Tropisches Rheinland: So heiß könnte es künftig werden
Unerträgliche Hitze. In vielen Städten könnte das zum neuen Normal werden. Schuld daran ist nicht nur der Klimawandel, sondern auch die Art, wie wir bauen. Eine Studie zeigt, was auf das Rheinland zukommen könnte.

Niedrigwasser am Rhein in Köln.
Der 25. Juli 2019 brach alle Rekorde. 41,2 Grad Celsius erfasste der Deutsche Wetterdienst (DWD) an den Messstationen in Duisburg und Tönisvorst in Nordrhein-Westfalen. Waren Temperaturen über 40 Grad vor wenigen Jahren in Deutschland noch fast ausgeschlossen, erreicht das Thermometer inzwischen immer häufiger solche Extreme.
Hitzesommer sind das neue Normal. Und wenn die Temperaturen selbst nachts kaum noch sinken, leiden viele Menschen. Denn der Körper steht dann unter Dauerstress, um seine eigene Temperatur zu halten. Besonders gefährdet sind alte Menschen, chronisch Kranke und Kinder. Laut Robert-Koch-Institut sind 2023 etwa 3.200 Menschen in Deutschland an den Folgen von starker Hitze gestorben.
Die Klimaforschung geht davon aus, dass es in den kommenden Jahrzehnten noch wärmer wird. Vor allem in den Städten. Schuld daran ist nicht nur die fortschreitende Erderwärmung, sondern auch die Art und Weise wie wir wohnen.
Asphalt, Beton, Stahl und Glas: Daraus sind moderne Städte gebaut. Tagsüber speichern diese Materialien die Hitze. Nachts geben sie die Wärme ab. Dichte Bebauung behindert die Luftzirkulation und erschwert die Abkühlung. Verkehr, Industrie und Klimaanlagen erzeugen zusätzliche Hitze. Und dann mangelt es auch noch an Pflanzen, die das Stadtklima durch Verdunstung kühlen könnten. Fachleute sprechen vom Hitzeinsel-Effekt.
Tropisches Klima in Deutschland?
Müssen wir uns auf tropisches Klima in Deutschland einstellen? Wie heiß könnte es in 50 Jahren in den Städten wirklich sein? Und wie sollten die Menschen sich darauf vorbereiten? Um das herauszufinden, hat der DWD eine Klimaprognose für die Stadt Leverkusen erstellt.
Mit ihren knapp 168.000 Einwohnern könnte die kreisfreie Großstadt im Herzen des Rheinlands beispielhaft für viele dichtbebaute Städte stehen. Außerdem ist das Rhein-Ruhr-Gebiet die größte Metropolregion des Landes. Mehr als zehn Millionen Menschen leben dort.
Für seine Klimaprognose setzte der DWD auf computerbasierte Stadtklimasimulationen, die mit Klimadaten aus der Vergangenheit (1971-2000) verglichen wurden. Die Vorhersagen basieren auf dem „Weiter-wie-bisher“-Szenario des Weltklimarats, das eine Welt beschreibt, in der auch künftig vorwiegend fossile Energie genutzt wird.

Mittlere jährliche Anzahl an Heißen Tagen (≥ 30 °C) in Leverkusen.
Hitzetage und Tropennächte: Das Rheinland schwitzt
Fazit: Den Prognosen zufolge wird Leverkusen in den kommenden Jahrzehnten merklich heißer – besonders in den dicht bebauten Stadtteilen. Laut den Klimaberechnungen steigen die Temperaturen schon in naher Zukunft (2031-2060) spürbar. So erwartet der DWD, dass es künftig bis zu 20 richtig heiße Tage mit über 30 Grad pro Jahr geben könnte. Das wären doppelt so viele wie heute.
Auch sogenannte Tropennächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt, könnten deutlich häufiger auftreten, besonders in der Innenstadt. Bis 2100 würden Hitzetage und Tropennächte im Sommer fast zur Regel.
Strategien zur Klimaanpassung
Was also tun? Zunächst einmal: Es ist nicht klar, dass es so weit kommen wird. Die Vorhersagen basieren auf dem Worst-Case-Szenario des Klimarats. Falls sich der Klimaschutz verstärkt, könnten die Auswirkungen weniger drastisch ausfallen. Doch auch unabhängig davon: Es gibt Strategien zur Klimaanpassung.
„Wir sind dem Hitzeinseleffekt nicht schutzlos ausgeliefert“, sagt Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts. Dazu brauche es nicht nur mehr Bäume in den Städten. Auch die alten Baumbestände müssten geschützt werden.
Messner betont: „Mit deutlich mehr Grün, vor allem neuen Bäumen und mehr Verschattung durch außenliegenden Sonnenschutz sowie Dach- und Fassadenbegrünung lassen sich der Aufenthalt im Freien und die Temperaturen in den Wohnungen wesentlich angenehmer gestalten.“
Grüne Städte: Klimakonzept für die Zukunft
Wie das funktionieren könnte, zeigen Modellprojekte in Hamburg, München und anderen Großstädten. Auch Deutschlands größter Ballungsraum soll grüner werden. Lange bestimmten Kohle und Stahl das Leben zwischen Rhein und Ruhr. Nun hat der Regionalverband Ruhr ein Konzept vorgelegt, mit dem die grünste Industrieregion der Welt entstehen soll.
Blühende Innenhöfe, schattenspendende Bäume, Dachgärten und Parkanlagen: Künftig könnte sich ein grünes Mosaik durch viele Innenstädte ziehen. Das nutzt nicht nur Tieren und Pflanzen. Stadtnatur wertet auch das Stadtbild auf und steigert unser Wohlbefinden. Pflanzen produzieren Sauerstoff. Sie speichern Wasser, binden Kohlendioxid, filtern Feinstaub und absorbieren Lärm. Und sie kühlen die Luft im Sommer.
Die Stadt Leverkusen will sich mit einer Klimaanpassungsstrategie für die Zukunft rüsten. Mehr Grün in der City – in Leverkusen soll auch das künftig das neue Normal sein.
