Sojaanbau: Nur ein Bruchteil erfüllt Umweltstandards
Laut einer Untersuchung von Umweltverbänden gibt es gravierende Mängel bei der Umsetzung von Umweltstandards beim Sojaanbau. Bislang seien nur drei Prozent der weltweiten Produktion zertifiziert.
Einst Regenwald, jetzt Ackerland: Drohnenflug über dem brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso.
Die weltweite Sojaproduktion wächst stetig. Wurden vor zehn Jahren noch rund 265 Millionen Tonnen Soja geerntet, sind es inzwischen gut 400 Millionen. Das entspricht einem Wachstum von rund 50 Prozent. Heute wird die Bohne auf rund 130 Millionen Hektar angebaut – auf einer Fläche, die etwa dreieinhalbmal so groß ist wie Deutschland. Brasilien und die USA sind die wichtigsten Produzenten.
Riesige Regenwaldflächen sind in den vergangenen Jahrzehnten dem Sojaanbau zum Opfer gefallen. Grund dafür ist nicht der Veggie-Trend, sondern der Hunger auf Fleisch. Das meiste Soja landet nicht im Tofu-Schnitzel, sondern im Tierfutter.
Umweltschützer fordern deshalb schon lange ein Importverbot von umweltschädlichem Soja. Auch die Europäische Union will den nachhaltigen Sojaanbau vorantreiben. Die seit Juni geltende „EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte“ erlaubt nur dann eine Einfuhr, wenn dafür kein Wald gerodet oder beschädigt worden ist. Zertifizierungen und Nachhaltigkeitssiegel sollen sicherstellen, dass die Bohne nicht auf gerodeten Regenwaldflächen angebaut wurde.
Sojaproduktion: Bedrohung für die Natur?
Die Realität allerdings sieht offenbar anders aus. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von WWF Deutschland und der Weltnaturschutzunion IUCN. Demzufolge gibt es erhebliche Umweltmängel bei der Sojaproduktion. Nur drei Prozent der weltweiten Anbaufläche seien derzeit mit Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert – und selbst die seien oft lückenhaft. Von insgesamt 20 untersuchten freiwilligen Standardsystemen und Richtlinien würden nur wenige die grundlegenden Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.
Laut WWF zeigt dies, „dass die Sojaindustrie weiterhin eine erhebliche Bedrohung für die Natur darstellt“. Die Untersuchung bewertete Kriterien wie Entwaldung, Verlust von Biodiversität, soziale Belange und Rückverfolgbarkeit. Besorgniserregend sei vor allem „die mangelnde Rückverfolgbarkeit, ein Schlüsselaspekt für die Einhaltung der EU-Vorschriften“. Industrie und Handel in Deutschland würden die Probleme bisher größtenteils ignorieren.
„Wir müssen sicherstellen, dass Nachhaltigkeitsversprechen nicht nur Lippenbekenntnisse sind, sondern echten Schutz für die Menschen vor Ort und die Natur bringen“, sagt Maja-Catrin Riecher vom WWF. „Soja kann nachhaltig produziert werden.“ Derzeit stehe der Sojaanbau jedoch immer noch für Entwaldung und Naturzerstörung in vielen Regionen der Welt.
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Sojaanbau in Deutschland
Dass es auch anders laufen könnte, zeigen Anbauinitiativen in Europa. Auch auf deutschen Äckern soll künftig vermehrt Soja gepflanzt werden. Soja aus Deutschland? Für viele Menschen mag das exotisch klingen. Dabei ist der Anbau nicht zuletzt in Baden-Württemberg und Bayern längst Realität.
Noch ist die Ackerfläche mit knapp 45.000 Hektar vergleichsweise gering. Doch sie wächst stetig. 2021 waren es noch 34.000 Hektar, drei Jahre davor 24.000 Hektar. Der Deutsche Sojaförderring, eine Vereinigung von heimischen Sojaproduzenten, erwartet einen mittelfristigen Anstieg auf mindestens 100.000 Hektar. Bislang würden etwa drei Prozent der in Deutschland benötigten Sojabohnen im Land produziert.
Auch in anderen europäischen Ländern wie Italien, Frankreich, Rumänien oder Kroatien ist der Sojaanbau auf dem Vormarsch. Dass die EU-Äcker gentechnikfreie Zone sind, sehen Befürworter als zusätzlichen Vorteil. Insgesamt haben Europas Bauern den Sojaanbau in den letzten zehn Jahren verdreifacht.