häufig gejagt, da sie in vergleichsweise großer Zahl vorkommen und während der Hochzeit des kommerziellen Walfangs in den Siebzigern nicht so stark dezimiert wurden wie andere Arten.

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    Wenn Japan seine Absichten offener kommunizieren würde, könnte das die Angelegenheit auf gewisse Weise vereinfachen, sagt Natalie Barefoot, eine Juraprofessoren und Expertin für Walfangrecht an der University of Miami.

    „Wir führen im Grunde einen Dialog, bei dem wir so tun, als würden sie wissenschaftliche Forschung betreiben“, sagte sie. „Wenn sie ihre Position ändern und einfach sagen würden, dass sie kommerziellen Walfang betreiben, dann wäre das auf gewisse Weise eine Erleichterung. Dann könnten wir nämlich ein ehrliches Gespräch über ihre Aktivitäten auf dem Meer führen.“

    Japan muss durch seinen Austritt aus der Kommission keine formellen Konsequenzen fürchten. Andere Länder könnten dennoch Sanktionen verhängen und Japan beispielsweise den Zugang zu ihren Gewässern zu Fischfangzwecken verwehren. Außerdem hat Japan im internationalen Dialog über den Walfang nun keine Stimme mehr.

    „Unsere Gemeinschaft wird zunehmend globaler. Deshalb ist es besser, wenn alle an einem Tisch sitzen – selbst, wenn sie unterschiedlicher Meinung sind – und einfach weiter zusammenarbeiten“, so Barefoot. „Das sind globale Probleme, über die wir hier reden, und die müssen wir zusammen angehen.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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